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Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)

Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)

Titel: Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Tizian
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Überlegungen zu belasten.
    Von seiner mafiösen Kundschaft hat er mitbekommen, dass er in deren Umfeld das verdienen kann, was es ihm ermöglicht, weiter mitzuspielen in jener Gesellschaftsschicht des schönen Scheins, in der er sich so wohl fühlt. Sicher hat er manchmal ein schlechtes Gewissen. Aber nur für kurze Momente. Wenn er etwa an die vielen Toten denkt, die die Mafia im Norden wie im Süden im Alltagsgeschäft produziert. Oder daran, dass eben wegen jener Mafiosi, mit denen er Geschäfte macht und Gunstbeweise austauscht, der Süden Italiens zum Armenhaus geworden ist. Ausgebeint, zerrissen, mit offenen Wunden. Ausgeblutet aufgrund eines furchtbaren menschlichen Aderlasses. Wenn Giovanni an all das denkt, tröstet er sich mit dem Spruch, dass man Ethik nicht essen kann. Diesen Spruch benutzt er als Putzlappen, mit dem er sein schwaches Sozialbewusstsein, sein schwaches Bürgergewissen ohne Ethik und Moral aufpolieren kann.
    Giovanni empfängt wen auch immer in seiner Bank. Seine bevorzugten Kunden sind die Kalabresen aus der Ortschaft Isola di Capo Rizzuto bei Crotone. Die bringen wirklich Geld ins Haus. Er hat gerüchteweise davon gehört, dass sie Teil eines mächtigen Netzwerks sind. Angeblich gehören sie zum Umfeld des ’Ndrangheta-Clans Arena aus Isola di Capo Rizzuto und sind in Modena wirtschaftlich aktiv. Und zwar auf dem Gebiet der »Informatik«. Sie haben sehr viel Geld. Liquidität, die teilweise nicht mehr rational erklärbar ist und die Giovanni beiseite zu schaffen hilft. Er ist Direktor einer Bank. Und damit deren oberste finanzielle Entscheidungsinstanz. Das, was sich hinter dem mächtigen Geldstrudel verbirgt, der von einem Konto auf ein anderes transferiert wird, interessiert den Direktor nur wenig. Der aus einer alten Modeneser Familie stammende Giovanni ist jederzeit bereit, ein Auge zuzudrücken. Den Arena-Clan zu fördern ist ihm, der mit Tortellini und Lambrusco aufgezogen wurde, zur Leidenschaft geworden.
    Verbindungsglied zwischen dem Clan und dem Direktor ist Paolo Pelaggi, welcher im Juli 2010 wegen Geldwäsche und Betrug festgenommen wurde. Die ermittelnden Staatsanwälte beschuldigen ihn, dem Arena-Clan zugearbeitet zu haben. Den Ermittlungsbeamten zufolge gehört er zum Humankapital des Clans. Über seine Firmen half er bei der Geldwäsche und organisierte ein »Umsatzsteuer-Karussell« (Umsatzsteuerbetrug). Paolo Pezzati, ein Schweizer Steuerberater, der im Zusammenhang mit derselben Operation verhaftet wurde, unterstützte ihn dabei. Pezzati wurde in New York aufgespürt, nach einer mehrtägigen Flucht. Im September 2011 wurde er zu zwei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt, jedoch vom Vorwurf, den Arena-Clan unterstützt zu haben, freigesprochen.
    Mit zahlreichen Maßnahmen war es den Beamten der Anti-Mafia-Behörde von Catanzaro im Laufe der jahrelangen Ermittlung gelungen, die Zusammensetzung des Arena-Clans aufzudecken. Zu ihrem Organigramm gehören die Brüder Gentile, Fiore und Francesco, sowie der Sohn des letzteren, Tommaso. Bis zu seiner Verhaftung 2006 war Francesco damit beauftragt, Geschäfte des Clans in Modena und in der Schweiz zu koordinieren. Ihm folgten Fiore und Tommaso nach als Aufseher der Millionengeschäfte in der Region der Motoren zwischen Fiorano und Maranello.
    In der Emilia-Romagna führen die Brüder Pelaggi die Geschäfte des Clans. Davide, Emanuele und Paolo. Von ihnen erzählt der Kronzeuge Angelo Cortese: »Das Geschäft, das dieser Pelaggi in Maranello hat, ist riesig. Ein Wahnsinn, mit Büros und allem drum und dran. Sie sprachen von Milliarden. Da gab’s ’ne Bank, da gab’s alles. Er hat sich mit der ’Ndrangheta eingelassen, und das nicht zu knapp, alles getarnt natürlich.« Dem Kronzeugen zufolge wurden die Geschäftsleute aus Maranello von der ’Ndrangheta gedeckt und konnten auch vom Entgegenkommen der Banken profitieren. Eine perfekte Maschinerie, wie Cortese erklärt.
    Als die erste Verhaftungswelle vorüber ist, erkennt Giovanni, dass er auch dieses Mal davongekommen ist. Er liest die Namen der Verhafteten, denen Geldwäsche und Betrug vorgeworfen wird. Zudem wird ihnen vorgeworfen, die ’Ndrangheta unterstützt zu haben. Giovanni lächelt. Die ’Ndrangheta, denkt er bei sich, ist eine schöne Erfindung. Er erschreckt nicht einmal, als er den Namen von Paolo Pelaggi unter den Verhafteten entdeckt. Giovanni kennt ihn gut. Sie sind sich bei verschiedenen Gelegenheiten begegnet. Er hat verschiedene Konten für ihn

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