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Magdalenas Garten

Titel: Magdalenas Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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das Lokal im Jahr 1979 tatsächlich schon geführt zu haben. Doch nach einem kurzen Blick auf das Foto, das Magdalena ihm mit flatternden Händen unter seinen dicken Hals hielt, schüttelte er den Kopf.
    Â»Hier liefen so viele von denen rum!«
    Â»Aber schauen Sie doch noch mal genauer hin! Es ist sehr wichtig für mich.« Magdalena spürte, dass sie kleine Knickse beim Sprechen machte.
    Â»Kenn’ ich nicht. Äh, tut mir leid …« Er schaute ihr einen Moment lang nachdenklich in die Augen, doch dann brüllte er plötzlich: »Lidia, die Tische!«, und wandte sich ab. Magdalena warf einen letzten Blick auf Napoleon in seinem Eierbecher, verließ das Lokal und machte sich an die Arbeit.
    Eine Stunde später hatte sie nicht nur fünf weitere Restaurants, sondern auch sechs Läden, eine Apotheke, einen tabaccaio und sieben Eiscafés abgeklappert. Das war’s. Mehr gab es nicht in Procchio. Wieder setzte sie sich auf den Stuhl vor der Bar. Sie steckte das Foto in die Handtasche und atmete tief aus. Viele von denen, die sie hatte befragen wollen, waren einfach zu jung, die schieden aus, manche schnalzten nur verneinend mit der Zunge, einige sagten, es täte ihnen leid, niemand wusste etwas.
    Plötzlich wollte sie nur noch weg, es war hoffnungslos. Elba hatte immerhin 223,5 Quadratkilometer, auf denen sie ihn unter gut 30 000 Einwohnern suchen musste, im Sommer kamen laut Reiseführer noch mal drei Millionen Besucher dazu. Ein ziemliches Getümmel, um jemanden zu finden. Vielleicht hatte er auch nie hier gelebt.

    Der Junge mit dem Roller hatte die Stellung gehalten. Während Magdalena von einem Geschäft in das nächste lief und das Alter der Besitzer nach ihrem Aussehen und der Tiefe ihrer Falten abschätzte, hatte er mit Freunden geplaudert, war mehrmals um sein Fahrzeug gelaufen oder hatte darauf wie auf einem Karussellpferdchen gehockt. Eine ganze Stunde lang. Nun setzte er sich seinen Helm auf und warf den Roller an. Magdalena räusperte sich: »Fährst du nach Portoferraio, zur Fähre?«
    Statt einer Antwort wies er mit einer knappen Kopfbewegung auf den Sitz hinter sich, Magdalena zögerte keine Sekunde, sie stieg auf, der Motor zog an, und sie schossen den Berg hinauf. Sie klammerte sich an den Haltegriff hinter ihr und legte sich mit dem Fahrer in die Kurven, wobei sie versuchte, seinen Rücken nicht mit ihren Brüsten zu berühren. Der Fahrtwind ließ ihre Haare flattern, der Junge fuhr schnell, er drehte richtig auf. Und bremste sofort wieder. Magdalena donnerte mit dem Kopf an seinen Helm und rieb sich die Stirn. Eine rote Ampel, die Straßenseite war gesperrt, der Fahrbahnbelag wurde ausgebessert. Während die Schlange der Autos hinter ihnen immer länger wurde, kamen ihnen auf der anderen Spur die Fahrzeuge entgegen. Magdalena starrte auf den Nacken des Jungen vor sich, noch einmal sah sie die roten Rücklichter des Busses davonfahren, was für ein Glück! Mit einem Mal hatte sie es wieder eilig, sie presste ihre Schenkel an den Sitz des Rollers und gab ihm die Sporen, sie wollte in den nächsten zwei Stunden wenigstens noch in Portoferraio herumfragen. Doch vorher musste sie unbedingt Stefan Bescheid sagen, der mit seinem Bus sicher schon an der Fähre stand. Die Busfahrer gingen nie mit in die Städte, sie saßen auf abgelegenen Parkplätzen und warteten - in Rom war es so gewesen, am Gardasee und in Tirol. Ganz Italien stand in dieser Minute voller Busse mit gelangweilten Busfahrern.
    Endlich ging es weiter, immer höher schraubten sie sich, fuhren
durch felsige Wände und dichten Wald, als sich plötzlich die Baumreihen öffneten und unter ihnen der Golfo di Procchio im Sonnenschein zu sehen war. Magdalena stöhnte leise, so wie auch immer das ganze Oberdeck stöhnte, wenn sie an einer besonders schönen Stelle vorbeikamen. Das Meer war ruhig und blau, der Sand so weiß wie an der Nordsee. Dort unten, in dieser Bucht, die sich wie eine glatte Ohrmuschel in die krakelige Küstenlinie einfügte, war sie gerade noch entlanggelaufen. Und wenn sie ihn tatsächlich fand? Vielleicht war er ein Mafioso geworden, die gab es auch in Norditalien. Oder er hatte fünf Kinder. Oder war zum dritten Mal geschieden. Sie legte sich mit dem Rollerfahrer in eine weitere Kurve. Rollerfahren machte wirklich Spaß. Magdalena genoss die Sonne auf ihren Schultern und dachte einen kurzen Moment an

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