Magazine of Fantasy and Science Fiction 23 - Am Tag vor der Ewigkeit
dieser alte Mann in dem holzgetäfelten Büro ... Ich schüttelte den Kopf, um diese Doppelbelichtung zum Verschwinden zu bringen, und holte tief Luft. Versuch's noch mal, Dravek.
Diesmal sah ich eine riesige Halle vor mir, in der es viele Röhren und Geräusche und scharfe Gerüche gab. Die Luft war voller Rauch – oder eher Dunst –, und dieser Dunst stieg aus großen Tanks auf, die mich an vergrößerte Sauerstoffflaschen erinnerten.
Auch das half mir nicht weiter. Nochmals ein neuer Versuch.
Diesmal sah ich ein Frauengesicht: etwas hervorstehende Backenknochen, riesige dunkle Augen, in denen man ein Boot schwimmen lassen konnte, rotbraunes Haar, das auf schlanke Schultern herabfiel, und eine gute Figur ... aber weder Name noch Identität.
Los, Dravek! Du mußt dich an mehr erinnern: Name, Adresse, Telefonnummer, Beruf, zuletzt gesehen am Abend des ...
Wieder nichts. Ich drehte den Kopf zur Seite und sah eine schwarze Ledertasche auf dem Tisch liegen. Die Tasche schien etwas zu enthalten.
Es fiel mir nicht leicht, mich aufzurichten, aber irgendwie schaffte ich es doch. Meine Seite schmerzte, und ich spürte die warme Feuchtigkeit auf meinen Rippen, die mir signalisierte, daß die Wunde wieder aufgebrochen war. Aber ich setzte meine Füße auf den Boden und stand endlich schwankend auf. Jeder Schritt war unendlich mühsam, aber ich erreichte den Tisch, bevor ich mich hinlegen mußte. Sobald ich wieder einigermaßen klar denken konnte, setzte ich mich auf und griff nach der Tasche.
Sie ließ sich leicht öffnen und enthielt genau das, was Frauen seit Nofretetes Tagen in ihren Handtaschen mit sich herumschleppen. Einen Kamm, einige Tuben und Döschen, eine kleine Schachtel, in der etwas klapperte, ein halbes Dutzend Plastikdinger, die zu einem Armband zu gehören schienen, und ein Zeitungsausschnitt. Ich warf nur einen Blick auf den Ausschnitt; er beschrieb irgendeine Modeschau und war für mich reichlich uninteressant.
Ich wollte den Zeitungsausschnitt schon zurücklegen, als mir etwas am oberen Rand auffiel. Es war nicht viel, nur ein Datum: Samstag, 3. März 2103.
Einen Augenblick lang schien der Boden unter meinen Füßen zu schwanken. Der ganze Raum drehte sich langsam um mich, und ich hatte plötzlich das Gefühl, diese Szene nur in einem Traum erlebt zu haben.
»Zweitausendeinhundertdrei«, sagte ich laut. »Haha – das ist ein guter Witz.« Der Zeitungsausschnitt fiel mir aus der Hand, und ich sah mich um. Der Raum wirkte durchaus echt. Von der Terrasse her blies ein kühler Luftzug herein. Zwischen den Säulen waren unterdessen freundliche Wölkchen aufgetaucht. Dieser vertraute Anblick half mir ziemlich.
»Dann habe ich nächste Woche Geburtstag«, murmelte ich vor mich hin. »Meinen hundertfünfundsechzigsten ...«
Vorläufig konnte ich nichts mehr unternehmen. Ich legte die Handtasche auf den Tisch zurück und aß einige Birnen, um wieder zu Kräften zu kommen. Dann wankte ich zu der Couch und streckte mich darauf aus. Ich wollte eigentlich wach bleiben, aber nach einiger Zeit schlief ich doch ein und träumte von einem großen Raum voller Lärm und aufgeregter Gesichter und einem kleineren Raum mit einem grünen Tank, aus dessen offener Tür weiße Dampfwolken quollen. Ich sah einen Mann in weißer Uniform, der im Gesicht blutete, und eine weinende Frau, und ich sagte: »Das ist ein Befehl, verdammt noch mal!« Und dann wichen sie alle vor mir zurück, und ich nahm etwas in beide Arme und ging durch die Tür, aus der Dampf quoll, und hörte hinter mir die Frau weinen ...
Der blaue Himmel war schwefelgelb und dunkelrot geworden, bevor mein Gastgeber zurückkam – diesmal allein. Er summte eine Melodie vor sich hin, und ich spielte tot, während er mein Lid zurückschob. Dann trat er an die Wand und drückte auf einige Knöpfe der Konsole, die er herausgezogen hatte. Er nahm etwas aus einem Schlitz, hob es hoch, betrachtete es mit gerunzelter Stirn und kam damit zu mir. Als er nach meinem Arm griff, legte ich ihm plötzlich beide Hände um den Hals. Er schrie auf, wedelte mit den Armen und ließ das Ding fallen, das er in der Hand gehabt hatte. Ich stand auf und drückte ihn gegen die Wand, bevor er in die Tasche greifen konnte. Er starrte mich erschrocken an.
»Was ist das beste Mittel gegen einen Lethenolkater, Jess?« Ich ließ kurz seinen Hals los, damit er wieder Luft holen konnte. »Wer sind Sie, Jess? Was treiben Sie?«
Er versuchte mich zu beißen. Ich schlug seinen Kopf
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