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Magma

Magma

Titel: Magma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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seine Herkunft in irgendeiner Weise hätte beleuchten können. Es war dieser Mann hier«, sie tippte mit dem Finger auf das Porträtfoto. »Da er förmlich aus dem Nichts aufgetaucht war, dauerte es eine ganze Weile, ehe wir ihm eine neue Identität zurechtgeschustert hatten.«
    Ella hob überrascht den Kopf. »Aber Konrad Martin kann damals kaum mehr als ein Knabe gewesen sein.«
    »Ich sage Ihnen doch, es war ein erwachsener Mann.«
    »Dann gehört er vielleicht zu dieser Art Männer, denen man ihr Alter nicht ansieht. Ich verstehe nicht, worauf Sie hinauswollen.«
    »Offensichtlich.« Das Gesicht der alten Dame verfinsterte sich. »Er sah damals schon genauso aus wie heute. Abgesehen vom Bart, den hat er sich erst vor ein paar Jahren wachsen lassen. Was ich Ihnen sagen will, ist Folgendes: Konrad Martin und Francesco Mondari sind
ein und dieselbe Person.
«
    »Aber Sie sagten doch, er sei damals ums Leben gekommen.«
    »Vielleicht nicht. Wir wissen nicht genug über die Eigenschaften dieser Kugel, um mit hundertprozentiger Sicherheit sagen zu können, dass er bei dem Vorfall vor fünfzig Jahren wirklich starb. Vielleicht hat ihn der Kontakt mit der Kugel nur verändert.«
    »Verändert?
Wie?«
Mit Schaudern erinnerte Ella sich an den Abend im Blockhaus des Jägers. An das, was mit seiner Haut geschehen war und an seine Stimme. Diese brüchige, unendlich fremde Stimme.
Ich bin viele
, das waren seine Worte gewesen. Was immer das auch bedeuten mochte. Vor ihrem inneren Auge sah sie noch einmal die Flechten, die aus seiner Hand geschossen waren, und die Muster, die sich auf seiner Haut gebildet hatten. Sie sah den Wolf des Jägers, wie er knurrend und zähnefletschend vor Martin zurückgewichen war. Ella schüttelte den Kopf. Ihr Instinkt klammerte sich krampfhaft an den letzten Rest gesunden Menschenverstand, der ihr noch geblieben war. »Wenn ich für bare Münze nehmen würde, was Sie mir da erzählen, müsste ich zu dem Schluss gelangen, dass dieser Mann nicht altert.« Sie hielt den Kopf schief. »Mal im Ernst, das ist doch unmöglich. Klingt in meinen Ohren wie eine Gespenstergeschichte.« Sie versuchte, das Thema auf eine lächerliche Schiene zu lenken, aber ihren eigenen Worten zum Trotz spürte sie, dass an der Sache etwas dran war. Eine plötzliche Beklemmung schnürte ihr die Luft ab. Sie konnte kaum atmen. Sie war nicht in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen, geschweige denn, etwas Vernünftiges zu sagen. »Ich kann das nicht glauben«, war alles, was sie herausbekam. »Das ist doch alles Blödsinn.« Sie schüttelte noch einmal den Kopf, dann wischte sie sich über die Jeans und erhob sich. »Ich würde mich jetzt gern ausruhen. Die letzten Tage waren ziemlich hart. Haben Sie ein Quartier für mich, wo ich mich für ein paar Stunden langlegen kann?«
    Doch Helène Kowarski ließ nicht locker. »Ist Ihnen an seinem Namen nichts aufgefallen?«
    »Seinem
Namen?«
    »Martin. Erinnern Sie sich an den Namen des Ortes, an dem die Kugel gefunden wurde? San Martino.«
    »Ein Zufall.«
    »So?« Helène stand ebenfalls auf. »Na schön. Ich werde Ihren Wunsch nach Ruhe respektieren. Aber erst bitte ich Sie, sich das Ergebnis der Bluttests anzusehen, die damals anlässlich Konrad Martins Einstellung vorgenommen wurden. Ich will Sie nicht mit Einzelheiten langweilen und rate Ihnen, nur kurz das Abschlussergebnis zur Kenntnis zu nehmen.«
    Sie zog ein weiteres Blatt Papier aus dem Umschlag. »Bitte lesen Sie selbst.«
    Ella zog ihre Brille aus der Tasche und beugte sich über das Papier. Es war unterschrieben und abgestempelt von einem Arzt für Allgemeinmedizin am 29 . Oktober 1956 .
    Abschließende Beurteilung
, stand da zu lesen.
Laut meiner Untersuchung leidet der Untersuchte an akuter Polyglobulie in Verbindung mit einer starken Steigerung des Hämatokrits. Das Blut weist eine hohe Viskosität auf, was auch auf das Vorhandensein enormer Mengen der Elektrolyte Kalium und Magnesium zurückzuführen sein könnte. Alle Untersuchungen, seien es die Enzyme, die Gerinnung, die Senkungsgeschwindigkeit der Blutkörperchen, die Hormone – alle serologischen Untersuchungen weisen große Abweichungen von der Norm auf. Ich sehe mich außerstande, die Behandlung fortzuführen, und schlage vor, den Patienten Konrad Martin sofort in stationäre Behandlung eines auf Blutanomalien spezialisierten Krankenhauses zu überführen. Gezeichnet: Dr.med. Armbruster.
    Ella warf Madame Kowarski einen fragenden Blick zu.
    »Konrad

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