Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt
Elbauen gezählt waren.
»Ja, gehen
Sie, dann lernen Sie die alle kennen«, sagte ich, »das ist gut, die Glühbirnen
sind dahinten und die Dichtungsringe für die Wasserhähne sind alle in allen
Größen in dieser Schachtel« – ich schob ihm die Box mit den Dichtungsringen
hin, und dabei erinnerte ich mich daran, wie ich zusammen mit Rüdiger, der
damals schon keinen Führerschein mehr gehabt hatte, zum Max Bahr in Altona
gefahren war, um unter anderem diese Box zu kaufen, sie war aus Plastik und
hatte viele kleine Unterteilungen, und wir hatten uns, Rüdiger und ich, darauf
geeinigt, dass das die ideale Box für Dichtungsringe sei, ich hatte es
jedenfalls gesagt und Rüdiger, der hier ja wohl nur noch Herr Wieczorek hieß
und demnächst dann wohl in die Klapsmühle einchecken durfte, hatte genickt, er
hatte schon damals nicht mehr viel gesagt, der arme Schluckspecht, eine
Super-Dichtungsringbox war es jedenfalls und haltbar und sie war super
bestückt, aber auch dieser Umstand wurde mir dadurch verleidet, dass Herr Niemeyer
die Box jetzt strahlend und mit den Worten »Das ist ja eine praktische Sache!«
entgegennahm und sie sogar noch mit
dem Ärmel polierte, bevor er sie zu den anderen Werkzeugen tat und mit dem
ganzen Geraffel durch die Tür verschwand.
Aber gut,
dass er weg war, denn war es kurz nach zehn und laut Raimund Schultes Ansage
war ja ab zehn immer einer bei den BummBumm-Leuten im Büro, was immer das dann
für ein Büro sein sollte, der BummBumm-Club hatte kein Büro gehabt, nur ein
kleines Kabuff, in dem mit Geldscheinen und Koks hantiert und Dosenbier
gelagert worden war, nun gut, ich würde es gleich herausfinden, dumm nur, dass
ich für Ferngespräche vom Werkstattapparat Frau Schmidt zum Freischalten der
Leitung und zum Notieren der Einheiten in einer Telefonliste brauchte, also rief
ich Frau Schmidt an: »Frau Schmidt«, flötete ich in den Hörer, »ich muss mal
ein Ferngespräch führen, könnten Sie mich mal eben dafür freischalten?«
»Meinetwegen,
Herr Schmidt, aber dann müssen Sie das heute noch bezahlen, wir sind gehalten,
die Telefonlisten nicht zu lange unabgerechnet zu lassen und Sie sind ja nun
wohl erstmal im Urlaub, habe ich gehört«, kam es eisig aus der Leitung zurück.
Da oben hatten sie eine klare Meinung über mich, das war offensichtlich. Ich
war der gesunkene Stern, Herr Niemeyer arschklar die neue Hoffnung, jetzt, wo
sie Herrn Niemeyer hatten, brauchten sie mich nicht mehr so dringend,
wahrscheinlich gar nicht mehr, da mussten sie ihren Hass nicht mehr im Zaum
halten, so kam es mir in diesem Moment jedenfalls vor, so rauschte es durch
meinen niemeyerverwirrten Kopf, und ich hatte keine Gegenstimme in petto.
»Ich würde
es an Ihrer Stelle genauso halten, Frau Schmidt«, sagte ich. »Ich kann Ihnen
das nicht verdenken.«
»Wie meinen
Sie das? Das verstehe ich nicht. Was denn halten? Welche Stelle?«
»Vielen
Dank schon mal für die Mühe, dieses Telefon für Ferngespräche freizuschalten«,
trieb ich das Gespräch weiter voran. »Sie sind sehr freundlich.«
»Ist alles
in Ordnung, Herr Schmidt?«
»Auf jeden
Fall, Frau Schmidt.«
»Dann ist
ja gut. Kommen Sie dann noch hoch und bezahlen?«
»Nach jedem
Telefonat, Frau Schmidt.«
»Werden das
mehrere?«
»Das kann
sein, Frau Schmidt. Es geht um meinen Urlaub, ich muss da einige Dinge
regeln.«
»Soso. Die
Leitung ist jetzt frei.« Frau Schmidt legte auf.
Ich
probierte die Nummer, die Ferdi aufs Band gesprochen hatte, ich hatte sie mir
am Vorabend, als das Plenum endlich vorbei gewesen war, schnell mit einem Kugelschreiber
auf den Oberarm gekritzelt. Und tatsächlich, Frau Schmidt sei Dank konnte ich
bis nach Berlin durchwählen und auf der anderen Seite läutete es und es ging
auch wirklich jemand ran.
»BummBumm
Records, Basti.«
»Karl
Schmidt hier. Ich würde gerne mal Raimund oder Ferdi sprechen.«
»Die sind
nicht da.«
»Wann
kommen die denn?«
In diesem
Moment kam Herr Niemeyer wieder rein und deutete stumm auf die Stechbeitel, die
über der Werkbank hingen. Ich trat so weit, wie es die Telefonschnur erlaubte,
beiseite, um ihn da ranzulassen. Er nahm das 12- und das 16-mm-Stechbeitel von
der Wand und ging damit wieder davon.
»Keine
Ahnung«, sagte Basti.
»Wann
kommen die denn immer so ins Büro?«
»Weiß
nicht, das ist unregelmäßig, das weiß ich nicht, keine
Ahnung.«
»Haben die
eine Nachricht für mich hinterlassen? Für Karl
Schmidt!«
»Hm, weiß
nicht, wollten sie das?«
»Die
Weitere Kostenlose Bücher