Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt
durch und wäre gern dageblieben, naja,
Gewohnheit, die alte Sau, sie lässt einen nicht im Stich.
Ferdi
wartete schon
ungeduldig an der Rezeption auf mich und bei ihm standen einige Leute, Hans und
Leute von anderen Labels, die Ferdi mir hektisch vorstellte, hier der und der
von Magnetic, da die und die von Knatter Records und so weiter und so fort und
ich immer nur Hallohallojasuper, ich wurde nervös, Ferdis Hektik war ansteckend,
da hatte ich keinen Sinn für das Anknüpfen neuer Bekanntschaften und Ferdi
brach das auch gleich wieder ab, »Wir gehen mal rüber, bis denn, haut rein!«,
rief er und lief mit mir los und Hans hinterher, er trug einen Karton vor dem
Bauch, in dem die bemalten Leinenlappen lagen, die ich in Köln schon gesehen
hatte, und ich fragte, ob ich ihm helfen solle, aber er sagte nein, das sei
eine Frage der Ehre, bloß dass er das Gaffa Tape vergessen habe, das sei
bitter, da müsse man dann mal gucken, da könne ich ihm vielleicht später doch
noch helfen blablabla, und so liefen wir zu dritt durch den Verbindungsbau
vom Fluxi zur Halle und Hans redete immer weiter über das Gaffa Tape, ohne das
nun gar nichts ginge, und wir gelangten in den äußeren Ring der Halle, in dem
die Leute im Tageslicht im Kreis liefen, alle im Uhrzeigersinn und alle auf der
Suche nach irgendwas, während von hinter der Wand aus der Halle das Bummbumm
herausdrang wie aus einem Maschinenraum. Ferdi führte uns einige Treppen hoch
zu einem zweiten und dann einem dritten Ring, und der war für das allgemeine
Publikum gesperrt, wir mussten die Ausweise, die Ferdi an der Rezeption
verteilt hatte, vorzeigen, um überhaupt auf die Treppe dahin zu kommen. Von
diesem oberen Ring gingen die Lounges ab, »Da wollen wir doch gleich mal
sehen«, sagte Ferdi und studierte die Nummern über einigen Türen und schloss
dann die Nummer 12 auf und dahinter roch es säuerlich nach Bier und kaltem
Rauch wie in jeder normalen Eckkneipe, und so sah der Raum auch aus, es war
ein Festival der Hässlichkeit, ein Furniermöbel-, Linoleum-, Ziegelwand- und
Terrakottafliesen-Albtraum, aber auf einer Seite waren große Fenster und die
gaben den Blick frei in die Halle und das erste, was Ferdi machte, war, zu einem
der Fenster zu gehen und es aufzuschieben und rauszugucken
und Hans und ich hinterher, und so schauten wir eine Weile auf die große Fläche
in der Mitte der Halle, in der es langsam losging, es waren schon Leute da unten,
vielleicht ein paar tausend, das war in dieser Halle nicht viel, und die
zuckten sich schon mal in Fahrt und es waberte und blitzte und bummbummte und
Ferdi schrie gegen das Bummbumm, das direkt und wörtlich frischen Wind in die
muffige Sportlerkneipe brachte, weil mit jedem Beat ein Schwall Raverluft zu
uns hereinwehte, Ferdi schrie jedenfalls gegen das Bummbumm an: »Wartet nur,
bis das richtig voll ist!« Dann schob er die Scheibe wieder zu und sah sich um.
»Okay«,
sagte er, »das sieht scheiße aus. Zeig mal, was du am Start hast, Hans!«
»Ich
brauche aber Gaffa Tape«, sagte Hans. »Oder was Ähnliches. Hab ich vergessen.«
»Jetzt zeig
schon!« sagte Ferdi.
»Ich geh
mal Gaffa Tape suchen«, sagte ich, denn irgendwie wollte ich nicht dabei sein,
wenn Hans seine Bilder bzw. Lappen oder wie man das nennen sollte, zeigte, das
hatte ich schon immer schlimm gefunden, darunter hatte ich, als ich noch
selber mit Kunst zugange war, am meisten gelitten, dieser Moment, wo man einem,
der dazu was sagen sollte, einer, von dem man was wollte oder was auch immer,
wenn man so einem also aus irgendeinem Abhängigkeitsding heraus sein Werk
zeigte, das hatte mich immer fertig gemacht, weil selbst die, die es gut
meinten und das Werk mochten, immer das Falsche sagten, naja, jedenfalls sah
ich zu, dass ich nicht dabei war, wenn Hans Ferdi seine Lappen zeigte, also
ging ich hinaus aus der BummBumm-Lounge und schaute mich draußen ein bisschen
um.
Es war noch
nicht viel los, aber ich sah ein paar Leute, die Polohemden trugen, auf denen
»Event Gastro Essen« stand, und einen davon sprach ich an und fragte ihn, ob er
mir ein bisschen Gaffa Tape leihen könne, falls er sowas habe, und ob er mir
außerdem schon mal erklären könne, wie das hier mit dem Bier für die Lounges
liefe, und er war ein netter Kerl und erklärte mir alles und lief derweil mit
mir herum und fragte überall für mich nach Gaffa, bis mir jemand in Loge 8, der
Lounge von Magnetic, eine Rolle Gaffa schenkte, er gab es mir mit den Worten
»Für BummBumm
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