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Magical Mystery

Magical Mystery

Titel: Magical Mystery Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
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Bauern, der uns ein bisschen Stroh und Heu für die Meerschweinchen gab und wir machten ihnen ihren Stall sauber und gaben ihnen Stroh und Heu und neues Wasser und Salat aus dem Biergarten und wir sammelten noch etwas Löwenzahn für sie auf einer Wiese und danach fuhren wir Richtung Berge, die bei diesem sonnigen Wetter ganz nah zu sein schienen, was sie aber nicht waren, man fuhr und fuhr auf den Landstraßen, denn es war kein Tag für Autobahnen, wie Rosa sagte, immer schön Landstraße, sagte sie, und die Berge kamen nicht näher, es war ein bisschen wie mit dieser Magical-Mystery-Tour, die immer weiter und weiter ging und genauso sinnlos wie großartig war und deren Ende nicht näher kam, genau wie eben diese Berge, die keiner gewollt hatte, die das aber überhaupt nicht interessierte, alles wie Raimund und Ferdi, sagte ich zu den beiden anderen, und Basti sagte, dass er das nicht verstünde, das sei jetzt ein etwas krauses Statement, und Rosa sagte, wir sollten darauf achten, dass sie auf keinen Fall einschlief, sonst würde sie am nächsten Morgen um drei oder sowas aufwachen und das in Unterschleißheim, Horror, dann könne sie für nichts mehr garantieren, und irgendwann kamen wir dann doch unten an den Bergen an und die Straße schlängelte sich hinein und hinein und wir immer weiter bis an eine Bergwand, an der man mit der Seilbahn auf den Gipfel fahren konnte, und das taten wir und dann stolperten wir dort durch den Schnee und fielen dauernd hin, weil wir natürlich die ganz falschen Schuhe anhatten, und dann hatten sie da oben eine Hütte mit Gastro, wo Rosa sich wegen ihrer Angst vor der Seilbahn-Rückfahrt einen Kirsch nach dem anderen reinkippte und ich sie darum beneidete, denn auch ich hatte mir auf der Fahrt nach oben fast in die Hose geschissen vor Angst, aber ich blieb sauber auf der Kaffeespur, und irgendwann fuhren wir wieder runter mit der Seilbahn, was dann gar nicht mehr so schlimm war, und dann zurück Richtung Unterschleißheim und immer schön auf der Landstraße, Rosa las die Karte, damit sie nicht einschlief, aber sie war zu betrunken dazu, also fuhren wir kreuz und quer und Basti sagte, dass es Zeit fürs Abendessen sei, und wir rein in ein Wirtshaus und wieder Bier und Apfelschorle und Schweinebraten und Haxe und Krautsalat und was weiß ich nicht, was noch für Folklorekram sie da auftischten, es war echtes Frankie-Lehmann-Essen, der hatte sowas immer geliebt, schade, dass der nicht dabei war, und ich dachte einen Moment lang, dass das jetzt einer der schönsten Tage war, die ich seit langem erlebt hatte, vielleicht einer der schönsten Tage überhaupt, ich musste jedenfalls verdammt lange zurückdenken, um darauf zu kommen, wann ich zum letzten Mal einen so schönen Tag erlebt hatte, es war irgendwann zur Bielefelder Zeit gewesen und mein Vater und meine Mutter waren mit mir irgendwo hingefahren, keine Ahnung, wohin genau und was wir da gemacht hatten, irgendwas mit Wald und Fluss und Picknick, aber ich erinnerte mich, dass ich damals dasselbe Gefühl gehabt hatte wie jetzt und es hatte mich, auch daran erinnerte ich mich noch, damals ganz traurig gemacht, weil ich gleich gedacht hatte, dass es wahrscheinlich nie wieder so schön werden würde, keine Ahnung, wie ich damals darauf gekommen war, und diese Erinnerung machte mich jetzt auch wieder traurig, und damit war der schöne Tag schon wieder irgendwie nicht ganz so schön, das kommt davon, wenn man zurückdenkt und Vergleiche anstellt, das kommt davon, wenn man sich dauernd erinnert, das kommt davon, wenn man, bloß weil man immer noch im selben Körper steckt, alles, was dieser Körper irgendwann erlebt hat, mit allem anderen sonst noch Erlebten zusammenrührt und das dann begutachtet und durchdenkt und bewertet und verarbeitet und was weiß ich nicht alles – das kommt davon! Und kein Wunder, dass man dann auch gerne Bier und Obstschnäpse trinken würde, und am besten viel und immer weiter und weiter: Weil man dann endlich damit aufhören könnte und einfach nur da wäre und alles wäre gut.
    Aber nicht für mich. Für mich gab es Schweinebraten und Apfelschorle und Krautsalat, das musste reichen, während Basti und Rosa mit jedem Bier lustiger und lustiger wurden, und für einen Moment spielte ich mit dem Gedanken, sie zu bitten, mir nicht die ganze Zeit einen vorzusaufen, aber dann dachte ich, dass das genau das Falsche, dass das genau das Spaßbremsending wäre, das einem die ganze Abstinenzsause erst wirklich verleiden

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