Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt
Ferdis
Entschuldigung doch angenommen, was Ferdi mit den Worten »Von einer Entschuldigung
weiß ich nichts!« erwiderte, und einen kurzen Moment wurde es ganz still im
Auto, auch hinten, alle hatten natürlich die Ohren gespitzt und Sigi rief: »Was
ist denn los da vorne?!«, worauf Ferdi nur mit den Schultern zuckte und
die Musik so laut drehte, dass die Scheiben zitterten, und dann krochen wir
weiter Richtung Essen durch irgendwelche Städte und Straßen und irgendwann
merkte ich, wie mir die Paranoia hochkam, meine Hände schwitzten so sehr, dass
sie kaum noch das Steuer halten konnten, glücklicherweise gab es nichts mehr zu
lenken, wir waren in Essen angelangt und auf den letzten paar hundert Metern
zur Halle ging gar nichts mehr und ich wollte nur noch aus dem Auto raus und
die Musikdröhnung im Auto machte es nicht besser, nichts gegen die gute alte
Bummbumm-Musik, aber sie kann auch ein 1a-Paranoia-Verstärker sein, und die
Musik runterzudrehen kam natürlich nicht in Frage, ich also schön die Hände
vom Steuer genommen und an der Hose abgewischt und Ferdi nur so lächelnd und
kiffend und ich fragte mich, ob ich vielleicht kontaktstoned war und Ferdis
Hasch jetzt meine Paranoia anschob und ob es bei Ferdi vielleicht genauso
aussah, ob also die Paranoia, die bei mir langsam aber sicher Oberwasser
kriegte, nur eine Zwillingsschwester von einer ähnlichen Paranoia bei Ferdi
war, denn Ferdi lächelte nicht mehr, er kiffte und kiffte zwar, aber er
lächelte nicht, genauer gesagt guckte er ziemlich schlechtgelaunt, wenn nicht
gar panisch aus der Wäsche, und vielleicht war es auch umgekehrt, vielleicht
ging die Urparanoia von mir aus und Ferdi war bei mir kontaktparanoid,
vielleicht ging die Sache auch im Dreieck, sein Hasch brachte mir die Paranoia
und ich steckte ihn wiederum damit an, so dachte ich hin und her, was man halt
so tut, wenn man sich von der Paranoia ablenken will, denn wenn die Paranoia
erstmal anmarschiert, ist einem ja jeder Ablenkungsgedanke recht, und Ferdi,
das war mal klar, war auch nicht glücklich, als wir da mitten in Essen im Stau
steckten wie der Stiel im Eis, er drückte den Joint aus
und öffnete sein Hemd, er trug ja als einziger immer Hemden, der gute alte
Ferdi, und immer bis oben zugeknöpft, das war schon ganz früher so gewesen, als
wir noch zusammen in der Band gespielt hatten, immer Hemd an, nie T-Shirt oder
sowas und das Hemd immer bis ganz oben zugeknöpft, der alte Zwangscharakter,
und jetzt passierte also etwas, das ich noch nie zuvor gesehen hatte, Ferdi
machte den obersten Knopf seines Hemds auf und dann sagte er: »Lass uns mal
gucken, dass wir hier aus der Scheiße rauskommen, das nervt doch!«, und ich
nahm den Anfahrtsplan, da war ein fotokopiertes Stück Stadtplan dabei, in das
sie mit dickem Edding eine schwarze Linie für die Anfahrt zur Halle und zum Hotel
hineingemalt hatten, so dick, dass man die dazugehörigen Straßennamen
natürlich nicht mehr lesen konnte, sehr sinnig, aber die Querstraßennamen eben
schon, deshalb reimte ich mir irgendwie zusammen, wo wir waren, und bog in eine
Seitenstraße ab und versuchte es durch ein Wohngebiet hindurch, links, rechts,
links, Sackgasse, Einbahnstraße, rechts, Einbahnstraße, links, rechts, bis wir
wieder auf die Straße kamen, von der wir ursprünglich abgebogen waren, nur ein
paar Meter weiter hinten, und die Autos standen dort lustig herum und die
Raver waren ausgestiegen und tranken Sportgetränke und Bier und johlten und
zuckten und da waren wir nun und Ferdi sagte: »Wie weit noch, das kann doch
nicht mehr weit sein?!«, und ich sagte: »Höchstens ein paar hundert Meter!«,
und Raimund sagte: »Dann gehen wir eben zu Fuß, sonst kriegen wir das nicht
mehr rechtzeitig auf die Reihe mit dem Spargelessen!«, und so fuhr ich wieder
zurück in das beknackte Wohngebiet und suchte nach einem halbwegs anständigen,
jedenfalls nicht gemeingefährlichen Parkplatz, was einige Zeit dauerte, zumal
wir nicht die einzigen
waren, die auf diese Idee gekommen waren, doch dann klappte es irgendwie und
gerade noch rechtzeitig, denn Ferdi war schon ziemlich mit den Nerven runter
und schrie, als ich den Wagen irgendwo hineingequetscht hatte, wo es
wahrscheinlich Geld kosten, aber wenigstens zu keinen Abschleppereien kommen
würde, Ferdi also schrie: »Alle raus, und weg vom Auto, bevor die Bullen
kommen!«, und er sprang aus dem Auto und lief los und alle anderen hinterher,
aber Raimund brüllte ganz laut: »Halt! Taschen
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