Maenner und andere Katastrophen - Roman
mir jetzt an nichts mehr fehlt«, sagte Susanna. »Komm, ich zeig dir das Haus.«
Alle Zimmer blinkten nur so vor Sauberkeit, waren aber ungefähr so reizvoll wie der Garten. Nur im Schlafzimmer überraschte ein modernes Bett im japanischen Stil mit einer schwarz überzogenen Matratze.
»Ein Wasserbett?«, fragte ich seltsam pikiert, als Susanna auf der Matratze auf- und abwippte.
Susanna nickte stolz. »Das ist super, das glaubst du nicht.«
Da hatte sie recht. Ich glaubte nicht, dass irgendetwas, was man mit Bruno auf einem Wasserbett tun konnte, weniger schlimm war, als das Hirn aus einem gekochten Hasenkopf zu schlürfen.
Ach, Susanna!
»Komm, ich zeig dir noch das Gästezimmer«, sagte Susanna, und ich nahm meinen Rucksack und folgte ihr in den Keller.
Das Gästezimmer lag neben einem Hobbykeller, in dem Bruno Schmetterlinge und Käfer präparierte und auf Nadeln aufgespießt hinter Glas verwahrte.
»Die sind ein Vermögen wert«, sagte Susanna mit Stolz in der Stimme.
Ich schlurfte kommentarlos weiter zum Gästebett nach nebenan. Es stand weit genug vom Wasserbett und dem, was darauf passieren mochte, entfernt, und das war mir nur recht.
Als die Hausführung beendet war, scheuchten wir Bruno vom Sofa auf, um als Trio das örtliche Tabaksfest mit unserer Anwesenheit zu beehren.
Zu meiner großen Freude gab es dort einen Flohmarkt. Ich liebe Flohmärkte. Beinahe meinen ganzen Hausrat hatte ich auf diesen Märkten zusammengekauft. Aber der Flohmarkt hier war etwas ganz Besonderes. Die Leute nahmen horrende Summen für ausgediente Dampfbügeleisen, elektrische Rührgeräte, Barbiepuppen und Benjamin-Blümchen-Kassetten, wogegen sie einem die wirklich tollen Sachen beinahe hinterherschmissen.
Als ich das begriffen hatte, kaufte ich wie besessen einen wunderschönen Siphon aus echtem Kristall, ein nostalgisches Küchenbord mit Handtuchhalter, ein altes Spitzenunterhemdchen, ein Märchenbuch der Brüder Grimm von 1928 und eine blau-weiße Porzellandose, auf der »Mehl« stand. Ich wusste mich vor Freude nicht zu fassen.
In einer Bücherkiste unter einem Stand mit sündhaft teuren alten Toastern und Tischlampen fand ich schließlich ein ledergebundenes, verschlissenes Bändchen mit dem verheißungsvollen Titel: »Hexenbräuche und -sitten«. Ich blätterte es flüchtig durch und sah, dass es tatsächlich Rezepte und Zaubersprüche enthielt. Wie eine Hexe ihren Liebsten für alle Zeiten an sich bindet, wie eine Hexe ihre Haare frei von Grau hält, wie eine Hexe eine Rivalin aus dem Feld schlägt. Ich wollte das Buch unbedingt haben.
»Wie viel?«, fragte ich den Mann, der die Toaster bewachte, und hielt ihm das Bändchen unter die Nase.
»Zweefuffzisch«, sagte der.
»Gut«, sagte ich hastig, obwohl man doch auf Flohmärkten aus Prinzip immer feilschen soll.
»Zweefuffzisch für das gammlige Buch?«, empörte sich Bruno neben mir. »Do hinne hat's viel dickere Bücher für fuffzisch Pfennige.«
Ich zitterte innerlich vor Angst, dass er den Händler verärgern könnte oder dass der doch noch den wahren Wert des Buches erkennen und es für sich behalten könnte. Deshalb hielt ich ihm flehentlich das Geld hin.
»Wir geben keinen Pfennig mehr als fünfzig«, sagte Bruno dessen ungeachtet.
»Zwei Mark«, lenkte der Händler ein.
»Fuffzisch«, sagte Bruno und zog drohend die Nase hoch.
»Eine Mark fünfzig«, sagte der Händler, auf seine Ehre bedacht. »Das ist Leder.«
»Gut, ich nehm's«, rief ich verzweifelt. Wer hätte nicht auch zehn oder zwanzig Mark oder seine linke Hand dafür gegeben zu erfahren, wie man seinen Liebsten ewig an sich bindet?
»Fuffzisch, und keinen Pfennig mehr«, beharrte Bruno. Ich verstand jetzt, wie er es in so jungen Jahren zu einem repräsentativen Wohneigentum hatte bringen können.
»Eine Mark«, beharrte der Händler, »wenn sie's doch bezahlen will.«
»Die kommt nicht von hier, aber deshalb könnt ihr sie noch lang nicht übers Ohr hauen«, sagte Bruno. »Fünfzig ist mein letztes Wort.«
»Also gut«, gab der Händler nach und klaubte fünfzig Pfennig von meiner schweißnassen Handfläche.
»Ich drückte das Buch dankbar an meine Brust, obgleich ich mir ein bisschen schäbig vorkam, weil ich Bruno erlaubt hatte, den Preis derart zu drücken. Es sah allerdings nicht so aus, als würde der Händler deswegen gleich am Hungertuch nagen. Das Geschäft mit Toastern und Tischlampen lief nämlich ganz ausgezeichnet.
Bruno und Susanna konnten nicht verstehen, weshalb
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