Magical Village 1 Zimt und Zauber
wir euch beide mal allein.« Sie umarmte Lance und küsste Doll noch einmal. »Viel Glück, Liebling. Du siehst umwerfend aus.«
Dann folgte noch eine Runde Umarmungen und Küsse.
»Ach übrigens«, sagte Lance, »für den Fall, dass es bei euch heute Abend spät wird, habe ich Richard und Judy gefüttert,
als ich in der Küche war. Ich habe ihnen auch noch eine Extraportion Futter und frisches Wasser hingestellt.«
»Ich auch!«, riefen Mitzi, Doll und Lulu im Chor.
In der Dezemberdunkelheit herrschte in der weihnachtlich dekorierten Kirche eine altehrwürdige, geheimnisvolle Atmosphäre. Kerzen, Hunderte dicker weißer Kerzen, flackerten und warfen tanzende Schatten auf die abgenutzten Steinmauern und die Decke. Überall sah man Ranken von Stechpalmen und Efeu, und die Enden der Kirchenbänke waren mit dunkelroten Rosenknospen und Mistelzweigen geschmückt.
Nachdem sie Lulu bibbernd im dunklen Kirchenvorraum verlassen hatte, während Shay zurückgefahren war, um die Bandings und die Spraggs abzuholen, eilte Mitzi den Gang zum Altar hinunter und machte einen kurzen Abstecher zur rechten Seite, wo Brett mit seiner Familie saß.
»Alles in Ordnung? Kein Nervenflattern?«
»Mir geht’s gut – glaube ich.« Brett machte ein ernstes Gesicht. »Sie wird doch erscheinen, Mrs B, nicht wahr?«
»Aber natürlich! Sie ist unterwegs. Und könntest du von heute an bitte Mum zu mir sagen?«
»Auf gar keinen Fall, Mrs B.«
Lächelnd setzte sich Mitzi allein in die vorderste Bank auf der linken Seite, und ihr war fast, als hätte sie einen Schritt in die Vergangenheit getan. Die Farben zu Epiphanias leuchteten, und die Krippenszene vor dem Altar – aus abgenutzten Holzfiguren mit einem viel zu großen Stern und büschelweise Stroh – sah genauso aus wie in ihrer Kindheit.
Diese Beständigkeit hatte etwas sehr Tröstliches.
Merle, die Organistin und eine der Fitten Fünfziger, spielte
sehr leise eine Auswahl an Weihnachtsliedern und spähte grinsend von ihrem Platz nach unten. Mitzi grinste zurück und lächelte dann zu Bretts Familie in der nebenstehenden Bank hinüber. Sie sahen genauso nervös aus, wie sie selbst es war.
Die Kirche begann sich nun ganz rasch zu füllen. Mitzi drehte sich immer wieder um und formte die Lippen zum Gruß. Dank dem der Hochkirche zuneigenden Pfarrer hing ein schwerer Duft von Fichtennadeln und Weihrauch in der Luft, und die Heizung lief auf vollen Touren. Das Samtkleid hätte sich in einer asketischeren Gemeinde als katastrophal erwiesen.
Die Bänke auf beiden Seiten waren inzwischen zum Bersten voll. Es war genauso wie bei Hair . Mitzi sorgte sich kurz darüber, ob es im Faery Glen für diese Menschenmenge auch genug zu essen gäbe. Sie kannte fast jeden, auch wenn einige von Dolls und Bretts Freunden ihr weniger vertraut waren. Und, liebe Güte, waren Tarnia und Schnösel-Mark tatsächlich auch eingeladen worden? Beide waren aufgetakelt wie Hollywood-Stars, und Tarnias Hut hätte sogar beim Pferderennen in Ascot für Aufsehen gesorgt.
Hinter ihr raschelte es, als Flo und Clyde mit Lav und Lob sich auf ihren Sitzplätzen niederließen. Mitzi schwenkte herum, um sie unter allseitigen »Siehst du aber hübsch aus« -Ausrufen zu begrüßen. Lav und Lob hatten aus Achtung vor dem Gotteshaus auf ihre Fahrradhelme verzichtet und trugen zusammenpassende Hüte, die mit glänzenden Pappmaschee-Früchten und jeder Menge Federn verziert waren. Ihr restliches Outfit bestand aus schlaffer Spitze, fingerlosen Handschuhen und diversen Schichten mit Paisleymuster – ganz wie aus einem Roman von Charles Dickens.
Flo und Clyde, in altmodischen Zweiteilern mit ziemlich starkem Mottenkugelduft, sahen aus wie einer Zeitschrift
für die vorbildliche Hausfrau aus den Fünfzigerjahren entsprungen.
Ach, und da drüben war ja auch die Clique aus der Zahnarztpraxis: Viv mit ihrem kleinen, dicken Mann, der in Winterbrook im Eisenwarenladen arbeitete und den sie bei gesellschaftlichen Anlässen immer als »Derek, mein Tiger« vorstellte, sowie Mr und Mrs Johnson, beide sehr elegant, Tammy, völlig unpassend im Minirock mit übers Knie reichenden Stiefeln, hielt Händchen mit Gavin, dem näselnden Enkel von Flo und Clyde, der an der Supermarktkasse arbeitete – aber Joel war nicht da.
Natürlich war Joel nicht da.
Mitzi hatte am Abend zuvor für sich im Stillen noch einen zweiten Wunsch getan, aber so funktionierte das ja nicht. Granny Westward hatte betont, die Wünsche müssten laut ausgesprochen
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