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Maerchen Fuer Kinder

Titel: Maerchen Fuer Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Christian Andersen
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Alltagsnatur zu einer begabten ist immer ein Übergang, und so muß er bei dem Schreiber in das Auge fallen.
    »Der herrliche Duft!« sagte er; »wie erinnert er mich an die Veilchen bei der Tante! Ja, das war, als ich ein kleiner Knabe war! Daran habe ich seit langer Zeit nicht gedacht; das gute, alte Mädchen, sie wohnte dort herum hinter der Börse. Immer hatte sie einen Zweig oder ein paar grüne Schößlinge im Wasser, der Winter mochte so streng sein wie er wollte. Die Veilchen dufteten, während ich die erwärmten Kupferdreier gegen die gefrorene Fensterscheibe legte und Gucklöcher machte. Das war ein hübscher Anblick. Draußen lagen die Schiffe eingefroren, von der ganzen Mannschaft verlassen, eine schreiende Krähe bildete die ganze Besatzung; wenn die Frühlingslüfte wehten, dann wurde es lebendig, unter Gesang und Hurraruf sägte man das Eis entzwei, die Schiffe wurden geteert und getakelt, dann fuhren sie nach fremden Ländern. Ich bin hier geblieben und muß immer bleiben, immer auf der Polizei sitzen und die andern Pässe zu den Reisen nach dem Auslande nehmen sehen, das ist mein Loos! Ach ja!« seufzte er tief, dann hielt er plötzlich an. »Wie ist mir denn! So habe ich früher nie gedacht und gefühlt, das muß die Frühjahrsluft sein, das ist ebenso ängstlich wie angenehm!« Er griff in die Tasche nach seinen Papieren. »Diese geben mir etwas anderes zu denken!« sagte er, und ließ die Augen über das erste Blatt hingleiten. »Frau Sigbrith, Trauerspiel in fünf Aufzügen,« las er, »was ist das, und das ist ja meine eigene Hand? Habe ich dieses Stück geschrieben? ›Der Scherz auf dem Walle, oder der Bußtag, Lustspiel.‹ – Aber wo habe ich das bekommen? Man muß mir das in die Tasche gesteckt haben; hier ist ein Brief!« Der war von dem Unternehmer einer Volksbühne, die Stücke waren verworfen und der Brief war durchaus nicht höflich abgefaßt. »Hm! hm!« sagte der Schreiber, und setzte sich auf eine Bank nieder; seine Gedanken schweiften in die Ferne; sein Herz war weich; unwillkürlich ergriff er eine der nächsten Blumen. Es war eine gewöhnliche kleine Gänseblume; was uns die Naturforscher erst durch manche Vorlesungen sagen, verkündete sie in einer Minute; sie erzählte von ihrer Geburt, von der Kraft des Sonnenlichts, welches die feinen Blätter ausspannte und sie zum Duften zwang; da gedachte er der Kämpfe des Lebens, die gleichfalls Gefühle in unserer Brust erwecken. Luft und Licht sind die Liebhaber der Blume, aber das Licht ist der begünstigte, nach dem Licht wendete sie sich, verschwand dieses, so rollte sie ihre Blätter zusammen, und schlief in der Umarmung der Luft ein. »Das Licht ist es, was mich schmückt!« sagte die Blume. »Aber die Luft läßt Dich atmen!« flüsterte die Dichterstimme.
    Dicht dabei stand ein Knabe und schlug mit seinem Stocke in einen morastigen Graben; die Wassertropfen spritzten zwischen die grünen Zweige hinauf und der Schreiber gedachte der Millionen Tierchen, die in dem Tropfen in die Höhe geschleudert wurden, was nach ihrer Größe für sie dasselbe war, was es für uns sein würde, bis hoch über die Wolkenregion emporgewirbelt zu werden. Indem der Schreiber daran dachte und an die ganze Veränderung, die mit ihm vorgegangen war, lächelte er: »Ich schlafe und träume! Merkwürdig ist es gleichwohl, wie man natürlich träumen und doch wissen kann, daß es nur ein Traum ist. Möchte ich mich doch morgen seiner entsinnen können, wenn ich erwache; nun scheine ich ganz ungewöhnlich aufgelegt zu sein! Ich habe eine klare Anschauung von allem, fühle mich so aufgeweckt, aber ich bin sicher, daß wenn ich morgen etwas davon behalten habe, so ist es dummes Zeug, das ist mir schon früher begegnet! Es geht mit allem Klugen und Prächtigen, welches man im Traum sagt und hört, wie mit dem Gelde der Unterirdischen; indem man es erhält, ist es reich und herrlich, aber bei Tage besehen, sind es nur Steine und vertrocknete Blätter. Ach,« seufzte er ganz wehmütig und betrachtete die singenden Vögel, die fröhlich von Zweig zu Zweig sprangen, »die haben es weit besser als ich! Fliegen, das ist eine herrliche Kunst, glücklich der, welcher damit geboren! Ja, könnte ich mich in etwas verwandeln, dann möchte ich eine kleine Lerche sein!«
    In demselben Augenblick flogen Rockschöße und Ärmel in Flügel zusammen, die Kleider wurden zu Federn und die Galoschen zu Klauen; er bemerkte es ganz wohl und lachte innerlich. »So, nun kann ich

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