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Männer sind Helden

Männer sind Helden

Titel: Männer sind Helden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Berlin , Jeannette Zeuner
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gehabt, mir die Stadt anzuschauen. Eine Stunde später saßen wir jedoch im Zug nach Örnsköldsvik. Von dort aus brachte uns ein Bus nach Nordmaling, einen kleinen Ort am bottnischen Meerbusen, wo das Seminar stattfinden sollte. Im Bus waren noch vier Deutsche, die, wie sich herausstellte, ebenfalls am Seminar teilnehmen würden. Der eine von ihnen, ein großer Kerl mit Stoppelschnitt und Glubschaugen, hieß Frank Luft, war Geschäftsführer einer großen Werbeagentur und ein Angeber. Er erzählte jedem, dass er 250.000 Euro im Jahr verdiente und sich vor ein paar Tagen ein Haus gekauft hätte, dass er einem alten Rentner für 500.000 Euro abgeluchst hatte. „In Wirklichkeit ist das Ding locker eine Mio wert“, prahlte er, „ich hatte eben schon immer eine gute Nase für Immobilien.“ Außerdem besaß er eine Segeljacht, ein Wochenendhaus auf Sylt und zwei Reitpferde. Frank Luft hatte nicht nur jede Menge Kies, er wusste auch, wo es lang ging. Er organisierte drei Taxen, mit denen wir unser Ziel, ein wunderschönes dunkelrotes Holzhaus, erreichten. Reiner Bommel, der Seminarleiter, kam uns entgegen, um uns zu begrüßen. Er war groß, schlank und hatte graue lange Haare, die er hinten zu einem Zopf zusammengebunden hatte. Er trug ausgewaschene Jeans mit bunten Flicken, ein bis über die Hüften reichendes Opahemd und Jesuslatschen. Unser Zimmer lag im hinteren Teil des Hauses. Die Einrichtung war spartanisch: Zwei Etagenbetten, eine Kommode und eine Waschschüssel. Unsere Klamotten konnten wir in einem Wandschrank unterbringen, der nach Mottenkugeln stank. Da wir nur zu dritt waren, wurde uns ausgerechnet Frank Luft als vierter Zimmergenosse zugeteilt. „Ich schlafe hier oben“, sagte er und schwang sich aufs obere Etagenbett, um seine Matratze zu testen.
    „Ihr werdet jeden Morgen um sechs Uhr geweckt“, erklärte uns Reiner Bommel. „Im Garten sind ein Wasserschlauch und ein Bottich, dort könnt ihr euch waschen und rasieren. Um halb sieben gibt es Frühstück.“
    Dann zeigte er uns die Toilette, die sich in einem Holzhäuschen hinten im Garten befand, und sagte: „Das wäre erst einmal alles. Wir treffen uns in einer Stunde zum Essen im Gemeinschaftsraum.“
    Der Gemeinschaftsraum war genauso karg eingerichtet wie unsere Zimmer. Es gab drei lange Tischreihen mit harten Holzstühlen. Am Kopfende waren zwei Tische quergestellt, an denen Reiner Bommel, zwei sportlich aussehende Typen und eine schlanke Blondine saßen. Die zwanzig Teilnehmer nahmen an den Tischen Platz, lautes Gemurmel erfüllte den Saal. Durch die halbrunden Fenster drang das silbrige Abendlicht zu uns herein. Die Küchenhilfen verteilten das Abendessen. Es gab Julskinka, eine Art Rollschinken, der in Scheiben geschnitten gereicht wurde, und dazu Erbsenpüree und Salzkartoffeln. Bevor wir mit dem Essen begannen, stellte Reiner Bommel uns seine Mitarbeiter vor. Die beiden Typen waren Sportlehrer und hießen Tom und Erik. Sie hatten die Aufgabe, uns körperlich fit zu machen und auf das Überlebenstraining vorzubereiten. Reiner Bommel deutete auf die blonde Frau: „Das ist Eve, unsere Physiotherapeutin.“
    Rudi stieß mich an und wisperte: „Von der würde ich mich auch gerne einmal therapieren lassen.“
    Reiner Bommel sah ihn streng an, dann fuhr er fort: „Eve ist eure Ansprechpartnerin, wenn ihr Muskelverspannungen oder Probleme mit den Gelenken habt.“ Rudi grinste zweideutig. Wir wollten gerade mit dem Essen beginnen, als unser Seminarleiter noch einmal das Wort erbat: „Wir nennen uns hier übrigens beim Vornamen. Ob jemand einen Doktortitel hat oder eine große Firma leitet, interessiert hier niemanden.“
    Rudi, Udo und ich gingen später runter an die Küste, weil wir uns die Beine vertreten wollten. Die anderen Teilnehmer verzogen sich in ihre Zimmer, um zu schlafen, denn fast alle hatten eine anstrengende Reise hinter sich. Als wir das Meer erreichten, war es fast dunkel. Der Mond war aufgegangen und warf sein helles Licht auf die Wasseroberfläche. Wir redeten nicht viel, sondern gaben uns diesem atemberaubenden Anblick hin. Landzungen ragten in die See hinein, und wir sahen kleine und große Inseln, die sich dunkel vom Wasser abhoben, also unbewohnt waren. Es war ganz still, und nach einiger Zeit fühlten wir uns, als habe uns jemand in Trance versetzt.
    In dieser Nacht schliefen wir so gut wie lange nicht mehr. Am nächsten Morgen weckte uns Erik mit seiner Trillerpfeife auf und schickte uns so, wie wir waren, auf die

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