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Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt

Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt

Titel: Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
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um die Ecke und dann sind wir alle nur noch Veteranen wie die
ganzen Achtundsechziger, ich meine, guck dir die doch mal an, die sind alle in
meinem Alter, und die tun schon so wie früher die alten Säcke, die immer die
Hosen hochgekrempelt und ihren Knieschuss aus Stalingrad gezeigt haben. Für
die ist das Leben doch schon vorbei. Die erzählen doch nur noch von früher!«
    »Du aber
auch, Ferdi. Ich meine, warum lässt du die Dinge nicht einfach so, wie sie
sind?! Lass doch das ganze Rave- und Technoding einfach mal laufen, das ist
doch die Idee dabei.«
    »Du
verstehst es auch nicht.« Ferdi schüttelte den Kopf. »Natürlich lass ich das
laufen. Aber ich will, …« Er starrte aus dem Fenster, zog an seinem Joint und
hielt ihn mir dann wieder hin.
    »Nein
danke, Ferdi!«
    Ferdi
seufzte. »Ich will, dass irgendwas bleibt.«
    »Nein«,
sagte ich. »Irgendwas bleibt immer, das brauchst du gar nicht zu wollen, Ferdi.
Das hast du doch gerade selbst gesagt. In Wirklichkeit willst du bestimmen, was bleibt. Du bist ein Kontrollfreak, Ferdi. Du glaubst, du kannst das Ding so
steuern, dass du die Kontrolle darüber hast, was davon übrigbleibt.«
    »Ach, das
Ding steuern …« Er drückte den Joint im Aschenbecher aus und warf den Stummel
aus dem Fenster. »Warte nur, bis du die Springtime gesehen hast. Das ist
unglaublich! Das können nicht mal die Magnetic-Leute noch steuern. Das läuft
alles von alleine. Aber ich will, dass ein Label wie BummBumm noch was anderes
am Laufen hat als immer nur Geld, Geld, Geld und noch mehr Platten, das kann
doch nicht alles sein! Ich meine, wir schippen die Maxis raus wie blöd und
dauernd diese Goldverleihungen. Wo ist denn da die Herausforderung … – was
ist denn jetzt los?!«
    Während wir geredet hatten, war der Verkehr
um uns herum immer dichter und immer langsamer geworden und jetzt standen wir
mitten im Stau. Um uns herum kurbelten die Leute ihre Scheiben runter und so
auch wir und von überall drangen die asynchronen Signale vieler Bummbumms zu
uns herüber und herein und wenn man genauer hinsah, entdeckte man überall die
Autos mit den Ravern drin, sie waren überall und alle voll besetzt und es kamen
Arme aus den Fenstern, die im jeweiligen Takt mitzuckten, und als gar nichts
mehr voranging, wurden Autotüren geöffnet und die Leute kamen heraus und
liefen zwischen den Wagen herum und klopften auf die Dächer von anderen Autos
und Ferdi drehte die Bummbumm-Kassette, die die ganze Zeit leise vor sich hin
gelaufen war, auf volle Lautstärke, dass alle im Auto aufwachten und Raimund
und Schöpfi von oben durch die Luke guckten. Basti und Holger öffneten die
Schiebetür und liefen auf die Straße und schwenkten die Arme oder wie man das
nennen sollte, was sie da so machten, und Schöpfi gleich hinterher und dann
fielen sich die ersten Leute da draußen in die Arme und dann ging es im
Schritttempo weiter und die, die draußen waren, liefen zwischen den Autos
weiter mit und zuckten dabei und klopften auf Autodächer und von überall kam
Gehupe, von dem man nicht wusste, ob es Sympathie- oder Hassgehupe war, es
wurde jedenfalls immer mehr und die Autos wurden auch wieder schneller und
dann kamen Basti und Holger und Schöpfi in das Auto gehechtet und Holger
schloss die Tür und wir nahmen Fahrt auf.
    »Es geht
los«, schrie Schöpfi gegen das dumpfe Kassetten-Bummbumm an, das den Wagen von
innen zu sprengen drohte. »Es geht los!«
    Dabei waren
wir erst kurz vor dem Kamener Kreuz!

68. Tradition Spargelessen vs. Tradition Fischessen
    Für die
letzten fünfzig
Kilometer bis zur Ruhr-Emscher-Halle in Essen brauchten wir anderthalb Stunden,
und je näher wir der Stadt und der Halle kamen, desto größer wurde natürlich
auch die Raverdichte, irgendwann waren um uns herum nur noch Autos mit
Bummbumm-Beschallung und nickenden Köpfen und heruntergekurbelten Scheiben
und wippenden Armen und bei uns im Auto wurden alle immer aufgeregter und
zeigten und zappelten und plapperten durcheinander, nur Ferdi nicht, der saß
mit verschränkten Armen neben mir und schwieg lächelnd und nickend vor sich
hin, wenn er nicht gerade einen durchzog, und als Raimund sich neben ihn setzte
und ihm auf die Schulter klopfte und »Mensch, Ferdi, gleich geht’s los!« sagte,
zog er an seinem Joint und stellte kurz die Bummbumm-Kassette leiser, nur um
für jedermann hörbar zu entgegnen: »Raimund, keine Verbrüderungen jetzt!«,
woraufhin Raimund meinte, es sei doch alles geklärt und er habe

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