Magical Village 1 Zimt und Zauber
»können sich in unserer Praxis Ihre linken Sprüche sparen! Wir leisten gute, verlässliche Arbeit, die ihr Geld wert ist.«
»Freut mich zu hören«, sagte Joel Earnshaw grinsend. »Und bevor wir uns hier noch tiefer in Missverständnisse verstricken, sollte ich mich vielleicht outen – ich bin nicht als Patient hier. Ich bin Zahnarzt. Der neue Zahnarzt. Dr. Earnshaw.«
»Oh!« Viv lief tiefrot an. »Warum haben Sie das nicht gleich gesagt? Sie sehen gar nicht aus wie ein Zahnarzt. Und ich dachte, Sie – er – hießen Joe. Unsere Kollegin Tammy hat gesagt, Sie heißen Joe.«
»Das hat sie wahrscheinlich falsch verstanden«, sagte Joel gelassen, stand auf und trat an den Empfangstresen. »Mein Akzent macht südlich von Manchester manchmal Probleme. Nachdem wir das geklärt hätten, könnten wir ja vielleicht noch mal von vorn anfangen, oder?«
Viv lächelte geziert und reckte die Brust. Lulu musste schmunzeln, als Joel Earnshaw seinen Charme spielen ließ. Doll hatte vielleicht ein Glück, dass sie mit so einem Mann zusammenarbeiten durfte. Selbst die wartenden Patienten – nun ja, zumindest die weiblichen – machten auf einmal einen deutlich muntereren Eindruck.
»Endlich fertig.« Doll kam auf leisen Sohlen in den Wartebereich zurückgetappt, schlüpfte in einen praktischen dunkelblauen Regenmantel und zog ihre ordentlich frisierten blonden Haare aus dem Kragen. »Wir müssten es gerade noch schaffen, dich rechtzeitig zur Arbeit zu bringen, ehe Mr und Mrs Pippin sich nach einem Ersatz für dich umsehen.«
»Das würden sie nie tun«, sagte Lulu und erhob sich. »Sie haben immer gesagt, ich sei absolut unersetzlich. Und dass sie nie wieder jemanden wie mich finden würden – was eigentlich das Gleiche heißt, oder? Aber Doll – schau doch … jetzt schau doch mal!«
»Was ruckst du denn so mit dem Kopf?« Doll runzelte die Stirn. »Und warum schneidest du solche Grimassen? Und warum -«
»Doll«, säuselte Viv mit honigsüßer Sahnestimme. »Ich möchte dir Dr. Earnshaw vorstellen. Joel Earnshaw. Unseren
neuen Zahnarzt. Doll« – sie klimperte Joel mit den Wimpern zu – »ist unsere leitende Dentalassistentin. Sie steht Ihnen zur Seite, bis Sie eingearbeitet sind. Dann bekommen Sie Tammy.«
Doll lächelte und hielt ihm die Hand hin. »Schön, Sie kennenzulernen. Schade, dass ich nicht da war, als Sie zum Vorstellungsgespräch hier waren – und schade, dass ich Sie gleich wieder allein lassen muss. Ich brauche nicht lange – nur eine Gefälligkeitsfahrt nach Winterbrook. Ich bin auf jeden Fall rechtzeitig für eine kurze Besprechung zurück, ehe unser erster Patient kommt.«
Joel schüttelte ihr die Hand, erwiderte ihr Lächeln und murmelte irgendeine Höflichkeitsfloskel.
Lulu war baff. Warum bekam Doll keine glänzenden Augen und Atemnot? Warum blieb sie einfach so nüchtern und freundlich wie immer? Warum war sie nicht wenigstens ein bisschen rot geworden?
»Na dann komm, du alte Gammlerin«, sagte Doll und ging in Richtung Ausgang. »Bringen wir dich mal zur Arbeit.«
Immer noch ganz durcheinander, warf Lulu Joel Earnshaw ein letztes strahlendes Lächeln zu und tappte schließlich hinter Doll her.
»Was ist nur los mit dir?«, platzte sie heraus, als der Polo durch die Pfützen von Hazy Hassocks zur Hauptstraße nach Winterbrook rumpelte.
»Nichts.« Doll wandte den Blick nicht von der Straße ab. Sie fuhr so konzentriert, wie sie auch ihre Arbeit verrichtete. »Mir geht’s gut. Warum?«
»Aber er …« Lu streifte sich zum x-ten Mal die Zöpfe aus den Augen. »Joel. Euer neuer Zahnarzt. Der Mann, mit dem du in nicht einmal einer Stunde zusammenarbeiten wirst!«
»Was ist mit ihm?«
»Dolores Blessing! Du bist wirklich hoffnungslos!«
»Nenn mich nicht Dolores, Tallulah.«
Sie grinsten sich an. Ihre wirklichen Namen – die peinlichen Hollywood-Fantasien ihrer Eltern – waren ein dunkles Geheimnis zwischen ihnen, ihren engsten Freundinnen und ihren Geburtsurkunden.
»Er ist soooo cool!«
Doll schaltete in einen höheren Gang. »Er ist okay. Natürlich eine enorme Verbesserung gegenüber Dr. Wiseman und recht nett – und auf jeden Fall nicht so alt, wie Tammy behauptet hat. Was schätzt du? Ende dreißig? Aber er ist nicht mein Typ.«
Lulu schnaubte angewidert. »Nein, natürlich nicht. Nicht, wenn dir der langweilige alte Briefträger Brett weiche Knie macht.«
Doll kicherte.
»Meine Güte, Doll – sag bloß nicht, du hast es allen Ernstes genossen, von jemandem in
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