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Magazine of Fantasy and Science Fiction 17 - Grenzgänger zwischen den Welten

Magazine of Fantasy and Science Fiction 17 - Grenzgänger zwischen den Welten

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 17 - Grenzgänger zwischen den Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.A.
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Menschen‹ auf eine völlig neue Basis zu stellen. Harry zuckte nochmals mit den Schultern und schlug eine neue Seite auf.
    Er las die Anzeigen mit einer Mischung aus Widerwillen und Verzweiflung. Harry hatte nichts gegen Werbung einzuwenden – ganz im Gegenteil –, aber die allgemeine Tendenz der Anzeigen machte ihn wütend. Die Männer und Frauen waren entweder Kinder mit großen glänzenden Augen oder Jugendliche, die geradezu unwahrscheinlich energiegeladen und lebensfroh wirkten. Ältere Menschen schienen einfach nicht zu existieren. Immer wieder wurden Schönheitsmittel für Frauen angepriesen, die eine Art ewiger Jugend verhießen. Offenbar ließ sich durch regelmäßige Infektionen einer Mischung aus Bienenwachs, Mondstaub und Aprikosensaft erreichen, daß Frauen unbegrenzt lange jung und ›aktiv‹ blieben, bis sie schließlich eines Tages mitten in einer Party wegen Altersschwäche zusammenklappten.
    »Der Teufel soll sie alle holen«, murmelte Harry vor sich hin und zündete sich eine verbotene Zigarette an.
    Das alles war in der guten alten Zeit anders gewesen, überlegte er. Sein Vater hatte sich nicht mit fünfzig Jahren zwangsweise zur Ruhe setzen müssen. Der alte Herr war selbst als achtzigjähriger Invalide nicht so völlig allein und verlassen gewesen.
    Aber die wirklich gute alte Zeit war eigentlich schon mit Großvater Eddington ins Grab gesunken. Harrys Kinder nannten ihn Harry, wenn sie ihn überhaupt anzusprechen geruhten. Harry selbst hatte seinen Vater Dad oder Pop genannt. Harrys Vater hatte seinen Vater niemals anders als Vater genannt. Und in den meisten Fällen hatte er das unterdessen fast ausgestorbene Wort Sir hinzugefügt.
    Harry erinnerte sich an Großvater Eddington; er erinnerte sich sogar sehr deutlich an ihn. Er dachte an das Mittagessen nach dem sonntäglichen Kirchgang zurück, als er selbst noch ein Kind gewesen war, und er erinnerte sich an die Erzählungen seines Vaters, der gern von Großvater Eddington gesprochen hatte. Der Alte war eine imposante Gestalt gewesen und hatte sein Haus wie ein König regiert.
    Harry sah ihn förmlich vor sich, wie er am Sonntagnachmittag gravitätisch die Straße entlangschritt, um im Park die Vögel zu füttern. Er trug immer weiße Anzüge; in der rechten Hand hielt er einen mit Schnitzereien verzierten Spazierstock, den er gelegentlich durch die Luft wirbeln ließ, während er marschierte. Einige Familienmitglieder behaupteten sogar, Großvater habe mit diesem Stock schon mehr als einen Lümmel unsanft behandelt, der sich ihm in den Weg gestellt hatte.
    Als Harry noch ein kleiner Junge gewesen war, hatte er an Sonntagen den schrecklichen blauen Anzug anziehen müssen, bevor er Großvater auf diesen Spaziergängen in den Park begleiten durfte. Damals war ihm Großvaters geschnitzter Spazierstock begehrenswerter als alles andere auf der Welt erschienen. Eines Tages, hatte er sich selbst versprochen, würde er auch einen Spazierstock haben. Dann war er jemand.
    Leider entsprach die Wirklichkeit nicht ganz seinen damaligen Vorstellungen.
    Harry hatte keinen Spazierstock, weil er genau wußte, daß die Leute ihn auslachen würden, wenn er sich einen kaufte. Außerdem ging heutzutage ohnehin niemand mehr zu Fuß. Seine Autorität innerhalb der Familie war gleich Null. Der weise alte Mann, dessen Rat jeder suchte, war bestenfalls ein guter Witz, über den man herzhaft lachen konnte. Kein Mensch kümmerte sich darum, was er von diesem oder jenem Problem hielt. Die Feldmäuse? Harry war noch immer davon überzeugt, daß Goodman und Armstrong gute Musiker gewesen waren. Die Marskolonie? Harry konnte einen Asteroiden nicht von einem Meteor unterscheiden und gab sich auch gar keine Mühe ...
    Tatsachen waren eben Tatsachen. Er hatte den Kontakt zu der Außenwelt völlig verloren, daran war nichts mehr zu ändern.
    Er lehnte sich in den Liegesessel zurück. Die Massage begann. Harry erlebte eine Art Wachtraum. Das kam in letzter Zeit immer häufiger vor – er schlief nicht richtig, war aber auch nicht völlig wach ...
    Harry ging rasch die Straße hinunter, wobei sein Anzug weiß in der Sonne schimmerte. Der Spazierstock in seiner rechten Hand wirbelte durch die Luft. »Guten Tag, Sir«, sagte ein Mann und nahm dabei die Kappe ab. Harry nickte ihm geistesabwesend zu; er mußte eine Entscheidung treffen. Es handelte sich um den neuen Park, der vorgeschlagen worden war. Man brauchte nur die schäbige Gegend zwischen Main Avenue und Fulmore Street

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