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Maenner und andere Katastrophen - Roman

Maenner und andere Katastrophen - Roman

Titel: Maenner und andere Katastrophen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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jedem Fall auf ihn zu warten.
    In Holgers Wohnung roch es modrig.
    Da er tagsüber in der Regel schlief und erst am späten Nachmittag zum Basketballtraining ging oder Taxi fuhr, wenn er ausnahmsweise ein Seminar an der Sporthochschule besuchte, waren vor den Fenstern schwarze Jalousien angebracht, die jegliches Tageslicht abhielten. Das war im Sommer ganz angenehm, im Winter konnte es sehr deprimierend sein.
    Von Rechts wegen hätten hier nur Flechten und Moose gedeihen dürfen, aber in einem Winkel vegetierte seit Jahren eine Yuccapalme in einem schwarzen Übertopf vor sich hin, die wider jedes Naturgesetz immer noch grüne, wenn auch mit einer dicken Staubschicht überzogene, Triebe hatte.
    Möbel gab es nicht allzu viele. In der Wohnküche standen ein schwarzes Sofa, ein selbstgebauter, schwarzer Tisch, dessen Platte mir bis unters Kinn reichte, und zwei schwarze Barhocker. Holger duldete keine andere Farbe in seiner Umgebung. Er hatte sogar die Küchenzeile schwarz lackiert, und nachdem ich ihn in Susannas Kunst des Wäschefärbens unterrichtet hatte, waren auch die Küchentücher schwarz geworden.
    Die Wohnung war in keinem guten Zustand. Überall lagen Klamotten rum, in der Spüle stand das Geschirr der letzten drei Wochen, im Bad hatte seit Monaten niemand mehr durch das Waschbecken gewischt, und auf dem Boden watete man knöcheltief durch Müll.
    Ich musste an Susanna und an Rotznasen-Brunos properes Häusle denken und wurde plötzlich von einem irrsinnigen Putztrieb erfasst. Zuerst zog ich die Jalousien hoch und riss die Fenster auf, um den modrigen Geruch aus der Wohnung zu vertreiben. Anschließend nahm ich mir den Geschirrberg vor, widmete mich ausgiebig dem verkrusteten Herd, räumte alle Klamotten, Zeitschriften und Schuhe an Ort und Stelle, fegte den Schmutz gleich kehrblechweise zusammen, scheuerte Badewanne, Klo und Waschbecken, polierte Armaturen, wienerte Spiegel, staubte Bilderrahmen und Fensterbänke ab und wischte zum Schluss den Fußboden feucht.
    Als ich mir anschließend das Schlafzimmer vornehmen wollte, entdeckte ich eine riesige Spinne an der Wand, direkt über dem Bett. Es war eine dunkelbraune von der haarigen, huschenden, handtellergroßen Sorte. Na, vielleicht war die hier nicht ganz handtellergroß, aber auf jeden Fall zu groß, um sich im selben Raum mit mir aufzuhalten.
    Ich schloss die Tür deshalb ganz schnell wieder und ließ, statt dem Schlafzimmer die gleiche Behandlung zukommen zu lassen wie dem Rest der Wohnung, heißes Wasser in die frisch gescheuerte Badewanne ein, um den Dreck der letzten Tage von mir abzuwaschen. Ich summte ein Lied und freute mich auf Holger wie selten zuvor in meinem Leben.
    »Lieber Gott im Himmel drin, danke, dass ich hier jetzt bin, und verschon mich alle Zeit vor den Brunos weit und breit«, sang ich, als Holger die Wohnungstür aufschloss und überwältigt auf der Schwelle stehen blieb.
    Er freute sich in angemessener Weise über den ungewohnten, frischen Duft, die blankgescheuerten Oberflächen und den von Algen, Moosen und Kleinstlebewesen befreiten Fußboden.
    Er freute sich auch, mich zu sehen. Ganz besonders freute er sich, mich in der Badewanne anzutreffen.
    Aber als er mit mir ins Schlafzimmer gehen wollte, fiel mir die Spinne wieder ein. Holger gruselte sich beinahe noch mehr als ich, als er das Untier sah. Es saß immer noch an der gleichen Stelle auf der weißen Wand, direkt über dem Bett.
    »Was machen wir jetzt?«, fragte Holger und schüttelte sich angeekelt.
    »Wir könnten sie wegsaugen, wenn du einen Staubsauger hättest«, flüsterte ich.
    »Oder wir könnten den Zoo anrufen«, sagte Holger.
    Dann kam ihm eine andere gute Idee. Er holte das Eau de Toilette im Zerstäuber aus dem Bad, das ich ihm zu Weihnachten geschenkt hatte, und wollte die Spinne damit betäuben. Zu diesem Zweck musste er sich dem Vieh aber schon ziemlich weit nähern.
    »Du bist so mutig«, versuchte ich ihn voll ehrlicher Bewunderung anzuspornen.
    »Ich weiß«, meinte Holger, zielte und sprühte eine Ladung Egoiste an die Tapete, sodass das Spinnentier zusammenzuckte und ungeheuer schnell an der Wand entlanghuschte.
    Holger und ich schrien vor Angst in den höchsten Tönen. Während ich mich aber geistesgegenwärtig mit einem Sprung aus dem Zimmer in Sicherheit bringen konnte, blieb Holger vor Schreck gelähmt stehen, wo er war. Er hatte unwahrscheinliches Glück, dass die Spinne ihn nicht angriff, sondern nach einem Meter wieder still an der Wand

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