Magierdämmerung 01. Für die Krone - Perplies, B: Magierdämmerung 01 Krone
welchem Zweck sie einst wohl gedient hatten.
Duncan spürte, dass sich sein Herzschlag vor Aufregung beschleunigte. Er fuhr sich mit der Zungenspitze über die spröden Lippen, und dann breitete sich ein wölfisches Lächeln auf seinem Gesicht aus. Sie hatten es gefunden; sie hatten es wirklich gefunden.
Atlantis …
17. April 1897, 15:46 Uhr GMT (13:46 Uhr Ortszeit)
Atlantik, etwa 1900 Seemeilen südwestlich von England
»Atlantis existiert nicht, mein lieber Bennett.« Victor Mordred Wellington tupfte sich mit einer weißen Leinenserviette den Mund ab, faltete diese dann sorgfältig zusammen und legte sie neben den leeren Teller auf den Tisch. »Zumindest nicht in der Art, in der die Welt gemeinhin darüber spricht.«
»Wie meinen Sie das, Herr Professor?« Charles Gordon Bennett hob fragend die Augenbrauen, während er sich vom Steward sein Glas mit Rotwein nachfüllen ließ.
Sie saßen zu fünft im Speiseraum der Nautilus um den Kapitänstisch herum. Bennett selbst hatte sich am Kopfende der Tafel niedergelassen. Den Platz zu seiner Rechten nahm sein Erster Offizier William Cardiff ein, ein ehemaliger Commander der Royal Navy, den der Industrielle vor zehn Jahren, noch in der Bauphase des Tauchboots, zu einem geradezu fürstlichen Gehalt eingestellt hatte. Seitdem hatten die technische Expertise, die Führungsqualitäten sowie die Fähigkeit des früheren Militärs zu absoluter Verschwiegenheit ihn mehr als einmal für diese Entscheidung belohnt.
Drei der vier übrigen Plätze wurden von ihren Gästen belegt: Professor Wellington, einem Gelehrten aus London, seinem Adlatus Hyde-White und seiner Sekretärin Miss Esperson. Bennett hatte Wellington, einen Mann von hagerer Gestalt mit aristokratischem Gesicht und tadellosen Umgangsformen, vor einem Jahr auf einer vom Niederländischen Institut für Meeresforschung ausgerichteten Konferenz in Amsterdam kennengelernt. Beeindruckt von dessen Fachwissen, vor allem auf dem Gebiet der Unterwasserarchäologie, war er mit ihm in Kontakt geblieben, auch nachdem die beiden Männer nach England zurückgekehrt waren.
Vor zwei Monaten dann war Wellington während eines ihrer Treffen mit einem ungewöhnlichen Angebot an ihn herangetreten. Er hatte die Absicht bekundet, eine Expedition zum Mittelatlantischen Rücken zu unternehmen, benötigte dafür allerdings ein Schiff und eine Möglichkeit zu Grabungsarbeiten unter Wasser. Bis zu diesem Tag hatte Bennett sein sorgsam gehütetes, weil technologisch höchst brisantes Privatvergnügen, die Nautilus , noch nie für Gäste, die nicht zu seinem engsten Freundeskreis gehörten, geöffnet. Doch die Aussicht auf ein Abenteuer von nachgerade epochalen Ausmaßen, wie es ihm von Wellington mit seltsamer Eindringlichkeit versprochen worden war, hatte ihn diesbezüglich wanken lassen. Den Ausschlag bei seiner Entscheidung, dem Gelehrten von der Nautilus zu erzählen und ihn anschließend zu dieser Reise einzuladen, dürfte hingegen nicht Bennetts wissenschaftliche Neugierde, sondern eine ganz andere menschliche Regung gegeben haben. Denn als Wellington dem Industriellen eine Woche später seine beiden Begleiter vorgestellt hatte, den stets düster dreinblickenden Hyde-White und die bezaubernde Miss Esperson, war in Bennett beim Anblick der hinreißend schönen jungen Dame, deren faszinierende, fast violett anmutende Augen ihn so wohlwollend angeblickt hatten, sofort das Verlangen erwacht, deren Gesellschaft – und dann eben auch die der beiden Männer – ein wenig länger genießen zu dürfen.
Nun war der letzte Abend, bevor ihre Expedition ihr Ziel, einen nur aus ein paar Längen- und Breitengradangaben bestehenden Punkt mitten im Ozean, erreichen würde, und Bennett hatte, sicherlich beeinflusst durch die Heimlichtuerei seiner drei Gäste, eine Debatte über die verborgenen Orte des Meeres angeregt – und wo man sie wohl suchen müsse, wenn man beispielsweise über ein Tauchfahrzeug verfüge. Natürlich hatte sich das Gespräch irgendwann auch dem sagenumwobenen Atlantis zugewandt.
»Nun, Atlantis als solches ist ein Mythos«, fuhr Wellington fort, nachdem Bennett den Steward mit einem Kopfnicken entlassen hatte, »eine Geschichte, erfunden, wie Sie sicher wissen, von dem griechischen Philosophen Platon, der damit seine Theorie eines idealen Staats zu veranschaulichen versuchte. Es existieren zahlreiche derartige Mythen in Platons Werk, und sie alle dienen ausschließlich als praktische Beispiele eines zuvor entwickelten
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