Maeve
nicht? Nein. Du willst nicht.”
„Ja. Das ist wahr. Es ist eine Privatangelegenheit.”
„Wie kannst du …”. Er fiel auf die Knie und berührte ihr Gesicht. „Wie kannst du solch eine Vergewaltigung dulden?”
Sie schüttelte den Kopf und zog sich wieder zurück, streifte das zerknitterte Hemd über und glättete die Falten. „Ich kann einen Mann in meinen Körper eindringen lassen, ohne daß es Vergewaltigung ist. Das solltest du wissen.”
„Es ist nicht dasselbe.”
„Doch. Was freiwillig und mit Zuneigung gegeben ist, kann nie gestohlen sein. Sie sind meine Freunde und meine Gefährten.”
Über ihnen hatte der Mond die freie Stelle fast verlassen. Aleytys stand auf und ging ans Ufer des Baches, blieb stehen, ließ das leise Rauschen der Wasserströmung in sich hineinkommen und den zeitlosen Wasserzauber bewirken, das Lied der Elemente, das ihren ruhelosen Geist beinahe immer Frieden und Heilung brachte — für eine Weile wenigstens.
Gwynnor kniete noch immer im Gras, sah, wie sie von ihm wegging. Er wollte zu ihr laufen und sie festhalten, sie nicht loslassen, sie nie mehr loslassen. Heilige Maeve … Er preßte die Hände auf die Augen. Wir sind zu verschieden, dachte er. Ich habe mein Leben. Sie hat ihr Leben. Er sprang auf die Füße und ließ sie allein zurück; sie stand am Bachufer, war so in Gedanken vertieft, daß sie es nicht einmal merkte, als er ging.
18
Ghastay grinste Aleytys an. „Derselbe alte Baum.”
Sie schaute in das dichte Blattwerk hinauf. „Derselbe Baum.
Du gehst zurück und läßt Tipylexne wissen, daß wir in Stellung sind und im Auge behalten, was geschieht.”
Er nickte eifrig und stürmte davon. Aleytys drehte sich zu Gwynnor um. „Wir sollten jetzt besser hochklettern.”
Er nickte und ließ sich auf ein Knie nieder, damit sie das andere als Stufe hinauf benutzen konnte. Sie sah ihn an und seufzte.
„Gwynnor…”
Er sah auf, sein Gesicht eisern. „Du hast es ziemlich klargemacht, Aleytys. Dein Leben und meines sind getrennt.”
„Verdammt. Wir sind Freunde.”
„Das dachte ich. Vorher.”
„Du hast immer gewußt, daß ich nicht bleiben würde. Habe ich dich in dieser Sache je angelogen?”
„Nicht mit Worten.”
„Auch auf keine andere Art”, beharrte sie. „Schon gut, ich hätte nicht mit dir schlafen sollen.” Sie zuckte mit den Schultern. „Ich behaupte nicht, daß ich perfekt bin.”
„Du tust aber so, als wärst du’s.”
„Ay-mi, wir hören uns an wie streitende Kinder. Komm, reg dich ab.” Sie kaute auf der Lippe. „Du scheinst zu glauben, ich sei eine Art … ich weiß nicht. Ich bin ein menschliches Wesen, ich habe meine Fehler und du auch, aber können wir uns der Vollkommenheit nicht nähern?”
Er machte einen tiefen Atemzug und ließ seine Gereiztheit davongleiten. „Du erwartest eine Menge.” Er kniete wieder hin und knurrte, als ihr Gewicht kurz auf seinem Knie ruhte, bevor sie zum untersten Ast hinaufsprang. Als sie oben saß, ließ sie das Seil herunter, und er kletterte zu ihr herauf.
Der Direktor kam aus dem Wald stolziert; Qilasc, Tipylexne und mehrere Wächter begleiteten ihn, die Gesichter wie versteinert, eine doppelte Reihe Jungfrauen schlug auf großen Nußschalen einen langsamen, gewichtigen Rhythmus, so daß das Ganze den Anschein ungeheuerer Würde bot. Aleytys sah von ihrem Sitz hoch droben im Baum am Rand der Lichtung aus zu, lächelte, war vorübergehend entzückt von der Absurdität der ganzen Szene.
Die Tür der Erntemaschine öffnete sich. Zuerst traten zwei Männer in Rüstungen heraus, dann der Ingenieur. Er suchte die Bäume rings der Lichtung mit aufmerksamen Blicken ab, wandte sich dann der Prozession zu.
Chu Manhanu hob die Hand; die Parade stoppte. Er wartete feierlich darauf, daß der Ingenieur näherkam.
Lushan verbeugte sich tief, sein Gesicht in angemessenen Respekt gefaßt. Selbst von ihrem Baum aus konnte Aleytys seine verwunderte Anerkennung spüren und wußte, daß sie ihr galt, nicht Chu Manhanu.
Manhanu nickte, quittierte den tiefen Gehorsam des Ingenieurs nur widerwillig. „Han Lushan”, sagte er forsch, „Sie haben Zeit und Menschenleben vergeudet. Noch wichtiger — diese Operation war nicht profitabel.”
Han Lushan wartete ab, eine zunehmende Bitterkeit hinter seiner unterwürfigen Maske. Aleytys runzelte die Stirn, sie erinnerte sich: Er hatte ihr vorhergesagt, daß es nach Manhanus Rückkehr Ärger geben würde. Offenbar sollte er für diese Operation den
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