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Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt

Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt

Titel: Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
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den Hörer vom Telefon ab. Während ich mit Anneliese von Gruppe sieben
über ihre kaputten Stühle plauderte, machte sich Herr Niemeyer an der
Kaffeemaschine zu schaffen, prüfte den Stand des Pulvers im Filter, füllte
Wasser ein und machte sie an. Als er sah, dass ich ihn beobachtete, machte er
eine Pantomime, die wohl bedeuten sollte, dass er nun Kaffee mache und ob das
okay sei. Ich zuckte mit den Schultern. Als ich
auflegte, klingelte das Telefon gleich wieder. Ich nahm es ab, sagte »Einen
Augenblick bitte«, und wandte mich an Herrn Niemeyer: »Herr Niemeyer«, rief ich
über das Gurgeln und Knacken der Kaffeemaschine hinweg, »vielen Dank, dass Sie
schon einmal Kaffee gemacht haben. Wir können nun folgendermaßen verfahren:
Entweder nehmen Sie jetzt die ganzen Anrufe entgegen und notieren die
Probleme, während ich mich schon einmal auf den Weg in Gruppe sieben mache, wo
einige kaputte Stühle abzuholen sind, oder wir machen es genau umgekehrt, was
wäre Ihnen lieber?«
    »Ich bin da
ganz neutral«, sagte Herr Niemeyer und lächelte dabei. »Wie es Ihnen lieber
ist, Herr Schmidt, kein Problem.«
    »Dann
schlage ich vor, Herr Niemeyer, Sie gehen zu Gruppe sieben und holen von dort
die beiden kaputten Stühle herunter, während ich hier weiter Zettel ausfülle.
Wenn das Wichtigste erledigt ist, zeige ich Ihnen den Tierpark.«
    »Das ist
mir sehr recht, auf diese Weise kann ich mich gleich ein wenig bekanntmachen,
Herr Schmidt«, sagte Herr Niemeyer und ging los.
    »Moment«,
rief ich, »wollen Sie nicht wissen, wo Gruppe sieben ist?«
    »Im zweiten
Stock«, sagte Herr Niemeyer, »da sind wir doch eben vorbeigekommen.«
    Und dann
war er weg. Als er wiederkam, hatte er zwei kaputte Stühle dabei und eine
Flasche Essigessenz, die hatte er sich unterwegs »von einer sehr, sehr netten
Reinemachefrau« ausgeliehen, um damit die Kaffeemaschine zu entkalken, da war
er von selber draufgekommen, »natürlich nur, wenn Sie nichts dagegen haben,
Herr Schmidt«, und ich sagte: »Warum sollte ich, das ist eine wunderbare Idee, Herr
Niemeyer«, und so entkalkte er erst einmal Rüdigers alte Knattergurke, während
ich weiter Telefonate entgegennahm und Reparaturzettel ausfüllte.
    »Stört es
Sie, Herr Niemeyer, wenn ich ein wenig rauche?«, sagte ich irgendwann, was ein
bisschen lächerlich war, weil ich ja schon die ganze Zeit eine nach der anderen
gequalmt hatte.
    »Nein,
rauchen Sie, rauchen Sie«, sagte Herr Niemeyer, »ich rauche selber ganz gern
mal ein Pfeifchen nach Feierabend«, und dann fand er ganz von alleine das
Ponal Express und die Schraubzwingen und leimte die Stühle zusammen, als
hätte er nie etwas anderes gemacht.
    »Wir haben
nun die Wahl«, sagte ich, als das Telefon irgendwann nicht mehr klingelte.
»Wir können gemeinsam diese Reparaturen hier« – ich schwenkte die Reparaturzettel – »abarbeiten, oder ich bleibe noch ein bisschen hier und bewache das Telefon,
während Sie schon einmal in die Gruppen gehen und gute Laune verbreiten, oder
wir machen es umgekehrt, was denken Sie, Herr Niemeyer?«
    »Das würde
ich ganz Ihnen überlassen, Herr Schmidt«, sagte Herr Niemeyer und drehte eine
Schraubzwinge fest. »Mit diesen Stühlen bin ich fertig, das muss jetzt nur noch
trocknen. Wenn Sie wollen, übernehme ich die anderen Sachen auch und einer muss
ja am Telefon bleiben, die Leute hier kennen Sie ja viel besser als mich, da
ist es gewiss ratsam, wenn sie eine vertraute Stimme am Telefon vorfinden.«
    »Da sagen
Sie was, da sagen Sie was, Herr Niemeyer«, sagte ich. Herr Niemeyer saß mir
aufmerksam gegenüber und lächelte und wackelte dabei pseudohospitalistisch mit
dem Kopf. Henning hatte auch mal so eine Phase gehabt, bei der er viel mit dem
Kopf gewackelt hatte, und ich hatte damals schon gedacht, dass das die nächste
Es kalationsstufe auf seinem Weg ins kühle Grab wäre, aber Werner hatte ihn
davon wieder abgekriegt, er hatte Henning einfach gesagt, wenn er nicht damit
aufhöre, müsse er in Rente gehen, da war dann gleich Schluss gewesen.
    »Ich gehe
dann die Reparaturen erledigen«, sagte Herr Niemeyer, »darf ich mal?«, und dann
nahm er mir die Reparaturzettel aus der Hand und blätterte sie durch, »Wasserhahn,
Wasserhahn, Klo, Stuhl, Glühbirne, alles klar«, sagte er und kramte im Werkzeug
und stellte sich eine kleine Ausrüstung für seine Reparaturexpedition zusammen,
und ich wusste in diesem Moment, und das machte mich dann doch ein bisschen
traurig, dass meine Tage im Kinderkurheim

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