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Magma

Magma

Titel: Magma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Aftershave … und an den Blick, mit dem Martin ihr beim Tanzen zugesehen hatte.
    Konnte es am Ende wirklich wahr sein?
    Sie hob den Kopf. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll«, flüsterte sie.
    »Sagen Sie am besten gar nichts. Das war sicher alles ein bisschen viel für Sie, ruhen Sie sich aus. Morgen sieht vieles anders aus.« Sie zwinkerte Ella zu. »Ich würde vorschlagen, Sie schlafen eine Nacht darüber – ehe ich Sie morgen nach Effelsberg schicke.«

39
    E lias Weizmann legte den Hörer auf. Er schloss die Augen und atmete langsam und konzentriert. Die kalte, emotionslose Computerstimme am anderen Ende der Leitung hallte noch immer in seinem Kopf wider. Das Gespräch nach Frankfurt über eine verschlüsselte Leitung hatte nur eine knappe Minute gedauert. Mehr war nicht üblich bei diesen Leuten. Zeitpunkt, Ort, Zielperson – so einfach war das. Und natürlich eine kurze Bestätigung des Honorars. Vorauszahlungen waren nicht nötig. Niemand, der sich mit diesen Leuten einließ, war so dumm, sie um ihr Geld prellen zu wollen. Wer es dennoch versuchte, stand binnen weniger Augenblicke selbst auf der Liste. Es ging alles so schnell, dass der Betreffende nicht mal die Zeit fand, sich selbst anzuzeigen und um Polizeischutz zu bitten. Wo immer er sich auch verstecken mochte, sie fanden ihn – und sie fragten nicht danach, ob er es sich vielleicht noch anders überlegen wolle. Unzuverlässige Kunden waren tote Kunden, so lautete das Gesetz in dieser Branche. Weizmann wusste das, als er die Nummer gewählt hatte. Er war sich über die Konsequenzen im Klaren, und er war bereit, diesen Preis zu zahlen. Das Geschäft war ebenso riskant wie einfach zu durchschauen. Niemand interessierte sich dafür, wessen Leben da ausgelöscht werden sollte und warum. Diese Leute waren nicht an Hintergründen oder Motiven interessiert. Es war noch nicht mal von Interesse, ob es ein guter Mensch war, der da sein Leben lassen musste, oder ein böser. Solange der Betrag stimmte, waren derlei Dinge zweitrangig.
    Noch einmal überflog er die E-Mail, die ihn vor einer knappen Stunde erreicht hatte.
Zielperson auf dem Weg,
hatte man ihm mitgeteilt.
Eile geboten. Schlage vor, auf besprochene Weise vorzugehen. Kontaktleute in Frankfurt sind bereits instruiert. Summe wie besprochen. Bestätigen Sie den Auftrag unter der Ihnen bekannten Nummer. H. S.
    Weizmann löschte die Mail, beendete das Programm und schaltete sein Notebook aus. Er setzte sich und lehnte sich zurück, die Hände hinter dem Kopf verschränkt. Jetzt hatte es also endlich begonnen. Drei Namen standen auf der Liste, drei Personen, die zu viel gesehen und zu viel gehört hatten, um weiter frei herumlaufen zu können. Elias konnte nicht behaupten, dass ihn der Gedanke an ihren vorzeitigen Tod unberührt ließ, im Gegenteil. Er hatte Gewalt schon immer verabscheut, ihren Nutzen schon immer bezweifelt. Nur ließen ihm die Umstände diesmal keine andere Wahl. Diese Personen waren die Schlüsselfiguren in einem komplizierten Schachspiel. Sie waren die Einzigen, die seinen Plan jetzt noch vereiteln konnten. Ihr Tod war unausweichlich.
    Er sah dem Regen zu, wie er gegen die Fensterscheibe seines Hotelzimmers prasselte. Der Himmel war eine einzige Mauer aus dunkelgrauen Wolken. Seit Stunden regnete es ohne Unterlass. Nicht in einzelnen Tropfen, sondern in dichten, gleichmäßigen Schnüren. Die Menschen unten auf der Straße eilten vorüber, die Kragen ihrer Mäntel hochgeschlagen, die Schirme tief über ihre Köpfe herabgezogen. Würden sie je erfahren, was er gerade tat? Welche Opfer er auf sich nahm? Würden sie jemals seinen Namen im Munde führen?
    Wohl kaum.
     
    Der Mann, der in diesem Augenblick das Hotel
Frankfurter Hof
verließ, war so unscheinbar, dass man ihn für einen Vertreter hätte halten können. Dunkelgrauer Anzug, weißes Hemd, Krawatte. Sein leicht gewelltes schwarzes Haar lag ordentlich frisiert am Kopf, die Koteletten waren zu einem schmalen Streifen gestutzt. Er trug einen schmalen Bart an Oberlippe und Kinn, was seinem ansonsten makellos rasierten Gesicht das Aussehen eines modernen d’Artagnan verlieh. Seine geringe Körpergröße wusste er durch breite Schultern und eine durchtrainierte Figur wettzumachen. In seiner Hand trug er einen länglichen Kasten aus Nussbaumholz, der an den Ecken mit ledernen Stoßkappen versehen war und den er nicht für eine Sekunde aus der Hand gab.
    Der Portier hatte seinen Wagen, einen silbermetallicfarbenen Mercedes SLK

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