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Märchen

Märchen

Titel: Märchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
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ziehen einfach mit ihren Sälen um, wenn es sein muß.«
    Dann flogen wir durch unser geschlossenes Fenster, und ich plumpste in mein Bett.
    »Morgen in der Dämmerstunde sehen wir uns wieder«, sagte Herr Lilienstengel. Und dann war er verschwunden. Und gerade da kam Mama herein und machte Licht.
    Das war das erste Mal, daß ich Herrn Lilienstengel traf. Jetzt kommt er jeden Tag und holt mich ab ins Land der Dämmerung.
    Oh, es ist ein so wunderbares Land! Es ist so herrlich, dort zu sein.
    Es macht gar nichts, wenn man ein krankes Bein hat. Denn im Land der Dämmerung kann man fliegen.
    Kuckuck Lustig
    etzt halte ich es nicht mehr aus«, sagte Gunnars und Gunillas Mama eines Tages, kurz vor Weihnachten.
    J»Ich auch nicht«, sagte Gunnars und Gunillas Papa.
    Gunnar und Gunilla lagen im Kinderzimmer und hörten alles.
    Sie wußten ganz gut, was ihre Eltern nicht mehr aushielten.
    Sie hielten es nicht mehr mit Gunnar und Gunilla aus. Denn Gunnar und Gunilla waren schon seit vier Wochen krank. Nicht sehr gefährlich krank, nur gerade so viel, daß sie still in ihren Betten liegen mußten und nach Mama schrien.
    Vier Wochen sind viele Tage und viele, viele Stunden und viele, viele, viele Minuten. Und fast jede Minute riefen Gunnar und Gunilla nach ihrer Mama. Sie sollte ihnen Wasser bringen oder ein Märchen vorlesen oder die Betten aufschütteln, weil sie Zwiebackkrümel darin hatten. Die Tage vergingen so entsetzlich langsam, fanden Gunnar und Gunilla, und wenn es schon gar nichts anderes mehr gab, womit sie Mama stören konnten, so konnten sie immer noch aus vollem Hals schreien:
    »Mama, wie spät ist es?«
    Nur um zu hören, ob nicht bald irgendeine nette, abwechslungs-reiche Uhrzeit für sie wäre, wie zum Beispiel Saft- und Brötchenzeit oder die Zeit, wo Papa aus der Bank nach Hause kam.
    Aber jetzt hatte Papa gesagt, daß er es auch nicht mehr länger aushalte.
    »Ich werde den Kindern eine eigene Uhr kaufen«, sagte er.
    »Und zwar gleich morgen. Dann hören sie wenigstens endlich

    auf, immer nach der Uhrzeit zu schreien.«
    Der nächste Tag war ein Tag voller Spannung für Gunnar und Gunilla. Es war schwerer als sonst, still im Bett zu liegen.
    »Ich überlege gerade, was für eine Uhr wir wohl kriegen«, sagte Gunnar.
    »Vielleicht einen Wecker«, meinte Gunilla. »Oder eine Standuhr.«
    Aber als Papa endlich, endlich nach Hause kam und das Paket auswickelte, das er mitbrachte, war kein Wecker darin und keine Standuhr. Eine Kuckucksuhr war es! Papa hängte sie an die Wand im Kinderzimmer, und er war gerade fertig, da war es sechs Uhr. Und da - stellt euch vor! - ging eine Tür in der Uhr auf, und heraus kam ein kleiner Kuckuck aus Holz. Sechsmal rief er laut und deutlich »Kuckuck«, damit man wußte, daß es sechs war, genau sechs, nicht mehr und nicht weniger. Dann verschwand er wieder in der Uhr, und die Tür fiel hinter ihm zu.
    Papa erklärte den Kindern den Mechanismus. Er erzählte, wieso der Holzkuckuck aus seiner Tür herauskommen und rufen konnte und daß solche Kuckucksuhren in der Schweiz hergestellt werden.
    Das war ein wunderbares Geschenk, fanden Gunnar und Gunilla.
    Es war richtig spannend, dazuliegen und zu warten, daß es sieben und acht und neun und zehn wurde. Ja, tatsächlich waren sie um zehn noch nicht eingeschlafen, obwohl Mama längst bei ihnen gewesen war und gute Nacht gesagt und das Licht ausgemacht hatte. Richtig dunkel wurde es ja nie im Kinderzimmer, denn vor dem Fenster stand zufällig eine Straßenlaterne. Das war ein Glück, fanden Gunnar und Gunilla. Als es zehn Uhr war, kam der Kuckuck heraus und rief zehnmal - pünktlich und ordentlich wie nur was.
    »Was glaubst du, woher weiß er, wie viele Male er rufen muß?«
    fragte Gunilla.
    »Ach, das ist natürlich der Mechanismus, von dem Papa erzählt hat«, sagte Gunnar.
    Aber da geschah etwas Merkwürdiges! Die Tür in der Uhr öffnete sich wieder, und der kleine Kuckuck kam heraus.
    »Mechanismus! Ich höre immer Mechanismus«, zischte er böse.
    »Es gibt etwas, das heißt Sinn für Mathematik - jawohl! Und den habe ich! Das bedeutet, daß ich rechnen kann. Jawohl!«
    Stocksteif saßen Gunnar und Gunilla in ihren Betten und starrten den Kuckuck an. Fast glaubten sie zu träumen.
    »Er- er kann sprechen«, flüsterte Gunnar schließlich.
    »Klar kann ich sprechen«, sagte der Kuckuck. »Dachtest du, ich kann bloß schreien?«
    »Nee«, sagte Gunnar betreten, »aber...«
    »Ich bin ein sehr tüchtiger und gescheiter

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