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Maeve

Maeve

Titel: Maeve Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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Xalpsalp sein, wie Qilasc es jetzt ist. Sie hat die Gabe.“
    Unvermittelt begriff Aleytys, wie wenig sie doch vom täglichen Leben der Cludair wußte, und bei dieser Erinnerung daran, daß sie eine Außenseiterin war und nicht hierhergehörte, verspürte sie flüchtig Niedergeschlagenheit. Sie warf die vorübergehende düstere Stimmung ab, als Qilasc auf die Lichtung kam.
    Hinter ihr schritten mehrere Männer im Gänsemarsch, gebeugt unter dem Gewicht riesiger gekrümmter Rindenscheiben. Hinter ihnen kamen andere, voll beladen mit klebrigen Rankenrollen. Sie legten ihre Last in die Mitte der Lichtung neben die bereits hoch aufgetürmten Rinden und Ranken. Als sie sich umdrehten, um in ihren Spuren zurückzugehen, kam Chu Manhanu auf die Lichtung stolziert; eine finstere Miene verunzierte sein schmales Gesicht. Hinter ihm folgte – mit einigem Stolz auf ihre Aufgabe – seine jugendliche Ehrenwache.
    Die beiden Prozessionen trafen sich. Qilasc trat zurück, bewegte ihren sehnigen Körper in einer komplizierten Verneigung, die Sakralperlen klapperten laut in der plötzlichen Stille. Als sie sich aufrichtete, rauschte Manhanu mit einem kurzen Nicken an ihr vorbei: Die Liebenswürdigkeit war gewahrt worden, was ihm etwas von der Ehre zurückgab, die ihm durch seine Gefangennahme so jäh entrissen worden war.
    Aleytys wich zurück, so daß Tipylexne zwischen ihr und den dunklen, zornigen Augen des Direktors stand. Obwohl der Cludair nicht annähernd so groß war wie sie, und sein Körper eher schlank und drahtig als massig war, fühlte sie sich besser, wenn von ihr weniger zu sehen war, um die Gespanntheit der Situation nicht zu verschlimmern. Als die stolzierenden Jungen ihrer Verantwortung nachkamen und dem Direktor auf der anderen Seite der Lichtung in den Wald hinein folgten, sagte sie ruhig: „Er scheint diesen Arrest besser aufzunehmen, als ich erwartet habe.“
    Tipylexnes Eckzähne blitzten kurz auf, als sich seine Mundwinkel hochzogen; er blickte dem Direktor nach. „Er hat sehr sorgfältig darauf geachtet, jede Situation zu vermeiden, in der wir den Unterschied zwischen Gast und Gefangenem klarmachen müßten.“
    „Oh. Ich nehme an, das ist ein gutes Zeichen.“
    „Wir werden es wissen, wenn der Rat zusammentritt und der Handel beginnt.“
    „Habt ihr entschieden, was ihr von ihm wollt?“
    „Ja. Nichts.“ Seine Augen sahen sie wieder an. Nach einem Augenblick ernsthafter Überlegung fuhr er fort: „Sein Fernbleiben und das Recht, unser Leben auf unsere Weise zu leben.“
    Eine Gruppe Kinder lief schwatzend an ihnen vorbei. Tipylexne, dessen bewegliche Nasenspitze zuckte, beobachtete sie, während sie in lautstarker Erregung um Ghastay kreisten, der einherstolzierte und auf seiner Röte Triller übte.
    „Veränderungen.“ Aleytys berührte seinen Arm. „Wir haben uns eingemischt, Gwynnor und ich.“
    „Wenn Stille einen Wert hat, wird sie ins Gleichgewicht zurückkehren, wenn das Gleichgewicht in unser Leben zurückkehrt.“
    „Wenn ich fort bin.“ Sie sah, wie die Menge Gwynnor grüßte und der ganze Haufen auf dem Weg zur ausgebrannten Lichtung verschwand. „Wenn wir beide fort sind.“
    Tipylexne nickte.
    Der lange Tag schlängelte sich mit quälender Langeweile dahin. Unruhig und gereizt wanderte Aleytys und sah zu, wie die Frauen die Häuser wieder aufbauten und Ordnung in die neue Siedlung brachten. Qilasc und Tipylexne waren zu beschäftigt, um länger als ein paar Minuten mit ihr zu sprechen, und sie fühlte sich schuldig, wenn sie von ihrer Arbeit abließen, um ihre sinnlosen Fragen zu beantworten. So schritt sie unruhig in dem Kreis herum, bis sich ein Cludair zum dritten Mal höflich dafür entschuldigte, weil er gegen sie gestolpert war. Dann schob sie die Finger durch ihr Haar und stapfte in den Wald hinein davon, zum Bach hinunter.
    Gwynnor ließ seine Lehrlinge ihre Fingerübungen machen und immer und immer wieder eine einfache Folge von Tönen wiederholen. Er schaute auf und lächelte ihr kurz zu, machte sich dann wieder an die Arbeit, korrigierte und lobte. Aleytys lehnte sich gegen den Stamm eines glattrindigen Riesen, aber die tödliche Eintönigkeit der Übungen vertrieb sie bald bachabwärts.
    Als die Entfernung und die dazwischenstehenden Bäume die Übungsstunde zu einem fernen Klangfaden dämpften, der sich fröhlich mit dem Rauschen des Wasserliedes vermischte, ließ sie sich auf einen buschigen Grasflecken fallen, der das Ufer polsterte, und sah dem Wasser zu, wie es

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