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Magazine of Fantasy and Science Fiction 01 - Saturn im Morgenlicht

Magazine of Fantasy and Science Fiction 01 - Saturn im Morgenlicht

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 01 - Saturn im Morgenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.A.
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Es war wie der Sprung auf ein Karussell mit einem Umfang von eben 274 000 Kilometern ...
    Aber eine geisterhafte Art Karussell, denn die Ringe sind nicht fest, und man kann direkt durch sie hindurchblicken. Ganz aus der Nähe sind sie so gut wie unsichtbar; die Milliarden einzelner Teilchen, aus denen sie sich zusammensetzen, liegen so weit auseinander, daß sie in ihrer unmittelbaren Nähe wie kleine Klötze, die sehr langsam vorüberziehen, wirken. Nur wenn man in die Ferne schaut, vereinigen sich die unzähligen Teile zu einem fortlaufenden Tuch, wie ein Hagelsturm, der unaufhörlich um den Saturn fegt.
    Das ist allerdings kein Ausspruch von mir, aber er ist gut. Denn als wir unser erstes Stück echten Saturnringes in die Luftschleuse brachten, schmolz es in wenigen Minuten zu einer Pfütze schmutzigen Wassers zusammen. Manche Leute glauben, daß es den Zauber zerstört, zu wissen, daß die Ringe – oder vielmehr 90 Prozent davon – aus ganz gewöhnlichem Eis bestehen. Aber das ist eine dumme Einstellung; sie würden genauso wunderbar, genauso schön sein und nicht anders wirken, wenn sie aus Diamanten wären.
    Als ich im ersten Jahr des neuen Jahrhunderts zur Erde zurückkam, begab ich mich wieder auf eine Vortragsreise – diesmal sollte sie nur kurz sein, denn ich hatte jetzt eine Familie und wollte von ihr soviel wie möglich sehen. Ich traf Herrn Perlman in New York, wo ich an der Columbia sprach und unseren Film ›Die Erforschung des Saturn‹ zeigte. (Ein irreführender Titel! Wir waren nicht näher als 32 000 Kilometer an den Planeten selbst herangekommen. Niemand träumte in jenen Tagen auch nur davon, daß der Mensch jemals in den turbulenten Schlamm, welches dem am nächsten kommt, was Saturn seine Oberfläche nennt, hinunterkommen könnte.)
    Nach dem Vortrag wartete Herr Perlman auf mich; ich erkannte ihn nicht, denn seit unserem letzten Treffen hatte ich ungefähr eine Million Leute getroffen. Aber als er seinen Namen nannte, kam mir alles plötzlich wieder in den Sinn, und zwar so deutlich, daß ich mir darüber klar wurde, was für einen großen Eindruck er auf mich gemacht hatte.
    Es gelang uns, von der Menschenmenge fortzukommen; obgleich er es verabscheute, sich in einer Ansammlung von Menschen zu bewegen, hatte er eine außerordentliche Fähigkeit dafür, sie in der Hand zu haben – und dann zu verschwinden, bevor seine Opfer sich dessen bewußt waren. Obgleich ich das ein paarmal erlebte, konnte ich doch nie herausfinden, wie er es fertigbrachte.
    Auf jeden Fall nahmen wir eine halbe Stunde später ein ausgezeichnetes Essen in einem exklusiven Restaurant ein (natürlich gehörte es ihm). Es war eine wundervolle Mahlzeit, besonders nach dem Huhn mit Eiskreme-Essen des Vortragsrings – aber er ließ mich dafür auch zahlen. Im übertragenen Sinn, meine ich.
    In Hunderten von Berichten, Büchern und Artikeln waren jetzt die Tatsachen und Fotos, die die zwei Expeditionen gesammelt hatten, veröffentlicht worden. Herr Perlman schien das gesamte Material, soweit es nicht zu technischer Art war, gelesen zu haben; was er von mir wollte, war etwas ganz anderes. Auch dann hielt ich sein Interesse noch für das eines einsamen, alternden Mannes, der dem Traum seiner Kindheit nachjagte. Ich hatte recht, aber das war nur ein Bruchteil des Gesamtbildes.
    Er suchte etwas, das all die Berichte und Artikel nicht berücksichtigt hatten. Was war es für ein Gefühl, so wollte er wissen, morgens aufzuwachen und diesen großen, goldenen Globus mit seinen dahinjagenden Wolkengürteln hoch oben am Himmel zu sehen? Und die Ringe selbst – wie wirkten sie sich auf die Stimmung eines Menschen aus, wenn sie so nahe waren, daß sie den Himmel von einem Ende zum anderen ausfüllten?
    »Da müssen Sie einen Dichter fragen«, sagte ich – »nicht einen Ingenieur. Aber soviel kann ich Ihnen verraten: wie lange man auch den Saturn anschaut und zwischen seinen Monden herumfliegt, man kann es doch nie ganz glauben. Immer wieder ertappt man sich bei dem Gedanken: ›Es ist alles ein Traum – so etwas kann gar nicht wahr sein.‹ Und dann geht man zum nächsten Ausguck – und da ist es vor einem und nimmt einem den Atem.
    Denn das eine dürfen Sie nicht vergessen, ganz abgesehen von der Nähe, konnten wir die Ringe auch von Winkeln und Stellungen aus betrachten, wie es von der Erde aus ganz unmöglich ist, von wo aus man sie nur zur Sonne gewandt sehen kann. Wir konnten in ihre Schatten fliegen, und dann glänzten sie

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