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Maenner wie Tiger

Maenner wie Tiger

Titel: Maenner wie Tiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Catto
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fuhr Harry fort. »Er konnte nicht, jetzt weiß ich’s. Armer Kerl! Vielleicht auch wollte er sich opfern und wählte diesen Weg. Er sagte: ›Sie übernehmen das Flugzeug, ich übernehme den Lastwagen.‹«
    Harry schwieg. Der Oberst drängte: »Wie aufregend! Wollen Sie einen Drink, Senhor?«
    »Nein.«
    »Bitte, erzählen Sie doch weiter!«
    »Ich fragte Miguel: ›Was wird aus dir? Was nachher?‹ Und er sagte: ›Ich verstecke mich im Wald. Vielleicht brennen sie den auch noch nieder. Aber machen Sie sich meinetwegen keine Sorgen. Es geht alles in Ordnung. Für Sie ist’s schwieriger.‹ Er sah jetzt besser aus, glücklicher und seiner selbst sicher. Ich fühlte mich nicht so sicher, denn was er mit dem Lastwagen vorhatte, war nicht einfach. ›Leb wohl, Miguel!‹ sagte ich, und wir bestiegen das Flugzeug. Die Mädchen verstaute ich möglichst weit hinten. Falls etwas schiefginge, sollten sie mir nicht Angst in den Nacken atmen.«
    Wieder ließ der Oberst seiner Phantasie freien Lauf: Er sah das Flugzeug vor sich, diesen alten Packesel, einsam auf der Piste, er sah Harry auf ein Startzeichen warten. Wenn aber die Motoren nicht anspringen (ich glaube, das kann vorkommen?), nun, dann gute Nacht! Wohin sollen sie laufen? Aber der Lastwagen und Miguel, der Junge mit dem ausgeschlagenen Auge … Was geschieht mit dem Lastwagen?
    »Miguel war bereit. Ich sah ihn noch im Fahrerhaus, er winkte. Dann startete er und schoß los, energisch und schnell. Ich ließ ihn auf der Piste voranfahren, und als ich ihn schon fast aus den Augen verlor, startete ich die Motoren. Nur drei. Der vierte spuckte und wollte nicht anspringen. Ich ließ es bleiben. Die drei anderen funktionierten, waren noch warm, weil Miguel an ihnen gearbeitet hatte. Ich glaubte, die Kiste auch mit nur drei Motoren rasch hochziehen zu können – unbeladen, wie sie war, und mit den Passagieren im Heck. Wir rollten auf der Piste hinter dem Lastwagen einher. Ich sah, wie er sie leerfegte. Mit dem Stoßfänger knallte er gegen ein Ölfaß nach dem andern und stieß sie fort. Wie Kanonen krachten die Fässer. Und der Lastwagen kurvte nach links und nach rechts – die Fässer standen nämlich gestaffelt – und traf sie: peng, peng, peng. Miguel, guter Junge, dachte ich. Ich darf nicht Vollgas geben, damit ich den Lastwagen nicht überhole, bevor wir noch aufsteigen.
    Im Camp hatten sie den Motorenlärm gehört und rannten schon hinter uns her. Wenn sie uns erwischen, dachte ich, und die Schwanzflossen festhalten, werde ich nicht hochziehen können. Entweder der Teufel oder die tiefe blaue See – etwas anderes gibt es nicht. Zu allem Überfluß kroch noch die eine, Dolores, nach vorn, hockte sich hinter mich und machte mich wild vor Zorn.«
    »Zweifellos wollte sie Ihnen Mut zusprechen?«
    »Ach was, Mut! Den brauchte ich nicht, am allerwenigsten von ihr. Beinahe hätte sie damit alles verdorben. ›Fort mit dir!‹ schrie ich. »Verdammtes Luder! Keuch mir nicht in den Nacken!‹ – ›Ich hab’ keine Angst‹, sagte sie strahlend, dieses Luder! ›Ich aber!‹ brüllte ich zurück. So war’s auch. Herr Jesus Christus! Angst hatte ich. Ich rollte hinter dem Lastwagen dahin, sah ihn die Fässer umstoßen wie Kegel und fürchtete, die Männer könnten uns einholen. Angst, ja Angst hatte ich! Und Dolores hockte hinter mir und sah mich an. Da schlug ich ihr mit meinem Handrücken ins Gesicht, sie fiel nach hinten, und damit hatte ich diesen Ärger los. Schließlich hatten wir der Mädchen wegen schon genug durchgemacht. Jetzt konnte sie mir nicht mehr in den Nacken atmen.«
    Harry hielt inne. Diesmal nahm er den angebotenen Drink.
    »In wenigen Sekunden werden wir uns vom Boden erheben, sagte ich mir. Der Lastwagen macht seine Sache gut. Gefährlich wird’s nur, wenn ein Faß nicht wegrollt oder wenn Miguel eines übersieht. Aber er stieß mit Schwung gegen sie und räumte uns die Piste.«
    »Verzeihung, Senhor, nur ein Wort. Ihre Erzählung nimmt mich zwar ganz gefangen, aber ich möchte Sie doch fragen: Glauben Sie an Gott?«
    »Ob ich was?«
    »Ob Sie einen Gott haben, zu dem Sie beten. Muß in solchen Situationen der Mensch nicht beten?«
    »Um Gottes willen!«
    »Ja, um seinetwillen. Das Gebet entlastet doch. Aber erzählen Sie weiter, bitte!«
    »Wir lösten uns vom Boden. Sie stieg prächtig, diese alte Maschine. Ich sagte mir: Hoffentlich kann ich unverzüglich das Fahrgestell einziehen. Wenn ich den Lastwagen zu rasch überhole, werde ich einen

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