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Magdalenas Garten

Titel: Magdalenas Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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gar nichts, da machte der Junge plötzlich einen Schlenker. Sie nahm das grässliche Gefühl der unter ihr auf dem Rollsplitt wegrutschenden Räder wahr - und danach nichts mehr.
    Â 
    Sie lag auf dem Rücken, vor ihren Lidern war absolute Dunkelheit. In ihrem Kopf rauschte das Blut, dumpf und knisternd, wie wenn man unter Wasser schwebt. Warum spürte sie ihre Arme und Beine nicht? Es gab offensichtlich keine Verbindung mehr zwischen ihrem Gehirn und ihren Gliedmaßen. Das konnte nur eins bedeuten: Sie war gelähmt und wahrscheinlich auch für den Rest ihres Lebens blind und taub.
    Ein Pfeifen, dann ploppte es kurz in ihren Ohren, als ob ein Korken herausgezogen würde, und sie hörte einen Vogel, der immer wieder die gleichen drei Töne zwitscherte. Sie konnte sich nicht bewegen, lag einfach da. Es war still, auch der Vogel war wieder verstummt, nur das Pfeifen blieb, es wurde regelmäßig laut und leiser, und irgendwann erkannte sie ihren Atem, der durch ihr linkes Nasenloch pfiff. Es kribbelte in ihren Händen.
Ohne die Augen zu öffnen, versuchte sie die Finger zu bewegen. Es ging. Langsam tastete sie mit beiden Händen den Boden neben ihren Oberschenkeln ab: harte Erde, Kies, Rollsplitt. Dankbar, wieder etwas zu fühlen, presste sie die Steinchen in ihre Fingerspitzen, bis es schmerzte. Ihre Beine wurden plötzlich warm, vor ihren Augen entstand eine merkwürdige Helligkeit, sie stemmte die Lider hoch und erkannte über sich etwas, das aussah wie ein von öligem Dreck überzogenes Auspuffrohr. Magdalena schloss die Augen wieder. Was war passiert? Warum lag sie hier, und warum wurden in diesem Moment ihre Knie warm? Ihre nackten Knie. Da war was mit Napoleon. Und einem Steckdosenadapter. Adattatore di spina di corrente elettrica. Vermutlich hatte sie schwere Verletzungen, aber immerhin konnte sie sich noch an diese sechs italienischen Wörter erinnern. Es roch nach Schmieröl und Abgasen.
    Â»Ouuh!«, rief jemand laut, sie zuckte zusammen.
    Â»Mi senti? Stai bene?« Eine tiefe Stimme. Sie hörte ihn, konnte aber nicht antworten, so fest klebten ihre Lippen zusammen. Dicht über ihr hing ein Teertropfen an einer verkrusteten Manschette, ihr Gehirn arbeitete langsam, wie ein uralter Computer, doch mit einem Mal spuckte es ein Ergebnis aus: Sie lag unter einem Auto, und der Teertropfen würde ihr gleich auf die Stirn fallen. Schön, da hat wenigstens der Italiener da draußen etwas zu lachen.
    Â»Nannini!«, rief er jetzt. Leichte Schritte kamen über den Kies in ihre Richtung. Geh weiter, Gianna Nannini, betete sie, lass mich einfach hier unten liegen.
    Â»Puoi muoverti?« Ein rot angelaufenes, unrasiertes Gesicht tauchte neben ihr auf, zwei vor Anstrengung hervorquellende Augen. Ob sie sich bewegen könne. Sie wackelte zum Beweis mit den Füßen. Der Kopf verschwand wieder.
    Â»Nannini!«, rief er erneut. Flip-Flops mit einem Blütenpuschel
zwischen den Zehen traten an die Stelle des verschwundenen Kopfes, lackierte Fußnägel in Türkisblau. Was für eine Farbe! Magdalena hatte sich die Fußnägel noch nie türkisblau lackiert, sie hatte sich die Fußnägel überhaupt noch nie lackiert. Sie waren so nah, dass sie nach ihnen hätte greifen können. Nannini. Deren Fuß nervös auf und ab wippelte. Es half nichts, sie musste wohl unter dem Auto hervorkommen. Vorsichtig robbte sie mit den Hüften etwas nach vorn und stieß sich den Kopf, von rechts und links wurde nach ihren Ellenbogen gegriffen, langsam half man ihr auf. Magdalena blinzelte in die Sonne und schaute an sich herab. Ihre Hose war immer noch nass, doch jetzt auch an beiden Knien aufgerissen, links hing ein besonders großer Fetzen des blauen Wollstoffs herunter, ihr linker Turnschuh fehlte. Der Roller lag mit verdrehtem Lenker neben ihnen, der Junge beugte sich über einer flachen Mauer am Rande der Parkbucht. Er hielt seine rechte Hand wie ein rohes Ei in der linken und erbrach sich hinunter in das Dickicht. Der Mann mit dem roten Gesicht ließ Magdalena los und ging zu ihm hinüber. Eine Welle der Übelkeit stieg in ihr hoch.
    Â»Es ist nichts passiert, du bist nur unter mein Auto gerutscht, das hier stand. Wir wollten gerade losfahren, aber ich hatte den Autoschlüssel oben vergessen.« Die junge Frau mit den türkisblauen Fußnägeln hielt Magdalena an den Schultern fest und schaute sie mit großen

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