Maeve
Hände über das Gesicht, setzte sich dann auf, keuchte; ihr Kopf pochte in dumpfem, schwerem Schmerz. Ihre Haut war klebrig-glitschig von Schweiß, das Hemd klebte an ihrem Körper, eng genug um sie geschlungen, um einen Ansturm von Klaustrophobie zu provozieren. Sie sog einen tiefen Atemzug abgestandener, feuchtigkeitsdurchwobener Luft ein, atmete sie dann wieder aus, während sich die Wände um sie herum zusammenzuziehen schienen und den klaustrophobischen Druck verstärkten. Sie tupfte den Schweiß ab, der zwischen den Brüsten heruntersickerte, kroch dann vorsichtig aus dem Gästehaus hinaus.
Der Drahtbusch zerstach ihre Knöchel, als sie unachtsam auf die oberste Schlinge der Leiterranke trat; dies riß sie zu augenblicklicher Wachsamkeit hoch. Sie schwang sich an der nach Zimt duftenden Rinde entlang nach unten, grollte, gereizt über die Dummheit, solch eine Pflanze an solch eine Stelle zu setzen, bis ihr einfiel, daß das Jucken ein geringer Preis für das Befreitsein von anschmiegsamen Baumschlangen war.
Sie hielt sich am Stamm fest und bemühte sich, die Fetzen von Schlaf aus ihrem Kopf zu vertreiben. Der Wald war bisher immer noch gerade großmütig genug zu ihr gewesen. Ihre Unkenntnis der Lebensweisen hier hatte sie mehrere Male in Gefahr gebracht; nur Glück und ein beharrlicher junger Cludair hatten ihr die Haut gerettet. Mit dem Kopf voller Wolken in den Wald zu gehen, war idiotisch.
Als sie auf den Boden trat, hörte sie schwach den Klang von Gwynnors Flöte aus der Richtung des Baches herüberwehen. Sie zögerte, unsicher, ob Gesellschaft unerträglich oder nötig wäre. Oben stieß der Mond eine bleiche, graugrüne Oberkante in den zerrissenen Kreis freien Himmels. Die Nacht hatte kaum begonnen; Schlafenszeit war seit weniger als zwei Stunden. Sie rieb sich die Arme und stolperte den frisch gestampften Pfad zum Bach entlang, folgte dem Klang der Flöte.
Gwynnor saß da, krümmte den Rücken gegen die Biegung des Baumstammes und entlockte der Flöte geistesabwesendes, formloses Gedudel.
O Gott, dachte sie, wenn das Vajd wäre und ich wieder … wieder zu Hause wäre … Wenn das Vajd wäre … o Gott. Sie stolperte gegen den Baum und ergab sich einem Schmerz des Verlustes, den zu mindern die Zeit unfähig zu sein schien. Sie wandte das Gesicht der krümeligen, würzig duftenden Rinde zu, kämpfte gegen die über sie hereinflutenden Erinnerungen an, wollte sie in die Kammer zurückzwingen, in der sie sie ignorieren und weiterleben konnte.
„Aleytys?“ Gwynnor berührte ihre Schulter. Sorge vibrierte in seiner Stimme. Und Unsicherheit. „Was ist los?“
Sie preßte das Gesicht fester gegen die Rinde. „Erinnerungen.“ Ihre Stimme war heiser und am Baum gedämpft. Die Rinde schmeckte intensiv und modrig.
Seine Hände bewegten sich über ihre Schultern, strichen ihr Haar beiseite, damit er die angespannten Muskeln ihres Halses massieren konnte. Unter der Berührung seiner Finger schauderte sie, und sie schauderte wieder, als ihre Körperreaktion den Schmerz der Erinnerung überwältigte. Sie riß sich von ihm los und ging blindlings und rasch zu dem Grasflecken am Bachufer hin. Schwer fiel sie auf die Knie und starrte hinauf zum narbigen Antlitz des Mondes, während sie unglücklich an den schmerzenden Brüsten rieb.
Gwynnor ließ sich still neben ihr nieder und beobachtete sie aus Katzenaugen, deren Schlitzpupillen weit offen standen, bis sie annähernd Kreisform hatten. Die schmalen Iris-Segmente leuchteten mit einer schwachen Phosphoreszenz. Abwesend tastete er nach der Flöte und hielt sie locker in seinen Fingern.
Aleytys seufzte, ihr steifer Körper entkrampfte sich. Sie ließ sich zurücksinken, bis sie saß, nicht mehr kniete. Sie kreuzte die Arme über den Brüsten, die Finger auf die Oberarme gelegt. Sie grub die Zehen ins Gras, überschlug die Beine rechts über links. Gähnte. Drehte sich von einer Seite zur anderen. Das Sitzen fiel ihr schwer, war unbequem, aber Bewegung brachte auch keine Erleichterung. Ihr Körper schmerzte vor ruheloser Energie, die an ihr nagte, kribbelte, wie Armee-Ameisen, die ihre Arme, ihren Rücken, ihre Beine hinauf marschierten. Gwynnor, der ihren Kampf beobachtete, hob seine Flöte an die Lippen und entlockte ihr eine besänftigende, träumerische Melodie, versuchte, ihre Nervosität zu beschwichtigen. Aleytys sah zu ihm hin, dann weg, kaute auf der Lippe. Zum ersten Mal zeigte der Wasserzauber keine Wirkung, und das Lied der Flöte brachte ihrem
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