Magie einer Gewitternacht
sich daran erinnern, dass Zane und Jason ihn in die Notaufnahme gebracht und ihn, nachdem er verarztet worden war, heimgefahren hatten.
Und von ihrem mehrfach wiederholten Vorwurf „Das haben wir dir ja gleich gesagt“ klingelten ihm noch immer die Ohren. Später, als er schon zu Hause im Bett gelegen hatte, hatte dann Megan auf dem Weg ins Krankenhaus, wo sie als Anästhesistin arbeitete, vorbeigeschaut und ihm seine Medikamente verabreicht – mit der strengen Ermahnung, nicht zu viele Pillen zu nehmen. Hatte er sich vielleicht nicht daran gehalten?
Der Notarzt hatte ihn schon gewarnt, dass die Schmerztabletten sehr stark seien und keinesfalls überdosiert werden dürften.
Das hatte er allem Anschein nach trotzdem getan. Aber das gab keiner Frau das Recht, in sein Haus einzudringen und seine Notlage auszunützen. In Gedanken ging er verschiedene Bekannte durch und fragte sich, welche von denen es gewesen sein könnte. Vielleicht hatte die Frau von seinem Unfall gehört und beschlossen, als eine Art Krankenschwester zu fungieren. Ashira würde er so etwas vielleicht zutrauen, wenn überhaupt jemandem. War sie also die Frau gewesen, mit der er letzte Nacht geschlafen hatte? Er hoffte inständig, dass es nicht so war. Ihr traute er ohne Weiteres zu, dass sie ihn hereinlegen wollte, aber er war noch lange nicht so weit, in absehbarer Zeit die Verantwortung für irgendwelche Babys zu übernehmen. Außerdem war das, was er mit dieser geheimnisvollen Frau erlebt hatte, ganz anders gewesen als der Sex mit Ashira. Es war tiefer gegangen, offenbar so tief, dass ihn das Erlebnis nachhaltig beeindruckt hatte.
Dann fiel ihm plötzlich noch etwas ein. Die Frau war Jungfrau gewesen. Es wunderte ihn zwar, dass er sich daran erinnerte, aber da war er sich ganz sicher. Er hätte nicht vermutet, dass es in dieser Welt tatsächlich noch unberührte Frauen gab, aber er wusste genau, dass er sich nicht irrte. Selbst in seinem benebelten Zustand hatte er sich diesen unschuldigen Blick nicht nur eingebildet. Schon allein deshalb konnte es nicht Ashira gewesen sein, da sie alles andere als unberührt war. Abgesehen davon hatte er es sich zur goldenen Regel gemacht, nicht mit Jungfrauen zu schlafen.
Derringer seufzte tief auf. Er wollte, er könnte sich an mehr Einzelheiten erinnern, zum Beispiel an das Gesicht dieser Frau, schon um seines Friedens willen. Ihm wurde übel, als ihm siedend heiß einfiel, dass er kein Kondom benutzt hatte. Hatte die Frau ihm vielleicht eine Falle gestellt und präsentierte ihm in neun Monaten ein Baby?
Die Vorstellung, dass er auf diese oder auch eine andere Weise benutzt worden war, brachte sein Blut in Wallung, und ihn erfasste ein solcher Ärger, wie er ihn noch nie empfunden hatte. Wenn die Frau sich einbildete, dass sie ihn auf diese Weise übervorteilen konnte, würde sie ihr blaues Wunder erleben. Nicht nur, dass sie in sein Haus eingedrungen war. Nein, sie hatte außerdem seine Privatsphäre verletzt und seine Schwäche und Wehrlosigkeit ausgenutzt.
Wütend schüttelte er den Kopf. Und wenn er jeden Stein in Denver umdrehen musste, er würde diese Frau ausfindig machen. Und dann würde sie dafür bezahlen.
„Lucia, bist du okay?“
Es war Mittag, und Lucia saß an ihrem Schreibtisch in der Redaktion von Simply Irresistible , einer Zeitschrift für junge, erfolgreiche Frauen. Die Idee dazu hatte Chloe ein paar Jahre zuvor gehabt und zunächst eine regional beschränkte Ausgabe im Südwesten herausgebracht. Als sie dann beschlossen hatte, den Absatzmarkt weiter nach Westen auszudehnen und eine Redaktion in Denver zu eröffnen, hatte sie Lucia als Büroleiterin eingestellt.
Lucia liebte ihre Arbeit. Inzwischen war sie inoffiziell zur Chefredakteurin aufgestiegen, da Chloe sechs Monate zuvor eine kleine Tochter bekommen hatte und seither viel Zeit zu Hause bei ihrer kleinen Familie verbrachte. Noch in ihrer Schwangerschaft hatte sie Lucia dazu ermuntert, sich fortzubilden und ihren Master in Kommunikationswissenschaften zu machen. Viele Voraussetzungen dazu hatte Lucia bereits erfüllt, sodass sie ihren Abschluss sehr bald machen würde und ihrer Karriere bei Simply Irresistible nichts mehr im Wege stand.
Wahrscheinlich war es nur eine Frage der Zeit, bis Chloe und Ramsey sich zu einem zweiten Kind entschlossen, womit dann auch offiziell die Leitung der Redaktion in Denver in ihren Händen liegen würde.
„Lucia!“
Bei Chloes schärfer gewordenem Ton fuhr Lucia zusammen. „Was ist los?
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