Magierdämmerung 01. Für die Krone - Perplies, B: Magierdämmerung 01 Krone
ein waidwundes Tier vorgeworfen hat. Seine Gier hatte ihn sogar das Verbot vergessen lassen, an Bord der Nautilus Wellington auf diese Weise anzusprechen. Wellington sah es ihm nach, vor allem, da Bennett ohnehin zu abgelenkt war, um etwas zu merken.
»Halten Sie sich links von den größeren Bauwerken, und folgen Sie weiter dem ansteigenden Gelände. Unser Ziel sollte auf dem Gipfel vor uns liegen.«
»Ich habe verstanden.« Schwerfällig setzte sich sein Schüler in Bewegung, eine im Licht der Bogenlampen silbern glänzende Gestalt inmitten der Dunkelheit. Luftblasen stiegen in regelmäßigem Abstand neben dem Helmstück empor.
Wellington wandte sich ihrem Gastgeber zu, der noch immer wie gebannt auf das sich ihm bietende Panorama starrte. »Bennett, bitte sagen Sie Ihrem Ersten Offizier, dass die Nautilus meinem Mitarbeiter langsam folgen soll.«
Der Industrielle schien wie aus einem Traum zu erwachen, nickte dann aber und trat an das aus Edelholz gefertigte Sprachrohr der bootsinternen Sprechanlage heran. »Mister Cardiff, setzen Sie die Nautilus hinter den Taucher, fünfundvierzig Grad achteraus, langsame Fahrt.«
Der ehemalige Militär bestätigte von der Brücke aus, und Wellington sah, wie sich das Bild vor dem Aussichtsfenster sanft verschob, während das Tauchboot eine Flankenposition im Rücken des einsamen menschlichen Eindringlings einnahm, der dort draußen am Grund des Meeres mit jedem Schritt das Sediment von Jahrtausenden aufwirbelte.
Es ist beinahe so weit , dachte Wellington, und er spürte eine freudige Erregung in sich aufsteigen, wie sie selbst Melissa, die äußerlich so brav und wohlerzogen erscheinende Melissa, in ihren gemeinsamen Nächten nicht hatte erwecken können. Das Ziel all meiner Bestrebungen ist zum Greifen nahe. Ein altes Sprichwort kam ihm in den Sinn: Das Meer ist eine raue Geliebte – man muss bereit sein, Gefahren auf sich zu nehmen und Opfer zu bringen, wenn man ihre Wunder schauen oder ihr ihre Geheimnisse entlocken will. Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. Diesen Satz mochte wohl jeder Seemann verinnerlicht haben, der schon einmal aus einem schützenden Hafen ausgelaufen war, um an Bord einer Bark oder eines Schoners die weiten Ozeane der Erde zu bereisen, der sich, von Eiswinden umheult, durch die Beringstraße gekämpft oder der vor dem sturmumtosten Kap der Guten Hoffnung gekreuzt hatte. Wer wusste besser als diese Männer, wie viele Seelen die hungrige See bereits gefordert hatte, Matrosen, in Unwettern von haushohen Wellen von Deck gespült und in die schäumenden Fluten geworfen oder in Flauten durch Hunger, Durst und Krankheiten zuerst in den Wahnsinn und schließlich in den Tod getrieben? Wer wusste besser als sie, wie viele Schiffe vom Toben der Elemente auf Klippen geworfen und zerschmettert worden oder auf unheimliche Art und Weise irgendwo mitten auf dem Meer verschwunden waren, dort, wo sich das Blau des Wassers in jeder Richtung bis zum Horizont erstreckt, bevor es in das Blau des Himmels übergeht? Und dennoch wagten sie sich immer wieder aufs Neue hinaus.
Wellington hätte sie für ihren Mut und ihre Sturheit, den Elementen zu trotzen, bewundert, wenn er sie nicht so sehr bemitleiden würde. Was wussten diese Einfaltspinsel, die auf ihren Passagierlinern von Liverpool nach New York reisten oder an Bord von Teefrachtern die Gewässer zwischen Rotterdam und der Welt befuhren, von der wahren Natur des Meeres? Sie glitten doch nur über die Oberfläche des großen Mysteriums hinweg und waren blind für die Dinge, die unter dem zauberisch glitzernden Spiel der Wellen, in den Tiefen der Ozeane, verborgen lagen. Hier unten, in der Finsternis, lauerten die wirklichen Gefahren, blasphemisch aufgedunsene Monstrositäten, die in licht- und bodenlosen Abgründen auf arglose Beute warteten, und ein Wasserdruck, der selbst den stählernen Leib der Nautilus wie die Faust eines Riesen zerquetschen konnte, wenn ihr Kapitän nicht aufpasste. Doch gleichzeitig harrten hier auch einige der gewaltigsten Schätze der Menschheitsgeschichte ihrer Entdeckung, und der Ort, dem sie sich soeben näherten, war der größte unter ihnen. Es lief auf eine einfache Wahrheit hinaus: Man musste bereit sein, alles zu opfern, dann konnte man auch alles gewinnen – und Victor Mordred Wellington war bereit, alles zu opfern!
»Wellington, hören Sie mich?«, meldete sich Hyde-White über die Sprechverbindung. »Da vorne ist ein Gebäude, das zu den Beschreibungen
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