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Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt

Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt

Titel: Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
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gemeinnützige
Einrichtung, eine Körperschaft öffentlichen Rechts, seit wann zahlen wir denn
Umsatzsteuer?«
    »Ja, Sie
nicht in diesem Fall, Frau Schmidt, ich aber ja wohl.«
    »Aber Sie
sollen doch bloß die Telefonkosten erstatten! Da muss ich erstmal den
Quittungsblock suchen.«
    »Kein
Problem. Ich habe Zeit. Hier sind die eine Mark achtzig.« Ich zählte ihr das
Geld auf den Schreibtisch. »Die Quittung geht auch formlos, einfach auf der
Schreibmaschine, das macht mir nichts, nur damit alles seine Ordnung hat, Frau
Schmidt.«
    »Ja, ja,
warten Sie, ich hab’s doch gleich«, sagte Frau Schmidt und wühlte derweil
weiter nach dem Quittungsblock, und irgendwie tat sie mir plötzlich leid, weil
sie so dämlich war, die böse Tippmamsell, die Quittungsgeschichte machte ihr
richtig Angst.
    »Schon gut,
Frau Schmidt, es geht auch ohne Quittung«, sagte ich , »ich hab’s mir
überlegt, es geht zur Not auch ohne.«
    »Wie,
ohne«, sagte sie mit hochrotem Kopf. »Was denn nun? Eben haben Sie noch gesagt,
Sie wollen eine Quittung! Das geht doch wohl nicht, dass Sie eine Quittung
wollen und hier die Mücken scheu machen und dann plötzlich rein in die
Kartoffeln, raus aus die Kartoffeln, wo gibt’s denn sowas?!«
    »Der eine
so, der andere so, Frau Schmidt«, nahm ich wieder Fahrt auf, es nützte ja wohl
nichts, mit der alten Angstbeißerin Mitleid zu haben, »da hat jeder seine eigene
Meinung!«
    »Das kann
man ja wohl sagen. Ich trag das hier jetzt ein« – sie wedelte mit einer Liste
–, »ich trag das gleich hier in der Liste ein und dann hat das alles seine
Ordnung, da können Sie jeden fragen.«
    »Ja, Frau
Schmidt, eine Mark achtzig für neun Einheiten, ich merk’s mir auch
vorsichtshalber noch, nur wenn die Liste verloren geht …«
    »Verloren?
Wieso denn verloren?!«
    »Ich muss
dann nachher noch einmal telefonieren, aber besser, wenn Sie die jetzt schon
mal verbuchen, nicht dass man da später durcheinanderkommt. Also nur, dass ich
das nicht zweimal bezahlen muss!«
    »Auf keinen
Fall, wo denken Sie hin, ich schreibe das da jetzt rein, das ist doch klar, und
hier geht doch nichts verloren, was ist das denn für eine …«
    »Bis
gleich, Frau Schmidt«, kürzte ich die Sache ab und ging raus.
    Draußen sammelte ich Herrn Niemeyer ein und
ging mit ihm in den Tierpark, um ihm alles zu zeigen. Er fütterte Jimmy und
Johnny mit Mehlwürmern aus der bloßen Hand. »Das sind ja ganz liebe Kerlchen«,
sagte er und Johnny, der kleine Verräter, ließ sich sogar von ihm streicheln.
Ich hatte keine Lust mehr und erklärte Herrn Niemeyer, dass ich jetzt Rasen
mähen würde. Er wollte mitkommen und den Rasenmäher kennenlernen, also nahm
ich ihn mit und zeigte ihm den Rasenmäher und Herr Niemeyer prüfte gleich mal
die Zündkerzen und meldete sich freiwillig für das Rasenmähen und damit hatte
ich ihn erstmal von
der Backe, denn das Kinderkurheim Elbauen ist an vielen Dingen knapp, an
Planstellen etwa, nicht aber an Rasen, Rasen war das große Ding, er war überall
und rundherum, so weit das Auge reichte, da würde ich erst einmal für längere Zeit
nicht mehr seinen höflichen Atem im Nacken spüren.
    Also ging
ich alleine zurück in die Werkstatt und nahm einen Kaffee und der schmeckte
nach Essig, ertappt, Herr Niemeyer, versagt, Essig im Kaffee, nur doof, dass ich den jetzt trinken musste und nicht er, er ratterte jetzt mit dem Rasenmäher
über den Rasen, der, wie mir jetzt erst einfiel, eigentlich zum Mähen noch viel
zu kurz war, sollte Herr Niemeyer in diesem Moment schon den zweiten Fehler des
Tages begehen?
    Egal, es
war kurz vor zwölf, bald war Mittag, im Kinderkurheim Elbauen aß man früh und
ich dachte mir, es sei das Beste, noch einmal bei Raimund und Ferdi anzurufen.
Frau Schmidt stellte mich fast wortlos nach draußen durch.
    »Hallo?« Es
war eine Frauenstimme.
    »Bin ich da
richtig bei BummBumm?«
    »Ja, was
gibt’s?«
    »Hier ist
Charlie, ist Raimund da? Oder Ferdi?«
    »Weiß
nicht, muss ich eben mal gucken, ich bin nur bei denen auf dem Label.« Sie rief
etwas in den Raum. Dann: »Sie sind eben wieder weg, heißt es.«
    »Kommen die
nochmal wieder?«
    »Warte mal,
ich frag mal einen von den Spacken hier …«
    Sie wurde
laut und schrie irgendwelche Leute an, interessante Frau, dachte ich, dann war
sie schon wieder am Rohr, und ihre Stimme war etwas heiserer als zuvor: »Die
haben hier nur Idioten sitzen, ich geb dich mal weiter!«
    »Hallo,
hier ist Dave?!«
    »Hallo,
hier ist Charlie.

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