Magier des dunklen Pfades 2 - Der Alte Bund (German Edition)
Alunas Krankheit.
Jedoch, wenige Wochen nach der Diagnose fasste er den Stab nicht mehr an, sondern stürzte sich in das Erlernen der Heilzauberei.
Ohne Erfolg.
Alles danach war ohne Erfolg gewesen.
Einen Atemzug lang überkam ihn die Regung, den Stab zu verstauen.
Ich werde nicht aufgeben!
Mit einem Laut, halb Seufzen, halb Knurren, stieg er wieder hinab in den Keller und begann, sich im schwachen Lampenschein zu drillen. Das schlechte Licht störte ihn nicht, denn er tätigte die Schwünge mit geschlossenen Augen, versuchte, das Gefühl für das Gewicht und Verhalten des Stabes zurückzuerlangen – und war bestürzt, wie mühsam ihm das fiel. Jeder Idiot mit einem abgebrochenen Ast würde ihn besiegen; Duria reichten wahrscheinlich die bloßen Fäuste, um ihn zu verdreschen.
Nach einiger Zeit hielt er inne. Sein Atem ging schnell, sein Herz pumpte wie wild. Den Stab gegen den Körper gelehnt, massierte er sich die brennenden Unterarme. »Meine Güte, bin ich schlecht.« Er ging zur Luke und stieß sie auf, um mehr Licht zu haben. Es war doch besser, wenn er sah, was er tat, sonst schlug er sich am Ende selbst nieder.
Dämmerung. Vom Sturm am Nachmittag war lediglich eine Brise übrig. Er ging nach draußen und übte weiter. Stoß nach vorne, dann über dem Kopf kreisen lassen, nur um sofort in Abwehrpositur zu gehen, die Knie angewinkelt, den Stab quer vor sich haltend. Sich durch den Schnee zu wühlen, wurde schnell anstrengend. Lorgyn biss die Zähne zusammen, als seine Waden zu schmerzen anfingen, und stellte sich einen Angreifer vor, der ihn attackierte.
Mit einem Überkopfblock wehrte er einen imaginären Schwerthieb ab, der von oben heraubsauste. Dann trieb er die feindliche Klinge nach außen, stieß blitzschnell nach vorne und traf die Brust des Mannes. Japsend ließ dieser das Schwert fallen und ging in die Knie.
Gegner ausgeschaltet.
Kein Anlass jedoch, sich auszuruhen!
Denn da war noch einer!
Lorgyn vollführte einen heftigen, schwungvollen Hieb gegen den Kopf. Meinte er zumindest. Leider resultierte die Attacke darin, dass der Stab seinen müden Fingern entglitt und durch die Luft wirbelte.
Vielleicht hätte das den Gegner ja trotzdem außer Gefecht gesetzt , dachte er resigniert, als der Stab in den Schnee puffte.
Die Arme auf die Oberschenkel gestützt, wartete er, bis sich sein Atem beruhigt hatte, dann ging er zu der Stelle.
Er bückte sich nach der Waffe – und erstarrte: Der steif gefrorene, von Eisgespinsten überzogene Kadaver einer Katze lag neben dem Stab. Ein totes Auge stierte ihn anklagend an.
»Es … es tut mir leid«, hörte er sich stammeln.
Im nächsten Moment fand er sich im Schnee kniend wieder, und ehe er sich versah, rannen ihm Tränen über die Wangen. Ein Schluchzen nach dem anderen entwand sich seiner Kehle, obgleich er nicht verstand, wie ihm geschah. Weder fühlte er sich übermäßig traurig noch machte ihm der Anblick über Gebühr zu schaffen. Sein Körper reagierte ohne den Geist, die Tränen kamen von irgendwoher.
»Hör auf!«, knirschte er, doch er hatte die Kontrolle verloren. Plötzlich barst ein Riegel, und eine Schwemme an verdrängten Erinnerungen brach über ihn herein: seine vergeblichen Versuche, Aluna mit Heilzaubern zu kurieren, die toten Tiere, makabre Überbleibsel seiner Experimente, die er im Garten seines Stadthauses verscharrt hatte, sein Mord an Niam sowie Durias Mutter, Alunas dolchgleiche Worte, die sein Herz in Fetzen rissen. Er kippte vornüber, spürte die Kälte des Schnees auf seiner Stirn. Weinte, bis ihm die Kehle wehtat, konnte einfach nicht aufhören.
Irgendwann richtete er sich auf. Rotz tropfte aus Nase und Mund und wurde vom Schnee aufgenommen. Seine vor Tränen brennenden Augen erfassten den Kadaver. Er stieß die Finger in den Schnee, schaufelte, bis nur noch eine flache weiße Erhebung den Punkt markierte, wo die Katze ihr Ende gefunden hatte. Wie in Trance raffte er sich auf, den Stab in der Hand, der ihm unendlich schwer vorkam, schleppte sich zurück ins Haus, schloss die Luke, taumelte in Richtung Tisch.
Plötzlich blitzte das Bild von Genthate und seinen Kirchenhäschern auf, eine Hassinszenierung seines Geistes, so unerwartet und intensiv, dass jähe Wut in ihm hochstieg. Mit einem Aufschrei fuhr er herum. Streckte beide Hände aus. Der Stab klapperte zu Boden.
Aus Instinkt und wildem Hass geboren, platzte Feuer aus seinen Fingern.
»Halte mich auf, wenn du kannst, Genthate!«
Das orange, wabernde
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