Maerchen Fuer Kinder
da lag er auf dem obersten Brette im Dampfbade, aber er lag da mit allen Kleidern, mit Stiefeln und Galoschen; die heißen Wassertropfen von der Decke fielen ihm ins Antlitz.
»Hu!« schrie er, und fuhr herab, um ein Sturzbad zu nehmen. Der Aufwärter stieß einen lauten Schrei aus, wie er den angekleideten Menschen darin erblickte.
Der junge Mann hatte indes so viel Fassung, daß er ihm zuflüsterte: »Es gilt eine Wette!« Aber das erste, was er that, als er sein eigenes Zimmer erreichte, war, daß er sich ein großes spanisches Fliegenpflaster in den Nacken und eins den Rücken hinab legte, damit die Verrücktheit herausziehen könne.
Am nächsten Morgen hatte er einen blutigen Rücken, das war alles, was er durch die Galoschen des Glückes gewonnen hatte.
V. Die Verwandlung des Schreibers.
Der Wächter, den wir sicher noch nicht vergessen haben, gedachte inzwischen der Galoschen, die er gefunden und mit nach dem Hospital hinausgebracht hatte; er holte sie ab, aber da weder der Leutnant noch sonst jemand in der Straße sie als die seinigen anerkennen wollte, wurden sie auf die Polizei abgeliefert.
»Es sieht aus, als wären es meine eigenen Galoschen,« sagte einer der Schreiber, indem er das gefundene Gut betrachtete und sie an die Seite der seinigen stellte. »Da gehört mehr als ein Schuhmacherauge dazu, um sie von einander unterscheiden zu können!«
Ein Diener, der mit einigen Papieren hereintrat, rief ihn.
Der Schreiber wendete sich um und sprach mit dem Manne; nachdem das aber geschehen war und er wieder die Galoschen ansah, war er in großer Ungewißheit darüber, ob es die zur Linken oder die zur Rechten seien, die ihm gehörten.
»Es müssen die sein, die naß sind!« dachte er, aber es war gerade verkehrt gedacht, denn das waren die des Glückes; aber weshalb sollte nicht auch die Polizei fehlen können! Er zog sie an, steckte seine Papiere in die Tasche und einige Schriftstücke unter den Arm, die zu Hause durchgelesen und abgeschrieben werden sollten; aber nun war es gerade Sonntag Vormittag und das Wetter gut, »ein Ausflug nach Friedrichsburg könnte mir wohlthun!« dachte er, und so ging er hinaus.
Niemand konnte ein stillerer und nüchternerer Mensch sein, als dieser junge Mann, wir gönnen ihm darum diesen kleinen Spaziergang wohl, er wird nach dem vielen Sitzen sicher recht wohlthuend auf ihn wirken. Anfangs ging er nur wie ein gewöhnlicher Mensch, deshalb hatten die Galoschen keine Gelegenheit, ihre Zauberkraft zu bethätigen.
Unterwegs begegnete er einem Bekannten, einem unserer jüngeren Dichter, der ihm erzählte, daß er am folgenden Tage seine Sommerreise beginnen werde.
»Nun wollen Sie wieder fort!« sagte der Schreiber. »Sie sind doch ein glücklicher, freier Mensch. Sie können fliegen, wohin Sie wollen, wir andern haben eine Kette an dem Fuß!«
»Aber sie ist an dem Brotbaum befestigt!« erwiderte der Dichter. »Sie brauchen nicht für den morgenden Tag zu sorgen, und werden Sie alt, so erhalten Sie Ihr Einkommen fortbezahlt!«
»Sie haben es doch am besten,« sagte der Schreiber. »Es ist ja ein Vergnügen, zu sitzen und zu dichten; die ganze Welt sagt Ihnen angenehmes, und dann sind Sie Ihr eigener Herr! Ja, Sie sollten es nur versuchen, im Gericht bei den langweiligen Sachen zu sitzen!«
Der Dichter schüttelte mit dem Haupte, der Schreiber schüttelte auch mit dem Haupte, jeder blieb bei seiner Meinung, und sie trennten sich.
»Es ist ein eigenes Volk, diese Dichter,« sagte der Schreiber; »ich möchte wohl versuchen, in eine solche Natur einzugehen, um selbst ein Dichter zu werden; ich bin gewiß, daß ich nicht solche Klageverse schreiben würde, wie die andern! – – Das ist ein rechter Frühlingstag für einen Dichter! Die Luft ist ungewöhnlich klar, die Wolken so schön, und das Grüne duftet so prächtig! Ja, in vielen Jahren habe ich es nicht so gefühlt, wie in diesem Augenblick.«
Wir bemerken schon, daß er ein Dichter geworden ist; das anzudeuten, würde in den meisten Fällen abgeschmackt sein, denn es ist eine thörichte Vorstellung, sich einen Dichter anders als andere Menschen zu denken, es können unter diesen weit mehr dichterische Naturen sein, als manche große anerkannte Dichter es sind. Der Unterschied ist nur der, daß der Dichter besseres geistiges Gedächtnis hat, er kann den Gedanken und das Gefühl festhalten, bis es klar und deutlich durch das Wort verkörpert ist, das können die andern nicht. Aber der Übergang von einer
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