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Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)

Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)

Titel: Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Tizian
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Koordinationsrat der ’Ndrangheta gesteuert, der
Provincia
mit Sitz in Reggio di Calabria.
    »Die Existenz einer Koordinierungsstruktur der örtlichen Mafia-Zellen in der Lombardei, genannt
La Lombardia
, geht aus den Nord-Süd-Untersuchungen hervor. Saverio Morabito beschrieb sie im Zusammenhang mit den Vorkommnissen in seiner eigenen Zelle, jener in Buccinasco, und im Zusammenhang mit den von ihm geschilderten Spitzenleuten wie Antonio Papalia. Über diesen sagte er aus, dass er von Domenico Papalia gehört habe, dass sein Bruder Antonio der Verantwortliche für die gesamte Lombardei sei und damit auch der örtlichen Mafia-Zellen. Seine Aufgabe habe darin bestanden, für diejenigen, die Führungsaufgaben innehätten, auftretende Probleme zwischen den einzelnen Mafia-Zellen zu regeln, kraft der Autorität und dem Charisma der obersten Mafia-Führung«, so die Ausführungen im Gerichtsurteil zum »Infinito«-Prozess des Gerichtshofs in Mailand aus dem Jahre 2010.
    Die Beziehungen zwischen der
Lombardia
und der
Provincia
waren nicht immer einfach. Extreme Mittel, wie sie im Fall Novello angewendet wurden, belegen dies. Um Konfusion und gefährliche Missverständnisse zu vermeiden, ist die ’Ndrangheta darauf angewiesen, dass die einheitliche Steuerung der Lombardei uneingeschränkt aufrechterhalten wird. Andernfalls könnten persönliche Zwiste und Störungen zwischen den Zellen entstehen. Die Aufteilung der Subaufträge zwischen den verschiedenen Zellen-Bossen im Aushubgewerbe ist ein Geschäft, das Kaltblütigkeit und uneingeschränkten Respekt gegenüber den vorgegebenen Regeln im Innern der Organisation verlangt. Aus Kalabrien treffen dabei regelmäßig Vorschläge und Hinweise, Befehle und präzise Anordnungen ein. Die Befehlskette sorgt dafür, dass bestimmte Verhaltenskodizes der südlichen Peripherie des Landes auch im Norden gelten.
    Für eine bestimmte Zeit lag die Aufgabe der Verteilung der Subaufträge und die Sicherstellung des Informationsflusses von Süd nach Nord in den Händen von Pasquale Barbaro aus Platì, der seit vielen Jahren in Buccinasco wohnt. Er stand im Fokus von zwei wichtigen Ermittlungsaktionen namens »Isola« und »Cerberus«. Dabei konnte seine zentrale Rolle als Garant der einheitlichen Steuerung und der Auftragsverteilung in der Lombardei belegt werden. Dazu gehörten auch die Arbeiten am Schienennetz für die neuen Hochgeschwindigkeits-Zugverbindungen in Italien.
    Carmelo Novella war bis zu seinem Tod der oberste Boss in der Lombardei. Ihm unterstand eine größere Mannschaft von treuen Fußsoldaten. Sein Vorgänger war Cosimo Barranca von der Mafia-Zelle in Mailand, nach Novellas Tod folgte ihm Pasquale Zappia als Regionalboss im Amt. Die Zelle von Legnano unterstand Novello direkt, dort waren alle von seinen Ideen eines eigenen Mafia-Imperiums begeistert. Die Familie Novella ist seit 1967 in der Lombardei ansässig und hat seit Jahrzehnten ihren Stammsitz in Legnano. Von dort führte ihn sein steiler Aufstieg in der ehrenwerten Gesellschaft direkt an die Spitze des Regionalkommandos, der
Lombardia
. Während seines Aufstiegs reifte in ihm der Plan, sich ein eigenes Reich zu schaffen. Von eigenen Gnaden. Eine Art lombardische ’Ndrangheta, deren Farbe Ochsenblutrot sein sollte, was das Gelb der Polenta aus dem Süden hätte ersetzen sollen. In Bollate kommt sein Sohn Vincenzo zur Welt, der gemeinhin unter dem Namen »Alessio« bekannt ist. Er ist der einzige Sohn der Familie, die bis 2008 die Spitze der lombardischen ’Ndrangheta stellte. Er konnte gar nicht anders als sich auf die Seite seines Vaters zu stellen. Autonomie oder Tod!
    »Alessio« ist der Sprecher seines Vaters und vertritt dessen Ansinnen nach außen. Unter dem Zeichen der Madonna macht er Geschäfte mit Cosimo Barranca, dem Leiter der ’Ndrangheta-Zelle in Mailand, und führt bis zu seiner Verhaftung eine der Familienfirmen, die
Trans-Ven
mit Sitz in Legnano. Ihr Geschäftszweck ist die Durchführung von Erdaushubarbeiten, die im Laufe der Jahre zum Monopol der ’Ndrangheta-Clans in der Lombardei wurde. Neben solchen »legalen« Geschäften ist die Familie, den Untersuchungsakten zufolge, sehr aktiv auf dem Gebiet des Zinswuchers. Sie vergaben Darlehen an Unternehmer, die sich in finanziellen Schwierigkeiten befanden. Obwohl sie um die mafiöse Herkunft ihrer Henkersknechte wussten, hatten sie keine andere Möglichkeit, als das Geld anzunehmen, wie sie den ermittelnden Staatsanwälten gestanden. Die

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