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Magier des dunklen Pfades 2 - Der Alte Bund (German Edition)

Magier des dunklen Pfades 2 - Der Alte Bund (German Edition)

Titel: Magier des dunklen Pfades 2 - Der Alte Bund (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Hohmann
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Man kann schnell aufsteigen, doch noch rascher und tiefer fallen!
    Dann räusperte er sich, griff in die Innentasche seiner Robe, zückte das edle Pergament, entrollte es und legte es auf die Ablage des Rednerpults.
    Ganz ruhig , redete er sich ein. Du schaffst das.  
    Er hob die Arme, breitete sie aus und segnete das Volk.
    Das Brummen der Stimmen verging.
    Ja, lauscht meinen Worten!
    *
    Beschwingt näherte sich Genthate dem Spalier, das seine Tempelwachen im Mittelkorridor des Tempels bildeten.
    Auf Kostars Befehl zogen sie ihre Klingen blank und reckten sie in die Höhe, sodass sich die Spitzen der gegenüberstehenden Wachen fast berührten, ein Wandelgang aus blankem Stahl, den Genthate nun durchmaß.
    Der Tempel war brechend voll, doch niemand sprach.
    Er spürte die Blicke der immer noch von seiner Rede verzauberten Menschen, die sich in den Bankreihen zusammendrängten.
    Hast du Zweifel daran gehabt, Asartes, dass dies der krönende Tag meiner Amtszeit wird? Hast du befürchtet, ich würde stürzen und dich mit hinabreißen? Hast du dich deswegen verdrückt wie ein Dieb?
    Für einen Moment wurde ihm eng in der Brust, vor Zorn, aber auch Enttäuschung.
    Selten hatte er jemanden so falsch eingeschätzt wie Asartes. Anfangs skeptisch, was dieser Kerl im Tempel zu suchen hatte, ließ Genthate seine Vorbehalte gegenüber dem Mann mit den ausgeschlagenen Zähnen rasch fallen, da er ihm erzählte, wer Lorgyn – Lorgyn de Daskula – wirklich war. Sie verband derselbe Hass auf dieses Schwein, er schweißte sie zusammen, und sie schworen, eines Tages gemeinsam Rache zu üben.
    Dann werde ich diese Rache eben allein genießen! Und sieh dich vor, Asartes: Vielleicht trifft sie eines Tages auch dich!
    Genthate unterdrückte ein Schnauben und erklomm die polierten Stufen zum Altar. Sein erfahrener Blick huschte über die Anordnung: Kerzenlüster, Sonnensymbol, Kelch und Sonnensand, den er symbolisch über die Köpfe der Tempelgemeinde streuen würde als Zeichen für Iros’ göttliche Kraft, der sie ihr Leben auf Erden verdankten.
    Alles da.
    Zufrieden stellte er sich hinter den Altar. Schiefgehen konnte jetzt nichts mehr, nicht nach der Rede auf dem Platz. Zweifelsohne sein Meisterstück. Das hier war nur noch Formsache. Plötzlich runzelte er die Stirn.
    Hob den rechten Stiefel.
    Irgendwie … war der Boden klebrig.
    In Gedanken machte er sich eine Notiz. Wer für das Putzen des Bodens verantwortlich gewesen war, konnte sich schon einmal warm anziehen!
    Flüchtig schaute er die Sohle an.
    Dann weiteten sich seine Augen.
    Flüssigkeit tropfte daran herab. Sie war rot.
    Jedoch, auf dem Boden fand sich kein Zeichen dafür, dass etwas ausgelaufen war. Keine Lache, kein Fleck, nur glatte, saubere Marmorplatten.
    Plötzlich hörte er den hundertkehligen Aufschrei der Menschen.
    Entsetzt hob er den Blick.
    Es dauerte, bis der Anblick sich in seinem Bewusstsein festsetzte.
    Das konnte nicht sein!
    »Riegelt den Tempel ab!«, hörte er Kostar brüllen, seine Stimme nur unmerklich lauter als das entsetzte Gekreische der Menschen.
    Wo vorher Sonnensymbol, Kerzenlüster, Kelch und die Sandschale gestanden hatten, hing nun Asartes’ blutüberströmter quer über dem Altar. Ein Dolch steckte bis zum Heft in seiner Brust. Der Mund war weit aufgerissen und zeigte das vernarbte Zahnfleisch, wo einst seine Zähne gewesen.
    Asartes’ Blut bedeckte den gesamten Altar, war seitlich daran hinabgelaufen. Genthate stand mitten in der riesigen Lache.
    Nein! , wollte er schreien, doch seine Stimme versagte. Genauso wie seine Beine. 
    Er brach zusammen, fand sich auf allen vieren kniend wieder, seine Hände besudelt von Asartes’ Blut.
    *
    Burain schritt den vom Tauwetter immer noch aufgeweichten Weg zum Eisbacher Totenacker entlang. Der eisige Atem Durlums war noch früher gewichen als letztes Jahr, hatte sich der Kraft der Frühlingssonne gefügt. Überbleibsel seiner weißen Heerschar, die sonst alles erstickte zu dieser Zeit, fanden sich nur noch im Schatten von Bäumen. Dass kaum mehr Schnee lag, würde ihm die Arbeit deutlich erleichtern. Er trug eine Handharke in der linken Hand, in der rechten einen Beutel, in den er das faule Laub und die vermoderten Zweige geben würde.
    Noch bevor er das Grab erreichte, verlangsamte er seine Schritte. Ein paar Meter davor blieb er vollends stehen.
    Anders als die übrigen Gräber, die sich ohne die verhüllende weiße Decke ungepflegt und trostlos präsentierten, strahlte dieses frisch und schön.

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