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Maggie O´Dell 02 - Das Grauen

Maggie O´Dell 02 - Das Grauen

Titel: Maggie O´Dell 02 - Das Grauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Kava
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schmerzte von der Anstrengung, die drohenden Schluchzer zu unterdrücken.
    Sie schlang die Arme um sich, entschlossen, die Kindheitserinnerungen abzuwehren. Zu lange hatte sie gebraucht, das Trauma zu überwinden. Jetzt spürte sie jedoch, wie sich die Bilder durch die sorgfältig errichteten Barrieren drängten, wieder ins Bewusstsein sickerten, es infizierten und zu vergiften drohten. Sie durfte nicht zulassen, dass ihre Ängste zurückkehrten und sie hilflos machten. Oh Gott, sie hatte Jahre gebraucht, sie zu verdrängen, und weitere Jahre, sie auszulöschen. Nein, sie durfte sich ihnen nicht hingeben. Bitte, lieber Gott, nicht jetzt, wo ich mich schon so ausgeliefert und hilflos fühle!
    Regen setzte ein, und Tess ließ sich an der Wand hinabgleiten,bis sie den Schlamm wieder an sich saugen spürte. Die Arme um die angezogenen Knie gelegt, wiegte sie sich vor und zurück, um der Kälte und den Erinnerungen zu trotzen, die sich dennoch Bahn brachen. Als wäre es gestern gewesen, wusste sie wieder, wie es war, als Sechsjährige lebendig begraben zu werden.

45. KAPITEL
    „Ich glaube, Stucky hat auch meine Nachbarin entführt.“
    „Komm schon, Maggie, jetzt spinnst du.“ Gwen saß in Maggies Liegesessel, nippte Wein und tätschelte Harveys großen Kopf auf ihrem Schoß. Sie hatten sich sofort miteinander angefreundet. „Nebenbei bemerkt, dieser Wein ist recht gut. Du entwickelst dich zum Kenner. Siehst du, es gibt noch was anderes als Scotch.“
    Maggies Glas war noch randvoll. Sie wühlte in den Akten, die Tully ihr über Jessicas und Ritas Ermordung gegeben hatte. Außerdem hatte sie schon vor Gwens Ankunft ausreichend Scotch getrunken, um die Rastlosigkeit zu dämpfen, die ihr ständiger Begleiter geworden war. Sie hatte gehofft, Zielschießen würde die Anspannung lindern, doch nicht mal der Scotch entfaltete heute seine übliche anästhesierende Wirkung. Stattdessen hatte sie Schwierigkeiten, mit ihrem verschwommenen Blick die eigene Handschrift zu entziffern. Allerdings freute es sie, endlich einen Wein gefunden zu haben, der Gwen schmeckte.
    Als Gourmetköchin genoss Gwen gutes Essen und gute Weine. Nachdem sie vorhin angerufen und angeboten hatte, das Dinner mitzubringen, war Maggie zu Sheps Spirituosenladen geeilt und hatte in den Regalen gesucht. Die Verkäuferin, eine attraktive, sehr enthusiastische Brünette namens Hannah, hatte ihr erklärt, der Bolla Soave sei ein delikater trockener Weißwein mit blumigerWürze und Aprikosenaroma. Hannah hatte ihr versichert, er passe ausgezeichnet zu Gwens Dinner aus Hühnchen, in Folie gegart, mit Spargel.
    Wein war Maggie viel zu komplex. Bei Scotch musste sie nicht zwischen Merlot, Chardonnay, Chablis, rosé, rot oder weiß wählen. Alles, was sie sich merken musste, war Scotch pur. Ganz einfach. Und er erfüllte seinen Zweck. Allerdings nicht heute Abend.
    „Was sagt die Polizei zu Rachels Verschwinden?“
    „Ich bin mir nicht sicher.“ Maggie blätterte eine Akte mit Zeitungsausschnitten durch, fand aber nicht, was sie suchte. „Der leitende Detective beschwerte sich bei Cunningham, ich sei in sein Territorium eingedrungen. Deshalb kann ich ihn nicht einfach anrufen und sagen: ,He, ich glaube, ich weiß, was in dem Fall passiert ist, aus dem Sie mich heraushalten wollen‘. Aber meine Nachbarin und der Ehemann der Verschwundenen tun so, als sei Rachel einfach abgehauen.“
    „Das ist komisch. Hat sie das denn schon mal gemacht?“
    „Keine Ahnung. Aber ist es nicht noch komischer, dass der Ehemann den Hund nicht haben will?“
    „Nicht, wenn er glaubt, dass sie mit jemand durchgebrannt ist. Den Hund abzulehnen ist eine der wenigen Möglichkeiten, die ihm bleiben, sie zu strafen.“
    „Das erklärt nicht, warum wir den Hund verletzt aufgefunden haben. Da war eine Menge Blut in dem Haus, und ich bin immer noch nicht überzeugt, dass alles von Harvey stammte.“ Maggie bemerkte, dass Gwen wie therapeutisch Harveys Kopf streichelte. „Wer nennt einen Hund Harvey?“
    Er blickte auf, als Maggie seinen Namen nannte, bewegte sich jedoch nicht.
    „Es ist ein schöner und guter Name“, erklärte Gwen und setzte ihr großzügiges Streicheln fort.
    „So hieß auch der schwarze Labrador, von dem der Serienkiller David Berkowitz glaubte, er sei besessen.“
    Gwen verdrehte die Augen. „Warum denkst du jetzt gleich wieder an so was? Vielleicht ist Rachel ein Fan von James Stewart, oder sie ist wild auf Filmklassiker und benannte ihn nach dem zwei Meter

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