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Märchenmord

Märchenmord

Titel: Märchenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krystyna Kuhn
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sei er auf de r Jagd. Auf der Jagd nach ihr . Wer hat Angst vorm schwarzen Mann ? Niemand ! Stimmt nicht. Ich! Ich habe Angst und kann nicht weglaufen . Gerade als sie den Flur erreicht hatte, ging im Treppenhaus da s Licht an. Gina spürte, wie ihr Herz sich zusammenzog . Wer kam da die Treppe hoch? Die Schritte hallten im Treppenhaus wider . War er das ? Sie horchte in die Stille. Doch das Einzige, was sie wahrnahm , war der Orkan in ihren Ohren und ihr Herzschlag, der dumpf i n ihrem Brustkorb den Takt der Angst angab . Es dauerte nicht lange, dann verhallten die Schritte im Stockwerk unter ihr. Gina beruhigte sich. Das Licht aus dem Treppenhaus war hell genug, dass sie das Telefon auf der Kommode erkennen konnte. Das vertraute Tuten, als sie den Hörer ans Oh r hielt, war so beruhigend, dass Gina es einen Augenblick lan g genoss, bis ihr bewusst wurde, dass sie die Handynummer nich t wusste, unter der sie ihre Mutter erreichen konnte. 0160… ? 0160-30… oder war es 20? Keine Ahnung . Sie konnte sich nicht konzentrieren. Ihr Kopf war leer. Un d dann diese blöden Tränen, die hochschossen wie ein Geysir . Gleichzeitig fühlte sie eine Wut auf ihre Mutter, die so hefti g war, dass sie sich auf die Zunge biss. Sie schmeckte das Blut . Wieder sah sie das Mädchen vor sich. Wie es auf den Boden fiel . War sie tot? War der Mann noch da? Und wenn ja, was hatte e r vor ? Sie musste doch irgendetwas tun ! Als Gina die Nummer ihres Vaters wählte, zitterten ihre Hände . Das Telefon klingelte lange, bis jemand abhob und verschlafe n fragte: »Ja? «
    Gina konnte vor Schreck nicht antworten. Das war nicht di e Stimme, die sie erwartet hatte . »Hallo, ist da jemand?«, fragte eine hohe Stimme genervt a m anderen Ende . »Es ist etwas Entsetzliches geschehen«, sagte Gina und legte sofort wieder auf . Gina hatte nicht gewusst, dass Wut sich kalt anfühlte. Eiskalt . Während sich ihre Mutter irgendwo in Paris mit einem unbekannten Mann namens Philippe amüsierte, hatte ihr Vater Besuch von diesem wandelnden Weihnachtsbaum Vicky. Offenbar war sie schon bei ihm eingezogen und hatte das Recht, sei n Telefon abzunehmen. Als seien sie verheiratet . Und wer war für sie da ? Niemand ! Verdammt, wozu hatte man Eltern ? Doch sie hatte keine Zeit, sich selbst zu bemitleiden. Sie musst e Hilfe holen! Sie musste…ihr Kopf arbeitete jetzt seltsa m klar…,die Feuerwehr verständigen .
    112 . War das die Nummer ? Der Hörer lag kalt und schwer in ihrer Hand. Sie wählte, wartete, bis ein kurzes Tuten ertönte . Eine Frauenstimme sagte etwas auf Französisch. Es klang verdammt ähnlich wie Diese Nummer ist nicht vergeben .
    •

Sech s
    D as kann nicht sein, das kann einfach nicht wahr sein, dacht e Gina, als sie die Treppen hinunterstürzte . Es ist nur ein Traum . Man rennt und rennt und kommt nie ans Ziel . Doch da war die Haustür. Sie riss sie auf und rannte direkt in ei n verliebtes Pärchen, das eng umschlungen im Eingang stand . »Oh! la la!«, hörte sie den Mann lachen . Das Mädchen kicherte und rief laut: »Attention! « Verdammt! Die knutschten hier herum, während gegenüber, direkt vor ihren Augen, etwas Schreckliches geschah. Rochen di e den Qualm nicht? Sahen sie nicht den roten Schein des Feuers ? »Feuer!«, brüllte Gina laut und ihre Hand deutete an dem Pärchen vorbei auf das Haus gegenüber . Doch sie verstanden sie nicht, sondern zuckten nur gleichgülti g mit den Schultern . Kapierten sie denn gar nichts? Waren sie blind? Taub? Oder alles zusammen? Vor Liebe ? Hatte noch niemand in dieser gottverdammten Straße bemerkt , dass es im Haus Nummer 13 brannte ? Sie konnte kaum reden vor Aufregung. Sie sah die Hausbewohner vor sich, die sie durch das Fenster beobachtet hatte. Wa s war mit der Frau in der Küche? Dem Mann in den Boxershorts ? Und die beiden kleinen Kinder? Saßen sie noch immer vor de m Fernseher und amüsierten sich darüber, wie Scrat, diese Mischung aus Eichhörnchen und Ratte, in der Eislandschaft Purzelbäume schlug ? Sie alle, würden sie verbrennen ? »Vite, vite!«, schrie sie, fasste den jungen Mann am Hemd un d zog ihn mit sich, während dieser versuchte, sich loszureißen . Mein Gott. Hatte der eine lange Leitung. Verstand er denn nichts? Rein gar nichts? Nein, er klebte verliebt an seiner blöden Tussi, die jetzt irgendetwas sagte wie sie solle Leine ziehen. Feuer, Feuer, was hieß Feuer auf Französisch? Das Wort war in Ginas Kopf, es lag auf ihrer Zunge, doch es ließ sich nicht

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