Magical Village 1 Zimt und Zauber
»Ich glaube, Hedley hat recht. Es ist gut dokumentiert, dass Dorfbewohner alles Greifbare benutzt haben, um Krankheiten zu heilen, das Bewusstsein zu erweitern und sich zu amüsieren. Vielleicht ist Mitzi ja auf etwas ganz Wundervolles gestoßen, wer weiß.«
Lu faltete einen Stapel neonfarbene Strickjacken ordentlich für die Auslage zusammen. »Glaubst du wirklich? Du meinst nicht, dass all diese Dinge ohnehin passiert wären – auch ohne den Wünsch-dir-was-Auflauf?«
»Wer weiß?« Biff schüttelte den grau melierten Schädel. »Das erfährst du nur, wenn du deine Mutter bittest, noch andere Rezepte auszuprobieren. Bereitet noch ein paar weitere Gerichte aus dem Kochbuch eurer Urgroßmutter zu und wartet ab, was geschieht. Wenn nichts passiert, war es wahrscheinlich nur Zufall – aber das findet man nur durch Probieren heraus …« Draußen vor der Tür war im strömenden Regen ein dunkler Schatten aufgetaucht. Biff wurde auf der Stelle geschäftsmäßig. »Oh, super, ein Kunde, noch dazu beladen mit Taschen. Hedley, du sorgst dafür, dass er auch etwas kauft und nicht nur Sachen abgibt.«
Lu überließ den Kunden Hedleys unschlagbaren Verkaufstechniken
und tauchte im hinteren Teil des Ladens unter, um die Mülltüten zusammenzulegen, die Kartons ordentlich zu stapeln und noch einmal frisches Wasser aufzusetzen. Die Vorstellung, dass Mitzi mit ihren Rezepten tatsächlich etwas bewirken konnte, war im Grunde lachhaft. Andererseits – da war die Sache mit Doll und Brett. Keine Frau im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte würde sich ein 48-stündiges Love-in mit Brett wünschen, wenn sie nicht unter dem Einfluss irgendeiner Droge stand, oder?
Fröhlich nickte sie vor sich hin. Vielleicht würde es Spaß machen, eines der anderen Rezepte auszuprobieren. Womöglich gab es ja sogar einen richtigen Liebestrank, und sie konnten Shay einladen. Bei dem Gedanken überlief sie ein wollüstiger Schauer.
»Lulu, komm mal her und sieh dir das an!« Hedleys Stimme bereitete ihrem genüsslichen Tagtraum ein brutales Ende. »Ich weiß, wir sagen immer, wir lehnen nichts ab, aber – ehrlich!«
Biff kniete in Bergen von Lumpen, die aus den Mülltüten auf dem Boden quollen. »Das meiste davon kann man nicht mal mehr zur Altkleidersammlung geben! Guter Gott, die Sachen fallen schon teilweise auseinander und riechen furchtbar. Welcher Mensch von klarem Verstand soll denn in Gottes Namen so etwas tragen?«
Lulu musterte das halb auseinandergefallene schmuddelige und ausgefranste Kleid. »Äh – ich, offen gestanden. Das gehört mir – genau wie das! Und das!«
Sie sank auf die Knie und wühlte die Tüten durch. Alles darin gehörte ihr. Es war ihr gesamter Besitz. Alles, was sie noch nicht aus Nialls Loft zu Mitzi gebracht hatte.
»Wer hat das abgegeben?«
»Ein ziemlich großer, kräftiger Mann«, antwortete Hedley.
»Eher jung. Schicker Anzug. Schickes Auto. Schicke junge Frau auf dem Beifahrersitz. Irgendwie kam er mir sogar bekannt vor. Aber er wollte um keinen Preis etwas kaufen.«
Lulu rappelte sich auf und lief zur Tür. Nialls sportliches Astra-Coupé fädelte sich gerade in den fließenden Verkehr ein. Neben dem Fahrer saß eine perfekt zurechtgemachte Rothaarige in einem modischen schwarzen Kostüm. Auf dem makellosen Schoß hatte sie eine Designerhandtasche und eine dazu passende nagelneue schwarze Aktentasche liegen. Niall lehnte sich aus dem Fenster und winkte Lulu spöttisch zu.
»Bye, Tallulah!« Seine Stimme übertönte den unablässig strömenden Regen und das Rauschen des Verkehrs. »Dee-Dee und ich wollten dir den Aufwand ersparen, deinen restlichen Schrott abzuholen. Hier ist der richtige Platz dafür – und für dich. Ich hoffe, wir sehen uns nie wieder. Leb wohl, Süße!«
Lu starrte dem davonbrausenden Wagen nach. Dieser verdammte Niall! Er hatte ja nicht lange gebraucht, um Ersatz zu finden! Überhaupt nicht lange, wenn man bedachte, dass er ihr erst kürzlich geschworen hatte, sie für immer zu lieben. Männer! Was waren sie doch allesamt für unberechenbare, erbärmliche Lügner! Lu schniefte. Und die Frau neben ihm im Auto war genau das gewesen, was Niall aus ihr hatte machen wollen, wenn auch vergeblich … Und – war sie nun am Boden zerstört? Sie schüttelte den Kopf. Nein, sie war etwas mitgenommen, und ihr Stolz war verletzt, doch das ließ sich alles heilen … Und außerdem gab es immer noch Shay, der bestimmt weder launisch noch unehrlich und überhaupt bestimmt zehntausendmal
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