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Magical Mystery

Magical Mystery

Titel: Magical Mystery Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
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Achtundsechziger, ich meine, guck dir die doch mal an, die sind alle in meinem Alter, und die tun schon so wie früher die alten Säcke, die immer die Hosen hochgekrempelt und ihren Knieschuss aus Stalingrad gezeigt haben. Für die ist das Leben doch schon vorbei. Die erzählen doch nur noch von früher!«
    »Du aber auch, Ferdi. Ich meine, warum lässt du die Dinge nicht einfach so, wie sie sind?! Lass doch das ganze Rave- und Technoding einfach mal laufen, das ist doch die Idee dabei.«
    »Du verstehst es auch nicht.« Ferdi schüttelte den Kopf. »Natürlich lass ich das laufen. Aber ich will, …« Er starrte aus dem Fenster, zog an seinem Joint und hielt ihn mir dann wieder hin.
    »Nein danke, Ferdi!«
    Ferdi seufzte. »Ich will, dass irgendwas bleibt.«
    »Nein«, sagte ich. »Irgendwas bleibt immer, das brauchst du gar nicht zu wollen, Ferdi. Das hast du doch gerade selbst gesagt. In Wirklichkeit willst du bestimmen, was bleibt. Du bist ein Kontrollfreak, Ferdi. Du glaubst, du kannst das Ding so steuern, dass du die Kontrolle darüber hast, was davon übrigbleibt.«
    »Ach, das Ding steuern …« Er drückte den Joint im Aschenbecher aus und warf den Stummel aus dem Fenster. »Warte nur, bis du die Springtime gesehen hast. Das ist unglaublich! Das können nicht mal die Magnetic-Leute noch steuern. Das läuft alles von alleine. Aber ich will, dass ein Label wie BummBumm noch was anderes am Laufen hat als immer nur Geld, Geld, Geld und noch mehr Platten, das kann doch nicht alles sein! Ich meine, wir schippen die Maxis raus wie blöd und dauernd diese Goldverleihungen. Wo ist denn da die Herausforderung … – was ist denn jetzt los?!«
    Während wir geredet hatten, war der Verkehr um uns herum immer dichter und immer langsamer geworden und jetzt standen wir mitten im Stau. Um uns herum kurbelten die Leute ihre Scheiben runter und so auch wir und von überall drangen die asynchronen Signale vieler Bummbumms zu uns herüber und herein und wenn man genauer hinsah, entdeckte man überall die Autos mit den Ravern drin, sie waren überall und alle voll besetzt und es kamen Arme aus den Fenstern, die im jeweiligen Takt mitzuckten, und als gar nichts mehr voranging, wurden Autotüren geöffnet und die Leute kamen heraus und liefen zwischen den Wagen herum und klopften auf die Dächer von anderen Autos und Ferdi drehte die Bummbumm-Kassette, die die ganze Zeit leise vor sich hin gelaufen war, auf volle Lautstärke, dass alle im Auto aufwachten und Raimund und Schöpfi von oben durch die Luke guckten. Basti und Holger öffneten die Schiebetür und liefen auf die Straße und schwenkten die Arme oder wie man das nennen sollte, was sie da so machten, und Schöpfi gleich hinterher und dann fielen sich die ersten Leute da draußen in die Arme und dann ging es im Schritttempo weiter und die, die draußen waren, liefen zwischen den Autos weiter mit und zuckten dabei und klopften auf Autodächer und von überall kam Gehupe, von dem man nicht wusste, ob es Sympathie- oder Hassgehupe war, es wurde jedenfalls immer mehr und die Autos wurden auch wieder schneller und dann kamen Basti und Holger und Schöpfi in das Auto gehechtet und Holger schloss die Tür und wir nahmen Fahrt auf.
    »Es geht los«, schrie Schöpfi gegen das dumpfe Kassetten-Bummbumm an, das den Wagen von innen zu sprengen drohte. »Es geht los!«
    Dabei waren wir erst kurz vor dem Kamener Kreuz!

68. Tradition Spargelessen vs. Tradition Fischessen
    Für die letzten fünfzig Kilometer bis zur Ruhr-Emscher-Halle in Essen brauchten wir anderthalb Stunden, und je näher wir der Stadt und der Halle kamen, desto größer wurde natürlich auch die Raverdichte, irgendwann waren um uns herum nur noch Autos mit Bummbumm-Beschallung und nickenden Köpfen und heruntergekurbelten Scheiben und wippenden Armen und bei uns im Auto wurden alle immer aufgeregter und zeigten und zappelten und plapperten durcheinander, nur Ferdi nicht, der saß mit verschränkten Armen neben mir und schwieg lächelnd und nickend vor sich hin, wenn er nicht gerade einen durchzog, und als Raimund sich neben ihn setzte und ihm auf die Schulter klopfte und »Mensch, Ferdi, gleich geht’s los!« sagte, zog er an seinem Joint und stellte kurz die Bummbumm-Kassette leiser, nur um für jedermann hörbar zu entgegnen: »Raimund, keine Verbrüderungen jetzt!«, woraufhin Raimund meinte, es sei doch alles geklärt und er habe Ferdis Entschuldigung doch angenommen, was Ferdi mit den Worten »Von einer

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