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Magma

Magma

Titel: Magma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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sehen, wenn er auf sie kletterte. In diesem Augenblick erklang ein ganzes Stakkato von Gewehrsalven. Vier, fünf Schüsse, kurz hintereinander abgefeuert. Zeitgleich hörte er Schreie. Es waren Hilferufe. Sie stammten eindeutig von seiner Assistentin Jan. Er blickte nach oben. Der Primärfokus wurde von einem wahren Kugelhagel eingedeckt. Funken stoben in alle Richtungen, Kabel wurden durchtrennt und baumelten herunter wie totes Geäst. Von Jan und der Geologin fehlte jede Spur. Wahrscheinlich hatten sie sich im Innern der Kapsel in Sicherheit gebracht. Enders war so perplex, dass er dem Sicherheitsmann, der am anderen Ende der Leitung auf ihn wartete, erst nach einigen Sekunden antworten konnte. Dann ging alles sehr schnell. »Josef? Enders hier. Schüsse vom Osthang«, schrie er in den Hörer. »Haben Sie gehört? Wir werden beschossen. Alarmieren Sie ihre Mitarbeiter, und dann kommen Sie so schnell wie möglich zum Osttor. Ich weiß nicht, was hier los ist, aber ich glaube, da nimmt irgendein Verrückter den Primärfokus aufs Korn. Beeilen Sie sich!« Er klappte das Handy wieder zusammen und steckte es zurück in die Innentasche seiner Jacke. Plötzlich nahm er eine Bewegung im Wald wahr. Irgendjemand näherte sich. Er schien es verdammt eilig zu haben. Enders tauchte hinter dem Container weg und hoffte, dass er nicht gesehen worden war. Wer auch immer der Typ sein mochte, er verhielt sich ganz und gar nicht wie ein Jäger. Jetzt fing er an, mit einem kräftigen Drahtschneider den Metallzaun zu durchschneiden. Irgendwo von weit oben erklang das Schrillen der Alarmanlage. Unbeirrt von den Warnlampen, die jetzt überall entlang des Zauns aufflammten, arbeitete der Fremde weiter. Klack, klack, klack ging die Schere. Als ein Teilstück des Gitters scheppernd zu Boden fiel, war für Enders das Maß voll. Niemand beschädigte ungestraft sein Eigentum. Wutentbrannt sprang er auf und stellte sich dem Eindringling in den Weg.
    Dass er die Situation völlig unterschätzt hatte, stellte er erst fest, als er die schwarze Strumpfmaske des Eindringlings und die kalt glitzernde Waffe in seiner Hand bemerkte.
     
    Viktor Jankovic sah den Mann hinter dem Container auftauchen, die Fäuste geballt, das Gesicht vor Wut verzerrt. Er wusste nicht, wer der Typ war oder was er von ihm wollte, er wusste nur, dass er zwischen ihm und seinem Ziel stand. In einer blitzschnellen Bewegung hob er die Glock, zielte zwischen die Augen des Angreifers und drückte ab. Der Kopf des Mannes wurde nach hinten gerissen. Sein Körper klatschte rücklings auf den nassen Asphalt, wo er zuckend liegen blieb. Eine große Blutlache begann sich auszubreiten.
    Jankovic würdigte den Leichnam keines Blickes. Stattdessen eilte er im Laufschritt zum Aufzug.
Außer Betrieb
stand da zu lesen. Wütend schlug er gegen die Tür. Er sah nach oben. Etwa sechzig Meter. Das entsprach drei- bis vierhundert Treppenstufen. Jankovic berechnete, dass ihm etwa fünf Minuten bis zum Eintreffen der Sicherheitsleute bleiben würden. In der Zeit musste er hoch, den Job erledigen und wieder hinunter. Das würde verdammt knapp werden. Er war zwar in Topform, aber die Strecke war selbst für einen Weltrekordler kaum zu meistern. Na gut, dann würde er sich seinen Rückweg eben freischießen müssen. Kein Problem. Er hatte die Erfahrung gemacht, dass die wenigsten Menschen etwas entgegenzusetzen hatten, wenn sie mit offener, brutaler Gewalt konfrontiert wurden. Selbst Sicherheitsleute, die zur Bewachung industrieller oder öffentlicher Anlagen angestellt waren, bildeten da keine Ausnahme. Meist handelte es sich um ehemalige Polizisten, ausgebrannt und dem Ruhestand entgegenfiebernd, oder es waren junge Burschen, noch grün hinter den Ohren. In jedem Fall keine Bedrohung für einen Mann, der schon im
Domovinski rat
, dem Kroatischen Unabhängigkeitskrieg, gekämpft hatte. Jankovic lief die Treppe in einem lockeren Sprint hinauf. Als er oben ankam, war er nicht mal außer Atem. Er überprüfte sein Magazin. Noch sechzehn Schuss, einer davon im Lauf. Für die beiden Frauen mehr als ausreichend. Er ging in Vorhaltestellung, während er den schmalen Steg zum Primärfokus entlangschritt.
    Die Eingangstür zum Primärfokus im Visier, pirschte er sich immer näher. Er spitzte die Ohren. Kein Geräusch drang aus dem Innern, nicht einmal gedämpftes Murmeln. Vielleicht waren die beiden Frauen wirklich schon tot, vielleicht auch nur ohnmächtig. Einerlei, er würde die Sache jetzt zu einem

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