Maeve
Spiegel.
Ruhig begann sie zu singen, brachte eines ihrer eigenen Lieder dar, sang die Zeilen zuerst in der Originalsprache, und übersetzte sie dann in Interlingua. Ihre Worte fielen wie Tropfen von Bergwasser in die neue Stille – klar, rein, kühl.
Als die Sängerin geendet hatte, flüsterte Aleytys ihr zu: „Wunderschön, Freundin. Du läßt mich vor Freude zittern. Sing noch mehr.“
Shadith lachte. Sie sang ein sprudelndes, fröhliches Lied über einen Raumfahrer, der unbeholfen war wie ein Bär, aber mit unglaublichem Glück gesegnet, so daß sich jede Katastrophe, in die er hineinstürzte, in seinen Händen zu Gold verwandelte. Dann legte sie die Harfe auf die Bar und zog sich zurück.
Dryknolte starrte Aleytys an. „Was, zum Teufel, machst du auf der Sternenstraße?“
„Ich bekomme also einen Obol zusätzlich.“
Er fegte dies beiseite. „Ja, natürlich. Wer bist du, Frau?“
„Niemand.“ Aleytys berührte die Harfe mit forschenden Fingerspitzen. Sie fand Gefallen an dem seidigen Gefühl des polierten Holzes. „Bran hat recht, weißt du. Es gibt auf der Sternenstraße mehr Freiheit, als der Hügel je kennen wird. Ich hasse es, eingeschränkt zu sein.“
„Hast du eine Vorstellung davon, was du für ein Geld machen könntest?“
„Mehr als ich brauche oder will.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Ich tue, was ich muß. Ohne mich in Begrenzungen zu verstricken. Für einen Obol extra singe ich einmal jeden Abend.“
Dryknolte blickte zu seinen Kunden hinüber. Mehrere der Humanoiden hatten ihre Stühle zurückgeschoben und kamen auf die Bar zu. Unter der Wucht seines gelben Funkelns stoppten sie und standen da, die Augen auf die Frau gerichtet, die still dasaß.
Dryknolte knurrte. „Zeit, daß du dich an die Arbeit machst Bernstein. Schauspieler!“ Ein großer Mann mit einem langen, goldenen Bart spazierte ruhig, ohne Eile zu ihnen herüber.
Dryknolte stützte sich auf eine Hand und schnellte die andere in einer raschen, geschmeidigen Geste hoch. „Bernstein, dieser Haarklumpen hier ist der Schauspieler. Der Bursche ist besser, als er aussieht.“ Der Bart teilte sich zu einem Grinsen und zeigte glänzende Zähne. „Er nimmt deine Bestellungen an, bringt dir deine Drinks und klopft möglichen Grapschern auf die Schädel. Er kennt das Geschäft ziemlich gut. Hör auf seinen Rat, aber versuch nicht, ihn zu verführen.“
„Ein Vergnügen.“ Aleytys hielt ihm die Hand hin. „Warum nicht versuchen, ihn zu verführen?“
„Er beglückt schon zu viele Frauen.“
Aleytys lachte. „Armer Kerl.“
Der Schauspieler verbeugte sich graziös, seine große Hand schluckte die ihre. „Glaube ihm nicht. Er ist nur eifersüchtig.“
Dryknolte knurrte, plötzlich nicht mehr amüsiert. „Bernstein, such dir einen Tisch aus, und mach dich an die Arbeit.“
„Sicher. Verdammt, meine Knie bibbern, und sieh dir das hier an.“ Sie streckte zitternde Hände aus.
Der Schauspieler klopfte ihr auf die Schulter. „Leg los, Mädchen. Du stehst jetzt im Gehalt, und unser geschätzter Arbeitgeber ist schon dafür bekannt, für Zeitverschwendungen die Bezahlung zu kürzen. Was schlimmer ist – er wird sich an mein armseliges, unangemessenes Gehalt heranmachen.“ Der Bart teilte sich wieder in einer tragischen Grimasse, und die Augen des großen Mannes nahmen den traurigen Blick eines verlassenen Hündchens an.
Sie hielt sich an seinem Arm fest und schluckte, um ihre Nervosität zu überwinden, dann rutschte sie vom Hocker und sah sich um. „Welchen?“
Der Schauspieler nickte zu einem Tisch hin, an dem drei Männer saßen: ältere Kerle, mit den strengen Linien der Autorität in ihren Gesichtern. „Haufenweise Schiffskapitäne dort, also wird es ihnen nicht nach gewissen Tätigkeiten gelüsten; außerdem ist es noch früh. Aber rechne damit, eine Menge windiger Geschichten anhören zu müssen. Jeder wird versuchen, die anderen zu übertreffen.“
„Damit werde ich fertig. Komm.“
5
Treforis legte seine Hand auf Gwynnors Schulter. „Du kannst bleiben. Das weißt du.“
„Ich weiß. Das haben wir von vorn bis hinten durchgekaut.“ Er berührte die Hand seines Bruders, wandte sich dann ab und stieg zu Sioned in das schwankende Boot hinunter. „Deine Kinder, der Hof. Ich will sie nicht in Gefahr bringen, Bruder.“ Er sah auf, lächelte in Treforis’ besorgtes Gesicht. „Außerdem muß jemand nachsehen gehen, was die Synwedda für uns tun wird.“
Treforis knotete das Tau los und
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