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Maeve

Maeve

Titel: Maeve Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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warf es Sioned zu. „Eine ruhige Reise, Bruder.“
    Gwynnor winkte, lehnte sich dann auf das Ruder, um das Boot in die Mitte der Strömung zu lenken. Sioned hockte neben ihm, ließ die Segelleinen durch ihre Hand laufen, als das Segel herumschwang, um die Nachtbrise einzufangen, die über die Ebene aufs Meer hinauswehte. Sobald das Tau um ihre Hand herum gefangen war, lehnte sie sich auf seine Knie und schaute besorgt zum tief hängenden Himmel hinauf. Die Wolkendecke war heute nacht schwer und schwarz und warf einen wuchtigen Mantel über das Land. Der Wind blies unbeständig, trieb sie eine Weile schnell voran, flachte dann ab, bis nur mehr die Strömung das Boot mit sich zog.
    „Es wird bald regnen.“
    Gwynnor berührte ihren Kopf mit besänftigenden Fingern. „Noch eine nasse Nacht.“
    „Aber sicherer.“
    „Wahrscheinlich.“
    Sioned seufzte und rieb ihren Kopf gegen Gwynnors Hand. Das kleine Boot ruckte in explosiven Stößen den Fluß hinunter, schnell, langsam, je nachdem, wie sich der Wind erhob und wieder legte. Die Dunkelheit wurde vollkommener, nur gelegentlich von Blitzen durchbrochen. Einer schlug so nahe ein, daß sie ihn riechen und das Zischeln des Wassers hören konnten. Sie schmiegte sich dichter an Gwynnor. Er streichelte die weichen Locken ihres Kopfes; spürte Sioneds Angst.
    Dann kam der Regen herunter, hart und schwer, von wirbelnden Winden gepeitscht, so daß es keine Möglichkeit gab, sich vor dieser Flut zu schützen. Nachdem Gwynnor eine Weile mit dem Ruder gekämpft hatte, hievte er Sioned auf den Sitz, stieß die Ruderpinne in ihren Griff und stolperte durch mehrere Zoll hohes Wasser nach vorn, um das Segel einzuholen. Die kreisenden Winde schickten Wellenbrecher über die Seiten herein, und die Wolken leerten sich; der Regen fiel so dicht und hart, daß er ein steter, benebelnder Druck war. Er zwängte das Segel zu einem kompakten Bündel um die Spiere herum zusammen, zurrte es mit unbeholfen gebundenen Reffknoten fest. Dann sank er auf die Knie und fing an, das Wasser mit dem Schöpfeimer aus dem Boot zu schaufeln.
    Der Sturm war viel zu heftig, als daß das Boot hätte weiterkommen können; der Wind drängte sie aus der Flußmitte ab, und das Boot beruhigte sich schließlich zu einem stetigen Dahingleiten, den Hauptkanal entlang. Gwynnor schabte den Schöpfeimer zum letzten Mal über die Bodenplanken. Noch immer lag ein dünner Wasserfilm auf den Planken, aber es sickerte durch die Spalten in den Raum zwischen Boden und Kiel. Auf jeden Fall war es jetzt für lohnenswertes Schöpfen zu seicht. Mit wunden und zitternden Fingern löste er die geschwollenen Knoten und zog das Segel wieder hoch. Dann ließ er sich am Ruder neben Sioned nieder.
    „Alles in Ordnung mit dir?“ Er nahm ihr die Pinne aus der Hand und sah zu, wie sie verkrampfte Finger bewegte.
    „Ich lebe.“ Sioned wischte das Wasser von ihrem Gesicht und schüttelte die Hände, um das Wasser davonzuschleudern.
    „Du hörst dich überrascht an.“
    „Bin ich auch.“ Sie sah zurück, flußaufwärts, zuckte zusammen, als der Blitz mit gezackten Beinen über das Land huschte. „Zur Sturmzeit wäre ich lieber unter einem Dach.“
    Er gluckste. „Und im Bett, Liebes.“
    „Ha. Jetzt lachst du. Da hinten hab ich dich nicht lachen sehen.“
    Sie zupfte angewidert an der durchnäßten Jacke und flitzte die Feuchtigkeitsperlen weg, die über das seidige Fell ihrer Arme herunterzogen.
    „Schau. Dort.“ Er zeigte auf eine dunkle Masse, die vor dem schwachen Sternenblinzeln aufstieg, dort, wo die Wolken dünner waren.
    Sioned ließ ihre Hände auf die Beine fallen. „Caer Seramdun?“ Er nickte. „Sternenmanns Stützpunkt.“
    „Sie ist da oben.“
    Gwynnor sah zu, wie die dunkle Masse näherglitt. „Ich weiß nicht.“
    Sioned war still, ihr grübelnder Blick auf die sich scharf abzeichnende Masse geheftet, während der Fluß sie näherzog. „Ich sehe den Anlegesteg“, sagte sie plötzlich. „Wirst du anhalten?“
    „Nein. Ich habe es dir gesagt.“
    „Ich dachte, du könntest deine Meinung ändern, jetzt, da wir hier sind.“
    Er seufzte. „Du meinst, du dachtest, ich könnte nicht von ihr fernbleiben. Sioned“, sagte er müde, „sei kein Dummkopf. Es gibt wichtigere Dinge zu bedenken, als den Zustand meiner Bedürfnisse.“
    „Dummkopf!“ Sie warf sich ungeduldig herum und brachte das empfindliche Fahrzeug damit in eine komplizierte Folge von Schwankungen.
    „Du wirst uns Kentern lassen, wenn du nicht

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