Männer sind Helden
immer noch nicht gemeldet. Mitten in der Woche klingelte es an meiner Tür. Es war Udo: „Irene hat mich mit der Sprechstundenhilfe im Ehebett erwischt. Sie hat im ganzen Haus die Schlösser auswechseln lassen, ich komme also nicht mehr in mein eigenes Haus. Kann ich ein paar Tage bei dir bleiben?“
Ich holte eine alte Matratze aus dem Keller und legte sie neben das Sofa. Nun waren wir also zu dritt. Rudi machte jeden Morgen das Frühstück und kochte für uns, Udo besorgte den Einkauf, und ich wusch unsere Wäsche. Unsere Männerwirtschaft funktionierte wunderbar. Trotzdem wussten wir, dass dieser Zustand nicht von Dauer sein konnte.
„Vielleicht müssen wir uns wirklich ändern“, sagte Udo, als wir in der Küche saßen und die von Rudi frisch zubereiteten Spaghetti mit Thunfischsoße aßen. Er hatte ordentlich viel Knoblauch hineingetan.
„Wie meinst du das?“, fragte Rudi kauend.
„Na ja, es kann ja sein, dass unsere Frauen wirklich unter unserem Machoverhalten leiden.“
Ich füllte meinen Teller ein zweites Mal auf. „Das kann schon sein, aber wie sollen wir das ändern?“
Rudi tupfte sich mit dem Zipfel des Tischtuches den Mund ab. „Ich glaube nicht, dass es einen Sinn hat, aus uns Softies zu machen. Wir müssen einfach wieder richtige Männer werden. Wir sind doch gar nicht mehr wir selbst, oder?“
„Und wie sollen wir das machen?“, fragte Udo.
„Einen Moment“, sagte Rudi und ging nach draußen. Er kam mit einer Broschüre zurück, die er vor uns auf den Tisch legte. „In zwei Wochen findet in Schweden ein sehr interessantes Seminar mit dem Titel „Entdecke den Urmann in dir“ statt. Ich habe mich darüber informiert. Während dieser zehn Tage sollen Männer lernen, ihre Urkraft zurück zu gewinnen. Das Seminar beginnt mit Gruppengesprächen und nicht näher definierten Übungen. Daran schließt sich ein viertägiges Überlebenstraining an.“
„Ein Überlebenstraining?“, fragte ich. „Du meinst, wir werden für vier Tage ohne Wasser und Brot in die Wildnis geschickt?“
Rudi lachte: „Nein, ganz so schlimm wird es nicht sein. Wir bekommen etwas Proviant mit. Ich finde, wir sollten daran teilnehmen. Wenn wir wieder zu Hause sind, werden unsere Frauen uns von einer ganz anderen Seite kennen lernen.“ Während er das sagte, leuchteten seine Augen diabolisch. Udo und ich waren sofort Feuer und Flamme. Rudi versprach, sich um die Buchungen zu kümmern.
Ich teilte nur Frau Rohrbein mit, wo ich mich während der zwei Wochen aufhalten würde. Ich schärfte ihr ein, die Nummer nur in einem Notfall rauszurücken. Die wichtigsten Fälle übergab ich einem Kollegen, die übrigen Sachen konnten auch vierzehn Tage warten.
Mein einziges Problem waren Tiffany und Audrey. Leider war keiner aus meinem Bekanntenkreis dazu bereit, die Katzen aufzunehmen. Entweder waren sie selbst im Urlaub, hatten keine Zeit oder eine Katzenallergie. Wenn man Freunde schon einmal braucht. Schließlich brachte ich sie zu meinen Eltern, obwohl meine Mutter protestierte: „Die Katzenhaare werde ich nie aus dem guten Teppich herausbekommen.“
Dann saß ich zwei Stunden vor meinem Kleiderschrank und überlegte, was ich mit nach Schweden nehmen sollte. Zwar waren die Temperaturen schon ordentlich gestiegen, trotzdem würden die Nächte kalt sein. Ich steckte mir neben Jeans und T-Shirts also zwei dicke Pullover und eine Regenjacke ein. Das viertägige Überlebenstraining bereitete mir Kopfzerbrechen. Sollte ich meine alte Anglerausrüstung einpacken? Oder ein Zwölferpaket Zündhölzer? Oder mein altes Klappmesser, mit dem ich schon als kleiner Junge Flitzbogen geschnitzt hatte? Schließlich entschied ich mich für das Klappmesser, das musste reichen. Aftershave und Eau de Toilette ließ ich Zu Hause, denn wenn es darum ging, zu den Wurzeln zurückzukehren, war es bestimmt angesagt, nach Schweiß und Leder zu riechen.
Rudi, Udo und ich saßen in der Cafeteria am Flughafen und tranken eine Tasse Kaffee. Wir hatten bereits eingecheckt, unsere Maschine nach Stockholm ging in zwanzig Minuten. Wir waren alle drei nervös, immer wieder überprüften wir, ob wir auch unsere Tickets und Bordkarten mit dabei hatten. Trotzdem waren wir gespannt auf das, was uns erwartete. Die Frauen hatten sich nicht mehr gemeldet, aber das war uns auch egal. Als sich die Boing in die Lüfte erhob, waren wir auf dem Weg zu einer neuen Männlichkeit.
Leider war unser Aufenthalt in Stockholm sehr kurz, ich hätte nämlich große Lust
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