Maggie O´Dell 02 - Das Grauen
abgewischt.“
„Richtig. Die Anrufliste zeigte jedoch einen Anruf beim Pizzadienst früher am Abend.“
Maggie hielt inne und blickte zu Tully. Mein Gott, sollte es so leicht gewesen sein? „So hat er sie also entführt. Er hat einfach eine Pizza bestellt?“
„Das haben wir ursprünglich geglaubt“, erklärte er. „Wir fanden die Auslieferungsliste in ihrem abgestellten Auto. Wir sind sie durchgegangen und haben Adressen und Telefonnummern überprüft. Als Cunningham Newburgh Heights als Ihren neuen Wohnort entdeckte, prüfte er Ihre Anschrift und fand sie auf der Liste. Auch alle anderen Adressen gehörten zu Bewohnern der Gegend. Die meisten Leute, mit denen wir bisher gesprochen haben, waren auch zu Hause und haben ihre Pizza erhalten. Da sind nur ein paar übrig geblieben, die ich telefonisch nicht erreichenkonnte, aber ich will nach Newburgh Heights fahren und sie persönlich überprüfen.“
Er reichte ihr zwei Fotokopien von Zetteln, die aussahen wie von einem Block gerissen. Der Kopierer hatte auch die ausgefransten Ecken abgebildet. Auf beiden Listen standen fast ein Dutzend Adressen. Ihre stand ganz oben und war mit dem Zusatz „ks1“ versehen. Sie lehnte sich gegen die Wand, da die Erschöpfung sie einholte. Natürlich war sie den größten Teil der Nacht beobachtend, abwartend von Fenster zu Fenster gewandert. Den einzigen Schlaf hatte sie auf dem Rückflug von Kansas City bekommen. Und wie gut konnte man sich bei Flugangst in zwölftausend Metern über dem Boden schon ausruhen?
„Wo haben Sie das Auto gefunden?“
„Auf dem Langzeitparkplatz am Flughafen. Daneben entdeckten wir einen Van der Telefongesellschaft, der vor einigen Wochen als gestohlen gemeldet wurde.“
„Keine Spuren in Jessicas Wagen?“ fragte sie und überflog die Adressenliste.
„Da war etwas Lehm auf dem Gaspedal. Sonst nicht viel. Ihr Blut und ein paar blonde Haare, auch welche von ihr, haben wir im Kofferraum entdeckt. Er muss ihren Wagen benutzt haben, um die Leiche zu transportieren. Keine Kampfspuren im Auto, falls Sie in diese Richtung denken. Allerdings muss er sie irgendwo hingebracht haben, wo er sich Zeit mit ihr lassen konnte. Das Problem ist, es gibt keine verlassenen Lagerhäuser oder leer stehende Anwesen in Newburgh Heights. Ich dachte, er hat dem Pizzaservice vielleicht eine Geschäftsadresse angegeben, weil Büros nachts leer stehen. Doch auf der Liste taucht nichts dergleichen auf.“
Plötzlich erkannte Maggie eine Adresse, straffte sich und stieß sich von der Wand ab. Nein, so leicht konnte das doch nicht sein. Sie las die Anschrift noch einmal.
„Tatsächlich schwebte ihm wohl etwas Luxuriöseres vor.“
„Haben Sie etwas entdeckt?“ Agent Tully war neben ihr und blickte auf die Liste, die er sich unzählige Male angesehen hatte, ohne etwas Auffälliges festzustellen.
„Diese Anschrift hier.“ Maggie deutete auf eine in der Mitte der Liste. „Das Haus steht zum Verkauf. Es ist leer.“
„Sie machen Witze. Sind Sie sicher? Wenn ich mich recht entsinne, ist das Telefon immer noch an einen Auftragsdienst angeschlossen.
„Die Eigentümer lassen sich ihre Anrufe wohl weiter durchstellen. Ja, ich bin sicher, dass es zu verkaufen ist. Meine Immobilienmaklerin hat es mir vor etwa zwei Wochen gezeigt.“
Der Rest der Akte, die sie sich unter den Arm geklemmt hatte, war ihr nicht mehr wichtig. Sie war schon fast durch die Tür, ehe Agent Tully sie aufhielt.
„Warten Sie!“ Er riss sein zerknittertes Jackett von der Lehne des Bürostuhls. Dann stolperte er über ein abgetragenes Paar flacher Schuhe. Halt suchend griff er nach der Schreibtischkante und stieß einen Stapel Akten herunter, so dass sich Unterlagen und Fotos über den Boden verteilten. Da er ihr Angebot, beim Einsammeln zu helfen, mit einer abwinkenden Geste ablehnte, wartete Maggie gegen den Türrahmen gelehnt, bis er fertig war. Schlimm genug, dass Cunningham sie zwang, Dr. James Kernan aufzusuchen, aber dass er ihr auch noch diesen Chaoten aufhalste, war der Gipfel.
37. KAPITEL
Maggie übte sich in Geduld, während Delores Heston von Heston Immobilien den richtigen Schlüssel suchte. Die Sonne sank bereitshinter der Baumreihe an der Grundstücksgrenze. Die vergebliche Suche nach Tess McGowan hatte Maggie viel Zeit gekostet. Obwohl sich Miss Heston sehr entgegenkommend zeigte, war Maggie nervös, gereizt und sehr besorgt. Sie wusste, hier hatte Albert Stucky Jessica Beckwith getötet. Sie konnte es spüren. Es war so
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