Männersache Rasieren - Handbuch für den Rasur-Aficionado (German Edition)
einzelnen Personen und hängen von Faktoren ab wie: Dicke, Festigkeit, Anzahl der Haare, Länge der Haare, Vorbereitung (Dauer, Methode), Rasiertechnik, Empfindlichkeit der Haut usw. – und natürlich von der Schnitthaltigkeit der verwendeten Klinge. Wie im Kapitel über die Schärfe schon genannt, bezeichnet diese das Ausmaß, zu dem die Schneidefähigkeit einer Klinge beim Gebrauch erhalten bleibt. Die Zeit bis zum Wegwerfen einer Rasierklinge kann ohne Weiteres zwischen drei Tagen und zwei Wochen liegen.
Stumpf werdende Klingen verschiedener Hersteller verhalten sich sehr unterschiedlich. Einige gleiten einfach nur noch über den Bart und rasieren nicht mehr, andere beginnen zu rupfen, zu kratzen, zu hoppeln oder lassen Blut fließen. Ziemlich sicher hängt das damit zusammen, zu welchem Grad sich im Laufe der Zeit eine mikroskopische Zahnung bildet: Es brechen im Gebrauch immer mehr einzelne Stellen aus, wodurch erst eine Zahnung, dann eine breitere ("stumpfere") Schneide entsteht. Wie dieser Prozess im Detail ausfällt, das hängt von der genauen Beschaffenheit des Klingenmaterials ab – daher auch die großen Unterschiede zwischen den verschiedenen Klingen.
Um sich vorzustellen, welcher Abnutzung eine Klinge ausgesetzt ist, muss man wissen, dass Barthaare eine Dicke von 0,04 bis 0,12 mm erreichen, also mitunter dicker sind als eine Rasierklinge, die heutzutage meist 0,1 mm dick ist (ich habe beides nachgemessen). Die Zugfestigkeit eines Haares liegt bei ca. 2 Newton und hat damit einen vergleichbaren Wert wie Stahldraht gleicher Dicke (400 N/mm 2 ). Allerdings ist dieser Vergleich etwas geschummelt, denn die Haare werden ja nicht abgerissen (ein Glück), sondern seitlich geschnitten. Und dabei kommt es weniger auf die Zugfestigkeit, sondern eher darauf an, dass die Haare weicher sind als der Stahl der Klinge. Daher belasten Metalldrähte die Schneide wesentlich stärker als Haare es tun (ich habe auch das ausprobiert [10] ).
Es ist unglaublich schwierig, subjektiv einzuschätzen, wann eine Klinge stumpf geworden ist (siehe dazu auch die Beschreibung der Blindtests auf Seite 276 ). Merkmale, an denen man stumpf gewordene Klingen erkennt, sind folgende: Man hat andauernd das Gefühl, fester aufdrücken zu müssen, was natürlich bekanntlich nichts bringt außer erhöhter Schnittgefahr. Manchmal merkt man auch erst nach der Rasur, dass es trotz drei Durchgängen einfach nicht gründlich wurde. Bei einigen Klingentypen spürt man ein vermehrtes Ziepen an den Haaren, darauf sollte man sich aber nicht verlassen, denn einige Klingen erscheinen im Laufe der Zeit sanfter. Übrigens ist das ein Grund, weshalb einige Männer das Klingenwechseln etwas hinauszögern: Bei einer neuen Klinge kann es wieder deutlich rauher werden. (Ohnehin sind die mittleren Rasuren eines Klingenlebens die saftigsten. Dieser Zeitraum wird vielleicht durch den Blademaster und ziemlich sicher durch das Wenden von Klingen verlängert; mehr dazu ab Seite 272 .) Allerdings können stumpfe Klingen selbst dann zu Rötungen führen, wenn man die Rasur selbst noch völlig in Ordnung findet.
Ich habe mir daher zur Regel gemacht, die Klinge (mit Ausnahme der Feather und der Rotbart) jeden Montag zu wechseln, denn andernfalls geht es wie bei der Zahnbürste: im morgendlichen Tran merkt man viel zu lange überhaupt nicht, wie weit sie schon heruntergekommen ist. Sonntags zu wechseln funktioniert bei Vielen nicht gut, weil da manchmal der Rasierer trocken bleibt.
Ich weiß, dass Viele ihre Klingen länger nutzen als ich. Das liegt vielleicht daran, dass sie länger mit Seifenschaum einweichen als ich, aber vielleicht liegt es auch an meiner Einstellung. Denn mein Rat ist: Wechsele die Klinge lieber zu oft als zu selten. Das Rasieren soll Spaß machen und keine Mutprobe sein. Während man bei Systemklingen vielleicht auch aufs Geld sehen sollte, fällt dieses Argument bei den klassischen zweiseitigen Klingen weitgehend weg.
Natürlich ist keine Regel ohne Ausnahme, und so gibt es manchmal in Einzelfällen die Situation, dass eine Klinge in eine Art "Flow" kommt und dann, wenn sie eigentlich stumpf geworden sein sollte, auf einmal besonders gut und sanft zugleich schneidet. Oft passiert das, nachdem man sie einmal gewendet hat. In diesem Zustand sollte man sie keinesfalls ausmustern, sondern weiterbenutzen, bis der Flow wieder aufhört. Es kann gut sein, dass nur eine der beiden Klingenschneiden in diesen Zustand
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