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Magma

Magma

Titel: Magma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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zuzuschlagen.
    Schreiend stürmte sie vorwärts. Mit voller Wucht rammte sie den Körper des Feindes. So heftig war der Stoß, dass der Mann das Gleichgewicht verlor und sich mit seiner gesunden Hand gerade noch an einer Querstrebe festhalten konnte. Doch der Schwung ließ ihn gegen das niedrige Geländer prallen und trug seinen Oberkörper darüber hinaus. Für einen Sekundenbruchteil befand er sich halb über dem Geländer und halb über dem Abgrund.
    Diese Zeit reichte Ella, um noch ein weiteres Mal zuzuschlagen. Mit aller Kraft, die ihr noch geblieben war, hob sie ihren Ellenbogen und schmetterte ihn gegen die behaarte Pranke des Killers. Der Mann stieß einen Schrei aus, dann ließ er das rettende Eisen los. Langsam erst, dann immer schneller kippte er nach hinten. Es gab nichts mehr, woran er sich festhalten konnte, nichts, was seinen Sturz noch aufhalten mochte. Kreischend stürzte er in die Tiefe. Ella hielt die Luft an. Erst als sie den erlösenden Aufschlag hörte, wagte sie wieder zu atmen.
    Es war vorbei.
    Kraftlos sackte sie in sich zusammen. Auf einmal wurde sie von zwei starken Händen gepackt und auf die Füße gezogen. Sie hob ihren Kopf, und zum ersten Mal seit seinem Erscheinen blickte sie ihrem Retter in die Augen. Fassungslos bemerkte sie, dass sie den Mann kannte. Sein Gesicht sah anders aus, als sie es kannte. Die Brille fehlte und über die Schläfe zog sich ein hässlicher blauvioletter Streifen, aber sein Bart und seine ruhigen klaren Augen waren unverändert.
    »Konrad?« Mehr als ein Flüstern brachte sie nicht zustande.
    Er nickte und versuchte ein schmales Lächeln.

43
    E lla trommelte ungeduldig mit den Fingern auf die Tischplatte. Ihre Verletzung begann wieder zu schmerzen, ein sicheres Zeichen dafür, dass die Wirkung des Medikaments nachzulassen begann. Das Verhör dauerte nun schon drei Stunden, und ein Ende war immer noch nicht abzusehen. Sie brannte darauf, endlich mit Jan Zietlow reden zu können, aber sie schien sich noch gedulden zu müssen. Die Angestellten des Bundeskriminalamtes leisteten gründliche Arbeit. Während ein gutes Dutzend Spezialisten jeden Quadratzentimeter des Waldes nach Spuren absuchte, dabei jeden Stein umdrehte und jeden Zweig nach Haar- oder Stoffresten untersuchte, wurden die Mitarbeiter der Teleskopanlage einer gründlichen Befragung unterzogen. Der Fund des Scharfschützengewehrs hatte für erheblichen Wirbel gesorgt. Nach wenigen Telefonaten war der Fall von der ortsansässigen Polizei über das LKA zum BKA gewandert. Die Fahndungscomputer liefen auf Hochtouren, während die Beamten versuchten, dem zerschmetterten Gesicht des Attentäters einen Namen zuzuordnen. Bisher vergebens.
    Ella seufzte. Seit drei Stunden erzählte sie nun schon dieselbe Geschichte. Eine amerikanische Professorin auf Europareise machte Station an einer der bedeutendsten astronomischen Forschungseinrichtungen der Welt mit der Bitte um eine Führung, als plötzlich, aus heiterem Himmel, Schüsse fielen. Die Rettung erfolgte durch ihren geschätzten Kollegen Konrad Martin, der sich, zum Glück für alle Beteiligten, etwas verspätet hatte und just in dem Moment eingetroffen war, als der Killer zuschlagen wollte. Nein, sie hatte den Attentäter noch nie zuvor gesehen, und nein, sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, warum ausgerechnet sie Ziel eines Anschlags gewesen sein sollte. Alles, was sie wusste, war, dass sie nichts lieber täte, als an der Seite ihres Kollegen in die Schweiz zurückzukehren.
    Die Geschichte war löchrig wie ein Sieb, das war auch den beiden Kriminalisten klar, die das Verhör führten. Mehr als einmal wiesen sie Ella darauf hin, dass sie sich jederzeit mit der amerikanischen Botschaft in Verbindung setzen und um rechtlichen Beistand bitten dürfe, was Ella aber dankend ablehnte. Sie habe nichts zu verbergen, sagte sie. Sie sei nur rein zufällig in diese Sache reingerutscht, das Opfer einer Verwechslung. Gern würde sie weitere Auskünfte erteilen und sich sofort an die Diensthabenden wenden, sobald sie etwas Neues erführe, aber im Moment habe sie nichts weiter zu sagen.
    Eine peinliche Stille entstand. Mit mürrischen Gesichtern schlossen die beiden BKA -Angestellten die Akte. Sie wollten sich gerade auf den Weg machen, als im Flur draußen Fußgetrappel zu hören war und die Tür aufgerissen wurde.
    »Wir haben ihn«, sagte ein junger Bursche mit hochrotem Gesicht und hob triumphierend ein DIN -A  4 -Blatt mit dem Konterfei des

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