Magier des dunklen Pfades 1 - Die Suche (German Edition)
Alten Bund. Die einen wirkten Magie, die Aufgabe der anderen war – sofern ich Hunaks Enthüllungen richtig deute –, eben jene Magie ausfindig zu machen.“
Lorgyn zog die Nase kraus. „Wir darf ich das verstehen?“
„Offenbar unterzogen sie sich dafür einem speziellen Ritus, der sehr gefährlich war. Es ging darum, die viel besagten Ströme der Magie zu finden, sodass die anderen Magier sie nutzen können.“
„Wie sah dieses Ritual aus?“
„Tut mir leid, darüber sagt Hunak kaum etwas. Ich kann es nur so deuten, dass sie … dass sie auf irgendeine Weise ihren Körper verließen und in eine andere Ebene oder Bewusstseinsform übergingen.“
Lorgyn kratzte sich am Kopf. „Klingt alles sehr vage.“
„Ich weiß.“
„Schade.“
„Nur so viel ist sicher: Die Magier, die das Gleichgewicht wahrten, zapften diese Ströme an, um ihre Macht zu mehren. Hier“, sagte Arlo, zog das betreffende Blatt aus dem Stapel und begann zu lesen. „Magae, weise und mächtig, wie sie waren, bedienten sich der kosmischen, in der Erde versiegelten Kraft, um ihren Worten und Gesten eine Gestalt zu geben. Das Ätherische wurde zur festen Stofflichkeit.“ Er sah auf. „Mächtig waren sie, ja, doch nicht einfach von Natur aus. Sie verfügten über das Wissen, wie man sich der magischen Ströme bedient. Dennoch bestand ihre Hauptaufgabe zweifelsohne darin, diese zu schützen und dafür zu sorgen, dass der Strom nicht schwächer wird.“
„Und was ist mit den Geschichten über Flutwellen und Feuerwände und Kältestürme, die sie herbeiriefen?“
„Sie waren Menschen, Lorgyn. Menschen mit Verfehlungen. Ich habe dir davon erzählt. Sie missbrauchten ihre Macht, nutzten ihre Stärke um des eigenen Vorteils willen.“
„Und somit vernachlässigten sie ihre Pflicht, den Strom zu festigen, und schwächten sich selbst. Der aufkeimende Iros-Glaube war irgendwann so stark, dass er die Zwistigkeiten des Alten Bundes ausnutzte und ihn besiegte.“
Arlo griff zu einem anderen Blatt und konnte sich ein Lächeln nicht verbeißen. „Apropos Iros. Schon mal was von Iroskadin gehört?“
„Vage“, sagte Lorgyn. „Hat wahrscheinlich was mit Iros zu tun.“
„Schlaues Kerlchen“, grinste Arlo. „Der Name Iroskadin taucht in den Lehren der Iros-Kirche auf, aber komischerweise nur als Randbemerkung. Das ist insofern sonderbar, als es sich um Iros´ ersten Propheten handelt. Etwas mehr Aufmerksamkeit könnte man da schon erwarten, oder nicht? Den Grund hierfür hat Hunak herausgefunden: Iroskadin hatte seinen Auftritt viel früher als Iros. Das will die Kirche freilich nicht hören. Hunaks Angaben zufolge sind die Quellen jedoch eindeutig: Bereits in den ältesten Dokumenten findet Iroskadin Erwähnung.“
„Und was bedeutet das?“
Arlo ordnete das Blatt wieder in den Stapel. „Gemach, gemach, ich kann nicht hexen. Irgendwann werde ich schon dahinterkommen.“ Plötzlich spürte er wieder die eisernen Bande, die sich um seine Brust legten und ihm den Atem raubten. „So mir die Zeit dazu bleibt.“
„Wird schon gutgehen“, meinte Lorgyn lapidar und stand auf. „Ich schau mal wieder vorbei in den nächsten Tagen. Bin schon gespannt.“
„Du erfährst es als erster.“
Und auch als letzter, fügte Arlo in Gedanken hinzu. Ich habe hier etwas, das, sollte es veröffentlicht werden, über das Reich hinwegfegen wird wie eine Feuersbrunst. Leider wird es dazu nie kommen …
Lorgyn war schon bei der Tür.
„Warte! Du hast meine Frage nicht beantwortet.“
Lorgyn atmete tief durch, man sah es am Umhang, den Schultern, die sich hoben und wieder senkten, am lauten Weichen seines Atems. Langsam drehte er sich herum.
„Ich werde die Dokumente in deinem Wagen verstecken, unter der Klappe der Sitzfläche“, haspelte Arlo. „Hörst du? Für den Fall, dass sie nur mich schnappen.“
„Fein.“
„Aber was ist, falls sie auch dir nachstellen?“
Eiseskälte blutete aus Lorgyns Augen. „Dann werde ich sie töten.“ Damit verließ er das Zimmer und schloss die Tür.
Arlo begann zu zittern. Auf wackeligen Beinen ging er zum Fenster, sah Lorgyn nach, der sich von der Herberge entfernte. Er schien über den Schnee zu schweben wie ein Geist oder Todesbote.
Er schluckte, wandte sich ab und schaute aus dem anderen Fenster. Das Unwetter war näher. Der Schnee wirbelte umher, und er hörte das leise Wuppen, mit dem der Wind gegen die Scheibe drückte.
Keine Reiter.
Noch nicht.
Dennoch, sie würden kommen.
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