Magical Mystery
die Ameise mal eben wegstellen«, unter derlei Gerede fuhr er eine Europalette mit sechs Fässern in die BummBumm-Lounge hinein, half mir eins davon anzuschließen und zeigte mir, wie die Zapfanlage funktionierte, nicht, dass ich es nicht früher mal gewusst hätte, aber ich hatte es vergessen oder verdrängt, ich hatte auch immer lieber in Flaschenbierbars gearbeitet, aber hier in der Ruhr-Emscher-Halle waren Flaschen natürlich verboten und Gläser auch, deshalb hatte mir Martin von der Event Gastro Essen auch gleich noch ein paar Riesenstapel Plastikbecher mitgebracht, die gehörten zu einem Pfandsystem, das an diesem Tag in der Halle nicht galt, die Springtime hatte ihre eigenen Pfandsystembecher am Start und auf diesen hier war Werbung für eine Sportklamottenmarke. Kaum war das Bier angeschlossen und kaum hatten wir angefangen, mit dem Schaum herumzupanschen, der am Anfang immer aus dem Zapfhahn kommt, standen auch schon Leute um mich herum, »Ausgerechnet Bummbumm haben das erste Bier!«, sagte einer, den ich nicht sah, ich musste dauernd auf die Becher gucken, die ich vollpanschte und die mir von Ferdi unter stetigem Reden aus den Händen gerissen wurden, Ferdi ging ganz in einer jovialen Gastgeberrolle auf, indem er die halb mit Schaum gefüllten Becher verteilte und unaufhörlich vor sich hinredete, »Da ist ja überhaupt nichts drin, na sowas, nun nimm schon! … Nun mach doch mal, Charlie! … Ich glaub, ich mach mir da mal was rein! … du auch wieder hier, Shorty, soso, Wiedergutmachung! …«, so redete er in einem fort, hätte man mehr Zeit zum Nachdenken gehabt, es wäre einem peinlich gewesen, aber so zapfte und zapfte ich und Ferdi immer weiter: »… Mach doch mal einer das Fenster auf, man hört ja kaum was, ah, Hosti Bros are in the house, schau an, langsam geht’s los, da sind ja unsere Spargelesser … natürlich ist da erstmal bloß Schaum, was willst du?!«
Dann stand plötzlich Werner vor mir und stach mir mit dem Zeigefinger auf die Brust.
»Na, Sportsfreund, krieg ich auch mal ein Bier?«
»Werner! Was machst du denn hier?«
»Nimm das hier«, sagte Ferdi und drückte Werner einen halbvollen Bierbecher in die Hand. »Ist der beste Becher, den ich habe, aber gepitcht!« Er lachte und haute Werner auf die Schulter.
»Freund von dir?«, fragte Werner mich.
»Ja«, sagte ich. »Das ist Ferdi, das ist Werner!«
»Werner?«, sagte Ferdi. »Haben wir uns schon mal irgendwo gesehen?«
»Nein«, sagte Werner. »Aber du bist von BummBumm, oder?«
»Ja natürlich. Ich bin doch Ferdi.«
»Ich weiß, DJ Ferdi, kenne ich«, sagte Werner. »Und wo ist Schulti?«
»Raimund? Der muss da auch irgendwo sein«, sagte Ferdi. »Legst du nachher auch auf?«
»Werner ist von Clean Cut 1«, sagte ich.
»Clean Cut 1? Ist das nicht das neue Label von Magnetic?
»Nein, das ist die Wohngemeinschaft in Hamburg, wo ich gewohnt habe«, sagte ich. »Du weißt doch, wo wir neulich das Meerschweinchen abgeholt haben.«
»In Poppenbüttel?«
»Nein, in Altona, das erste Meerschweinchen, nicht das zweite. Da, wo wir die Frau getroffen haben.«
»Ah, die Frau«, sagte Ferdi schwärmerisch. »Gudrun!« Er klopfte Werner auf die Schulter. »Klasse Frau. Die würde ich sofort heiraten!« Er stieß mit seinem Bierbecher an den von Werner. Werner sah auf seinen Bierbecher und dann auf Ferdi, dann wieder auf seinen Bierbecher. »Hast du da was reingetan?«
»Ein bisschen Koksain«, sagte Ferdi.
»Ja am Arsch«, sagte Werner und nahm einen Schluck. »Da glaub ich doch kein Wort von. Gudrun kannst du ansonsten gerne heiraten, die ist wieder frei!« Er stellte seinen Becher ab. »Ich muss mal mit dir reden, Karl Schmidt, ist ja wohl klar, oder?«
»Ja, komm doch eben mit.«
Martin, der Mann von der Event Gastro Essen, hatte mir auch einige Flaschen Mineralwasser und ein Pfund Kaffee und Kaffeefilter mitgebracht, damit ging ich zu einem Tresen weiter hinten an der Wand, hinter dem eine Kaffeemaschine stand. Werner folgte mir. »Diese Musik, wie hältst du das aus?«, schrie er über das Bummbumm hinweg, das aus der Halle hereindröhnte. Ich öffnete einen Wasserhahn im Spülbecken und ließ das Wasser eine Weile laufen, wer wusste schon, wie lange das in der Leitung gestanden hatte. Dann brachte ich die Kaffeemaschine zum Laufen. Werner setzte sich auf einen Hocker auf der anderen Seite des Tresens und sah mir dabei zu.
»Diese Musik, wie haltet ihr das aus?!«, wiederholte er.
»Wir mögen sie«, sagte ich.
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