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Maeve

Maeve

Titel: Maeve Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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ist kein Dummkopf.”
    „Ein Mann ohne Ehrgefühl.”
    „Und deshalb um so gefährlicher.”
    Sie fühlte die Bewegung seiner Schultern, als sein fast lautloses Lachen an ihrem Ohr vorbeiflüsterte. „Du kennst die Weheyq?”
    „Die Würgeranke, die wächst, solange man noch zusieht? Ich bin vor ein paar Tagen beinahe in ein Gestrüpp davon gefallen, aber dein Sohn hat mich rechtzeitig gewarnt.”
    Sie konnte Tipylexnes plötzlichen Ausbruch von Stolz spüren, und lächelte in sich hinein, während er zu sprechen fortfuhr.
    „Inkatay hat eine Schlinge um sein Gästehaus gesungen und Tatto fütterte sie mit ein paar Eichhörnchen, wobei er lauthals so tat, als erweise er unserem Gast große Ehre. Ich glaube nicht, daß er im Dunkeln herumspazieren wird.”
    Sie lachte, schüttelte aber den Kopf, vergaß dabei ganz, daß sich die Schwärze unter den Bäumen mit den weniger scharfen Augen des Cludair zusammentat, um diese Geste unsichtbar zu machen.
    „Die Jünglinge, die ihn bewachen, haben sehr respektvoll…”
    Belustigung rieselte in seine Stimme. „Sehr respektvoll eine Anzahl interessanter Trophäen zur Schau gestellt, um mit der Freude an ihrer Geschicklichkeit als Jäger zu prahlen. Da waren Zähne und Klauen einer Baumkatze, die der alte Großpapa —
    das ist der Vater meines Vaters - , und seine drei Brüder spät in einem harten Winter mit dem Netz gefangen haben. Und die Haut der Feuerschlange mit den unbeschädigten Fängen, die du als Geisterwache an den Dachsparren des Langhauses hast hängen sehen.”
    Aleytys kicherte. „Hat mir eine Woche lang Alpträume beschert.”
    „Sie haben vielleicht die Gefahren draußen unter den Bäumen ein wenig übertrieben.” Wieder hörte sie sein flüsterndes Lachen.
    „Ein verbreiteter Hang unter den gerade initiierten Männern.”
    „Gut. Aber das habe ich nicht gemeint.”
    Er streckte die Hand aus und berührte ihre Wange, bemühte sich, zu ertasten, was er nicht sehen konnte. „Was ist es?”
    „Wie weit, glaubst du, kannst du dieser Schlange vertrauen, wenn er erst aus dem Wald heraus ist?”
    Tipylexne war einen Moment lang still. Sie konnte fühlen, wie er das, was sie gesagt hatte, zu enträtseln versuchte. „Du meinst, er wird sein Wort nicht halten?” Er klang und fühlte sich zunehmend unglücklich.
    „Nur, wenn es zu seinem Vorteil ist. Du hast es selbst gesagt. Er ist ein hohler Mann. Ein Versprechen, das er gibt, ist nur so lange gut, wie man ihn zwingen kann, es zu ehren.”
    „Darüber muß ich nachdenken.”
    Voraus warf das Zentralfeuer schwache rote Schimmer in die Dunkelheit.
    „Der Rat tritt morgen zusammen?”
    „Ja. Feuerschwester …”
    „Es wäre kein guter Gedanke für mich, dabeizusein.”
    „Qilasc sollte mit dir hierüber reden, aber…” Er zuckte die Schultern, wischte dabei sacht an ihrer Schulter vorbei, das seidige Fell kitzelte ihre Haut und erweckte ein blasses Echo ihres Bedürfnisses neu. Sie bewegte sich ein wenig zur Seite, damit er sie nicht berührte. „Es wäre ein Entgegenkommen, wenn du nicht dabei wärst”, sagte er hastig.
    „Und meine lange Nase nicht in Cludair-Angelegenheiten stekken würde.”
    Er machte ein entschuldigendes, würgendes Geräusch in seiner Kehle. „Wir sind … wir sind sehr dankbar für deine Hilfe, Feuerschwester.”
    „Aber ich rieche falsch und störe euren Frieden.”
    „Wäre es dir lieber, daß ich lüge?”
    „Nein.” Sie seufzte, tätschelte dann leicht seinen Arm. „Beunruhige dich nicht, mein Freund. Ich bin nicht beleidigt.”
    Gemächlich gingen sie in die Lichtung hinaus, redeten ruhig miteinander, während sie sich Tipylexnes Familienbaum näherten; eine angenehme Distanz trennte die beiden Körper, Konflikt und Verlegenheit waren unter einer stillen Freundlichkeit versunken.
    16
    Aleytys stöhnte im Schlaf und rollte sich auf den Bauch. Schlangen zischelten und wickelten sich um sie herum, Schlangen mit feucht schimmernden, gesprenkelten Schuppen, mit großen, roten Dreiecksschädeln, die auf sie zuschnellten, sich zurückzogen, wieder vorschnellten. Sie bebte, ihr Körper heiß und eng in der Umklammerung des Alptraums.
    Eine Baumkatze heulte irgendwo in der Ferne. Dieses Geräusch riß sie aus ihren beunruhigenden Visionen frei. Sie stieß sich mit dem Ellenbogen auf den Rücken herum und lag keuchend und zitternd auf den Binsenmatten.
    Sie rieb die Hände über das Gesicht, setzte sich dann auf, keuchte; ihr Kopf pochte in dumpfem, schwerem Schmerz.

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