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Maeve

Maeve

Titel: Maeve Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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einen ganzen Meter von ihm entfernt stand und die Ärmelpistole lässig in der Hand hielt. „Wie …?“
    „Zeig einem blind geborenen Menschen die Farbe Blau.“ Sie nickte mit dem Kopf zur äußeren Tür hin. „Komm, begleite mich zum Waldrand.“
    Der Ingenieur machte ein paar Schritte rückwärts; seine schwarzen Augen verengten sich.
    Aleytys seufzte. „Sei kein Dummkopf. Ich kenne deinen Namen nicht.“
    „Han Lushan“, sagte er abwesend; Blicke aus schwarzen Augen flitzten umher, da er nach einem Fluchtweg suchte.
    „Sei kein Dummkopf, Lushan. Ich hab’s nicht nötig, dich irgendwo hinzulocken. Wenn ich genügend Energie verschwenden würde, würdest du hingehen, wohin ich wollte.“
    „Meinst du?“ Zorn versteifte die Muskeln seines Gesichts. Er richtete sich auf und funkelte sie an.
    „Du willst es so?“ Sie lehnte sich leicht zu ihm vor; blaugrüne Augen glitzerten. Ihr Inneres bebte widerwärtig: sie wartete darauf, zu sehen, ob ihr Bluff klappen würde.
    Nach einem frostigen Sekundenbruchteil zuckte er mit den Schultern. „Ruhig Blut, Frau. Was geschieht jetzt?“
    Sie wich an die Wand zurück. „Beweg dich nach draußen.“
    Er glitt an ihr vorbei und stieß die schwere Tür auf; Metall krachte mit einem dumpfen Laut gegen Metall.
    Sie folgte ihm dichtauf, bevor er ihr die Tür ins Gesicht knallen konnte. Hitze und Feuchtigkeit trafen sie wie ein Schlag. Sie seufzte und fuhr sich mit einer Hand über die Stirn, um die plötzlichen Schweißperlen wegzuwischen.
    Er lächelte düster, schwarze Augen hart. „Mich interessiert es, zu sehen, wie du mit dem Schlamassel fertig wirst, in dem deine Cludair-Freunde stecken. Du hast nichts zum Handeln. Versucht, Chu Manhanu als Geisel zu halten, und ihr fordert Massenvergeltung heraus. Das Haus Chu wird annehmen, daß er Selbstmord begangen hat, egal ob er den Willen dazu hat oder nicht. Oder die Gelegenheit. Sie werden diesen Wald zu einer zolldicken Schicht Matsch niederbrennen.“
    „Du unterschätzt die Cludair.“ Sie kam an seine Seite, und gemeinsam schlenderten sie dem Rand der Lichtung entgegen. „Ganz zu schweigen von mir.“
    „Dumme Wilde.“ Er blickte stirnrunzelnd zum Wald hin. „Speere im Kampf gegen Gewehre.“
    „Wünschst du nicht, du hättest jetzt wenigstens einen Speer?“ Sie blieb stehen und lehnte sich gegen einen massigen Stamm. Mit einer schnellen Geste zu der zerstörten Erntemaschine hin fragte sie: „Da wir von Dummheit reden – warum ist ein Mann mit deinen Fähigkeiten in dieses Ding vernarrt?“
    „Können ist nicht immer angesehen, Hexe. Besonders, wenn es mit einem hitzigen Temperament verbunden ist.“ Er griff nach hinten und löste die Spange, die sein dichtes, strähniges Haar im Genick zusammenhielt. „Das Haus Chu“, sagte er, als er die Spange in einer hohlen Hand hielt. Er deutete auf die Insignien an der Seite der Erntemaschine. „Chu. Ich kann mich glücklich schätzen, wenn ich meinen Kopf auf den Schultern behalte.“
    „Warum?“
    „Dieser Sohn des Chu. Glaubst du, er wird Zeugen am Leben lassen, falls er durch irgendeinen Zufall hier herauskommt?“
    „Daran habe ich nicht gedacht.“ Sie ließ den Kopf gegen die rauhe, duftende Rinde zurückfallen und starrte die Wolkenfetzen an, die über den Himmel trieben. „Wie viele Dörfer habt ihr niedergebrannt?“
    Er schnaubte. „Wir haben einen Haufen Bäume in Schutt und Asche gelegt. Die Lebenstaster konnten nicht die Spur einer einzigen Konzentration warmer Körper finden. Jeden, den wir getötet haben, haben wir durch Zufall erwischt.“
    Aleytys sah ihn an, verblüfft vom plötzlichen Wechsel in seiner Persönlichkeit. „Mhm. Du hast eine oder zwei Masken abgeschält. Warum die Veränderung?“
    „Warum nicht? Kein Grund, weiterhin die Rolle des loyalen Gesellschafts-Mannes zu spielen.“ Er streckte sich und gähnte, die schwere, feuchte Brise wehte sein strähniges schwarzes Haar um sein Gesicht. „Es ist eine Erleichterung. Eine kurze Weile ich selbst sein zu können.“
    „Aber du wirst dieses Gesicht wieder aufsetzen, sobald du wieder dort drinnen bist.“ Sie nickte zu der Erntemaschine hin.
    „Natürlich. Man muß am Leben bleiben.“ Er ließ seine Blicke über sie huschen, vom Scheitel bis zu den Füßen, dann zurück, in ihr Gesicht. „Wer bist du?“
    „Niemand. Nichts. Eine Frau.“
    „McNeis?“
    „Wieder beim Thema? Nein.“ Sie zog die Nase kraus. „Daß ich hier bin, ist ein Zufall. Eine Verzögerung in meiner

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