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Maerchenerzaehler

Maerchenerzaehler

Titel: Maerchenerzaehler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Michaelis
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beschissenen Haushalt.« Er lachte. »Schon etwas länger. Michelle, sie … sie hatte ein paar Probleme. Alkohol, zum Beispiel. Aber nicht nur.«
    Anna nickte. »Abel … wenn du an das Konto kommst, siehst du auf den Auszügen, ob Michelle irgendwo anders Geld abhebt. Man könnte vielleicht auf die Art herausfinden, wo sie steckt …«
    Abel schwieg einen Moment. »Sie hat nichts abgehoben«, sagte er schließlich.
    »Bestimmt nicht? Hast du nachgesehen?«
    Er nickte. Aber Anna war sich nicht sicher, ob er die Wahrheit sagte. Du weißt doch, wo sie ist!, wollte sie rufen. Warum sagst dues niemandem? Willst du gar nicht, dass sie zurückkommt? Oder schützt du sie? Vor was? Vor wem ?
    »Wenn ich irgendwas tun kann«, begann Anna und hörte, wie dumm es klang. »Ich meine, ich könnte euch was leihen … mit Almosen hätte das nichts zu tun …« Er schüttelte den Kopf, rauchte stumm. Micha machte Babyfußspuren mit den Seiten ihrer Fäuste. Linda hatte Anna den Trick gezeigt, als sie klein gewesen war. Linda.
    »Bei uns ist alles so anders«, sagte sie. Und plötzlich merkte sie, wie sie Dinge erzählte. Von dem blauen Licht, von Magnus, von Linda, die beinahe unsichtbar war, von der einzelnen Rose im Garten, den Rotkehlchen, England, Gittas blindem Fenster und den steril abwaschbaren Sesseln, und bei den abwaschbaren Sesseln lachte Abel. Er trat die Zigarette aus und sah sie an.
    »Danke«, sagte er. »Es ist gut, wenn nicht immer ich erzähle.«
    Er schloss sein Rad auf, half Micha auf den Gepäckträger und zog sich die schwarze Mütze über die Ohren.
    »Wegen der Almosen«, sagte er, ehe er losfuhr. »Weißt du … du kannst die achtzehn Euro spenden. Die, die ich dir schulde.«
    »Wie bitte?«
    Abel sah sich nach Micha um, die damit beschäftigt war, Frau Margarete tiefer in ihre Tasche zu stopfen, damit sie nicht fror. Micha hörte nicht zu.
    »Du hast mir zwanzig gegeben«, sagte Abel leise. »Zwei war der Blisterstreifen wert.«
    »Ich … ich verstehe nicht …«
    »Ich hatte Angst, dass du das Zeug wirklich nimmst. Du sahst so entschlossen aus.« Und er lächelte an ihr vorbei in die Ferne. »Der Aufdruck auf dem Blisterstreifen war polnisch. Man kriegtdie Dinger da drüben billiger. Kopfschmerztabletten. Ich habe dir Kopfschmerztabletten verkauft. Paracetamol für Kinder. In geringer Dosis.«
    Dann fuhr er los und Anna stand alleine im Schnee. Sie spürte, wie ein unsinniges, leicht perlendes Lachen in ihr aufstieg und sie durch und durch schüttelte.
    »Junge Frau«, sagte ein älterer Herr, der gerade mit seiner Frau am Arm die Cafétreppe hinuntergekommen war, »junge Frau, darf ich Ihnen mein Taschentuch geben? Sie weinen ja.«
    »Oh«, sagte Anna. »Tatsächlich. Sehen Sie, und ich dachte, ich lache. So kann man sich täuschen.«
    Es machte nichts, dass sie das Treffen abgesagt hatte.
    Er sagte sich, dass es nichts machte. Er stand ganz allein am Strand und sah aufs Eis hinaus, das beinahe dick genug war, um zu tragen. Nein, er war nicht allein. Der Hund war bei ihm, der Hund wich nicht von seiner Seite, wenn er ihn ausführte. Obgleich sich der Hund fragte, weshalb er ihn in letzter Zeit so häufig mit in die Stadt nahm, wo sie doch auf dem Land wohnten, in einer für Hunde weitaus geeigneteren Gegend.
    Er formte einen Schneeball und warf ihn weit hinaus aufs Eis, den Hund würde es sicher tragen. Er sah ihm nach, einem silbergrauen Blitz, der davonschoss, um den vermeintlichen Stock zu holen.
    Es war ein Glück, dass sie ihn manchmal das Auto nehmen ließen. Mit dem Auto war er auf merkwürdige Art unauffälliger, er reihte sich ins Stadtbild des Straßenverkehrs ein, und sie sah ihn nicht, wenn er ihr folgte, ahnte nicht, wie nah er ihr war. Er wusste auch jetzt, wo sie war, er wusste es genau, er hätte seinen Schneeball nur über den Ryck zu werfen brauchen, um die Scheibe zu treffen,hinter der sie an einem Cafétisch saß. Sie würde ihm nicht entkommen. Sie würde merken, wie sehr sie ihn brauchte. Seine Anwesenheit. Seine Fürsorge. Sie begriff es nicht, aber beizeiten würde sie es merken.
    Er schrieb ihren Namen in den Schnee und wusste, dass das kindisch war, lächerlich. Aber es war ein so schöner Name, ein Name, der manchmal seinen ganzen Kopf ausfüllte und ihn beinahe zum Bersten brachte.
    A. N. N. A.

7
    Goldauge
    Irgendwie verschob sich das Treffen mit Bertil auf Samstag, und schließlich sagte Gitta, am Samstag könnte sie eigentlich auch und ob sie nicht Mathe und Physik

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