Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt
machte mir
den ganzen schönen Protoschlumheimer kaputt, ich musste erst noch einen
Papierkorb dazustellen, dann ging es wieder, dann glich sich das irgendwie
aus und ich konnte wieder zurück zu Frau Schmidt.
»Reparaturformulare«,
rief ich im Hineinkommen, um ihr gleich den Wind aus den Segeln zu nehmen, und
dazu schwenkte ich die beiden Zettel, die ich noch hatte, »ich brauche neue
Reparaturformulare!«
»Da ist der
Kopierer«, sagte sie und sah dabei auf die elektrische Schreibmaschine, in die
sie hineinhämmerte, was sie aus ihrem Kopfhörer eingeflüstert bekam, sie konnte
das alles gleichzeitig, das eine sagen und was anderes dabei anhören und auch
noch in ihre Maschine tippen, eine tolle Frau eigentlich, sie sah auch nicht
schlecht aus, obwohl sie schon um die fünfzig war, irgendwie sexy, das kommt
davon, dachte ich, wenn man die Pillen absetzt, es dauert nicht lange, dann
kommt der Notstand und dann ist sogar Frau Schmidt sexy.
»Ich
brauche aber Tipp-Ex«, sagte ich.
Sie hörte
auf zu tippen und nahm entnervt ihren Kopfhörer ab.
»Was wollen
Sie denn mit Tipp-Ex?«
»Ich muss
das hier wegmachen«, sagte ich und zeigte auf die Schrift auf dem
Reparaturzettel, den ich im Eifer des Gefechts schon vollgeschrieben gehabt
hatte. »Ich brauche ja zwei davon, weil das doch DIN A5 ist und die Kopien DIN
A4, dann muss ich ja zwei auf den Kopierer legen, und der eine ist schon
vollgekritzelt, da brauch ich mal eben Tipp-Ex, ist doch logisch.«
»Logisch
ist, wenn Sie den anderen, der noch leer ist, erst einmal kopieren, dann haben
Sie zwei leere Formulare, die Sie auf den Kopierer legen können, und mit denen
machen Sie dann die ganzen nächsten Kopien!« Sie setzte den Kopfhörer wieder
auf und tippte weiter. Eine tolle Frau, keine Frage, aber auch böse, also ging
ich zum Kopierer und tat, was sie mir vorgeschlagen hatte, man muss wissen,
wann man verloren hat.
Ich war
gerade fertig und wollte mich rausschleichen, zurück zu meinem Schlumheimer
für Arme, als sich die Tür von Dr. Selges Büro öffnete und Dr. Selge, die
Leiterin des Kinderkurheims Elbauen höchstselbst, in Frau Schmidts Vorzimmer
kam. Ich wusste nicht genau, ob ich sie grüßen sollte, sie sah ja nicht zu mir
her, sondern steuerte auf Frau Schmidt zu, »wer hereinkommt, grüßt«, heißt es,
aber auch »der Mann grüßt zuerst« und »jung grüßt alt«, und eine Frau und alt
war Dr. Selge, sie sah sogar noch ein wenig älter aus als sonst, irgendwie
übernächtigt, und schweren Schritts steuerte sie auf Frau Schmidt zu, die
immer weiter tippte und tippte, und ich raffte schnell meine Kopien zusammen
und machte mich auf den Weg zur Tür, aber da hatte sie mich schon gesehen und
rief: »Ach Karl, das trifft sich gut, bleiben Sie doch noch eben«, denn das war
der Kompromiss gewesen, den sie seinerzeit, als ich ihr Patient und
Angestellter wurde, für die Anrede gefunden hatte, sie wollte mich eigentlich
duzen, weil sie mich als Kind schon gekannt hatte, sie war ja die beste
Freundin meiner Mutter und wahrscheinlich auch der Grund dafür gewesen, dass
meine Mutter mit mir damals nach Hamburg gezogen war, da war ich schon vierzehn
gewesen und mein Vater gerade tot, jedenfalls kannte mich Dr. Selge, seit ich
denken konnte, sie hatte wegen ihrer großen Freundschaft mit meiner Mutter auch
vorher schon den Weg nach Bielefeld nie gescheut, ein gern gesehener Gast war
sie in Ostwestfalen gewesen, deshalb hatte sie mich, als ich mit der lockeren
Schraube in ihre psychiatrische Behandlung kam, zunächst hemmungslos angeduzt
und ich hatte sie, um gar nicht erst das alte Tante-Marianne-Ding wieder
anzufangen, gnadenlos zurückgesiezt und in die Ecke gedoktort, und am Ende
hatte sie sich mit sich selbst darauf geeinigt, mich zu siezen und
Karl zu nennen, die blödeste Lösung, wenn man erstmal drüber nachdenkt.
»Bleiben
Sie bitte, ich möchte noch mit Ihnen sprechen, ich versuche Sie schon den
ganzen Morgen zu erreichen, wo sind Sie denn gewesen?!«, sagte sie und nun
schauten mich beide Frauen an, Frau Schmidt und Dr. Selge, es war ein bisschen
wie mit Heidrun und Gabi, den Muttis von Gruppe acht, und ich hätte gerne den
Pümpel wiedergehabt, um auch symbolisch die Kluft zwischen ihnen, den Macht- und Geistesmenschen, und mir, dem Mann von Tat und Faust oder jedenfalls dem,
der die Scheiße wegschiebt und -saugt, zu unterstreichen, der Pümpel war ein
starkes Symbol, zu stark wahrscheinlich für den kleinen Schlumheimer, er hatte
die ganze
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